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Die Kohl-Hochzeit

Der Altbundeskanzler ist unter neuer Haube - und die Medien waren mit dabei. Natürlich rein privat, aber praktischerweise als Trauzeugen: Kai Diekmann und Leo Kirch. Stellt sich die Frage: Zufall oder Inszenierung? Und welche Informationen erwarten uns noch von der Traumhochzeit?

Von Bettina Schmieding |
    Viel mehr Öffentlichkeit, repräsentiert von nur zwei Männern, kann man sich gar nicht vorstellen. Mal ehrlich: Ausgerechnet Kai Diekmann sollte nach dieser Hochzeit dichthalten? Sagen wir es mal mit der gebotenen Zurückhaltung: Mit dem Trauzeugen Kai Diekmann hat Helmut Kohl den Bock sprichwörtlich zum Gärtner gemacht. Und der fährt jetzt auflagenmäßig seine Ernte als Chef von Bild ein. Natürlich völlig unschuldig. Nie wäre ein Wort über seine Lippen gekommen, wenn fatalerweise nicht eine rheinland-pfälzische Regionalzeitung die Nachricht über die Hochzeit gebracht hätte.

    Ja, bitte schön, die Nachricht, aber mehr auch nicht. Und was liefert die Bild-Zeitung angeblich notgedrungen hinterher? Unter der Schlagzeile "Die Kohl-Hochzeit" bietet sie: "Alle Fotos, Die Feier, Die Gäste, Die Reden". Da drängt sich die Frage auf: Hat Kai Diekmann etwa selbst mit seinem Fotoapparat geknipst oder bei den Reden den Kugelschreiber rausgeholt und mitgeschrieben? Schließlich notierte er wörtlich für Millionen Leser:

    "Die hohen Fenster der kleinen Klinik-Kapelle standen weit offen, das Licht der Sonne fiel strahlend hell auf den Altar (...) still und würdig war die Stunde, als sich Altbundeskanzler Helmut Kohl und (...) Dr. Maike Richter vor Gott das Ja-Wort gaben."

    Mein Gott, was für ein begnadeter Reporter. Da stellt sich die bange Frage, mit welchen Ergüssen muss man künftig noch über das Leben des Ehepaares rechnen, nur weil Kai Diekmann den beiden so nahesteht? Und was ist mit dem zweiten Trauzeugen, mit Leo Kirch? Darf der womöglich eine Doku-Soap über das Eheleben von Maike und Helmut Kohl produzieren, die dann bei diversen Sendern über die Bildschirme flimmert? So was von einer privaten Hochzeit eines Politikers hat es in der öffentlichen Ausbreitung schon lange nicht mehr gegeben.Wie gesagt: Politiker und Medien, das ist ein Kapitel für sich.