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Die Kraft der Sonne

Energie.- Desertec, so heißt das Projekt in der Sahara, das aus der dortigen Sonnenenergie Strom für Afrika und Europa liefern soll. Vor allem riesige Solarthermiekraftwerke sollen dort eines Tages zum Zuge kommen. Spezielle Folien könnten diesen Kraftwerkstyp bald noch effizienter machen.

Von Jochen Steiner | 10.05.2011
    Das Herzstück eines Solarthermiekraftwerks sind Tausende oder gar Hunderttausende von trogförmigen Glasspiegeln, die das Sonnenlicht bündeln. Das gebündelte Licht strahlt auf dünne Rohre, die mit einer Flüssigkeit gefüllt sind. Diese erwärmt sich und wird dann zu einem Wärmeaustauscher geleitet. Dort entsteht Dampf, der eine Turbine antreibt. Ein Generator wandelt schließlich die Rotationsenergie der Turbine in Strom um.

    Forscher des Technologieunternehmens 3M in Neuss wollen ganz zu Beginn dieses Solarthermie-Prozesses eingreifen. Sie haben eine Spiegelfolie entwickelt, die die Glasspiegel ersetzen soll.

    "Ein Glasspiegel wie Sie ihn im Bad oder im Haushalt haben, funktioniert ja über das Prinzip einer reflektierenden Metallschicht. Sie haben eine Silberschicht in der Regel darin, weil Silber das am stärksten reflektierende Metall auf diesem Planeten ist. Genauso funktioniert auch die Spiegelfolie, nur dass Sie vorne statt eine Glasschicht eine Kunststoffschicht haben, also eine sehr, sehr dünne Plexiglasschicht. Und diese Schicht ist so dünn, dass die Folie eben flexibel verformbar ist und in eine fast beliebige Form gebracht werden kann",

    sagt Suat Akyol aus der Geschäftsentwicklung von 3M. Im Gegensatz zu den zerbrechlichen, schweren Glasspiegeln ist die Spiegelfolie unzerbrechlich und leicht. Das geringere Gewicht erlaubt größere Spiegelflächen, die Unterkonstruktionen für die Spiegelfolie müssen nicht so aufwendig gestaltet werden wie bei Glasspiegeln – das spart Kosten. Und diese Kosteneinsparungen liegen bei fünf bis zehn Prozent. Das errechnete 3M zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und der Otto Beisheim School of Management. Beim Solarthermiekraftwerk Andasol 1 etwa, das 2009 in Spanien in Betrieb ging, hätten mit der Spiegelfolie zehn bis 20 Millionen Euro eingespart werden können. Die Folie hat aber nicht nur Vorteile:

    "Einziger Nachteil wäre, dass es gegenüber starkem Abrieb, wie man ihn durch Sand erwarten könnte, Sand und starke Winde, nicht ganz so beständig ist wie ein Glasspiegel. Aber unserer Meinung nach beständig genug, um die realen Einsätze des normalen Außeneinsatzes zu überstehen."

    Seit November letzten Jahres ist die Spiegelfolie auf dem Markt. Ein Solarthermiekraftwerk in den USA arbeitet bereits mit ihr. Ob die Folie auch in den Anlagen von Desertec in Nordafrika zum Einsatz kommen wird, ist noch nicht geklärt. Derweil tüfteln die Forscher bei 3M bereits an einer neuen Folie.

    "Jetzt stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Folie mit Hunderten von Schichten, die alle einen unterschiedlichen Brechungsindex haben, also das Licht unterschiedlich stark brechen, so dass man darüber bewirken kann, dass das Licht komplett wieder zurückgestrahlt wird. Diese Folie haben wir bereits in diversen Produkten, hauptsächlich in Anzeigegeräten, also zum Beispiel in Mobiltelefondisplays im Einsatz, müssen aber noch dran arbeiten, dass diese Folie UV-beständig wird, damit wir sie auch in Solarthermiekraftwerken dann einsetzen können. Und damit ließe sich dann die Reflexionsleistung noch mal steigern. Wir gehen von etwa drei Prozentpunkten aus, das bedeutet, statt 93 Prozent wie bei Glasspiegeln, auf 96 Prozent hoch",

    sagt Suat Akyol. Zwei Jahre wird es wohl noch dauern, bis diese Nano-Spiegelfolie als Alternative zu der schon erhältlichen Spiegelfolie für den Bau von Solarthermiekraftwerken eingesetzt werden kann. Für den Forscher ist die Solarthermie eine Zukunftstechnologie:

    "Ich glaube, es geht gar nichts an diesem Kraftwerkstypus vorbei, vor allem weil es sich wirklich um eine Kraftwerkstechnologie handelt, mit der man Energie auch speichern kann. Das heißt, man kann mit einem Solarthermiekraftwerk tagsüber sehr viel Wärme generieren und speichern und diese dann nachts abgeben und somit eine Grundlastfähigkeit herstellen, das heißt, Sie können rund um die Uhr Strom erzeugen mit einem Solarthermiekraftwerk."

    Was mit Windkraft- und Photovoltaikanlagen nicht möglich ist. Deshalb setzen Energieunternehmen nun verstärkt auf die Solarthermie. Nach Andasol 1 und 2 entsteht gerade in der spanischen Provinz Granada das 50 Megawatt-Kraftwerk Andasol 3, das noch in diesem Jahr ans Netz gehen und Strom für 200.000 Menschen liefern soll. 2015 könnte das erste Solarthermiekraftwerk des Desertec-Projekts in Marokko gebaut werden. Etliche weitere sollen folgen.