"Der zeitweilige Verlust der Erinnerung war auch freiwillig. Wenn man in der Zeit unmittelbar nach Franco vom Krieg sprach, dann sprach man vom Teufel im eigenen Haus, denn in fast allen Familien hatte es doch Anhänger beider Seiten gegeben, und Tote beider politischer Lager. Heute ist das anders, die neuen Generationen haben keine direkte Erinnerung mehr an Krieg und an die Repression und wollen ihre Geschichte kennenlernen. Aber bei der ganzen heftigen Diskussion darf man eins nicht vergessen, die ganze Polemik der spanischen Rechten mag noch so reaktionär sein, aber sie ist doch eine lokales Phänomen, die globale Situation hat sich geändert, das hat nichts mehr mit der Situation des Bürgerkrieges zu tun, Spanien hat sich völlig verändert."
Der 84-Jährige hat die Rhetorik von Krieg und Bürgerkrieg als Zeitzeuge erlebt und so warnt Jorge Semprún vor falschen Analogien. Trotzdem bewegt die Aufarbeitung der Geschichte des Spanischen Bürgerkrieges und der Francodiktatur immer noch die Gemüter.
Im Vorfeld der Parlamentswahlen am 9. März polemisiert die spanische Rechte heftig gegen das Gesetz zur Vergangenheitsbewältigung, "La ley de la memoria historica", das im Dezember auch in der zweiten spanischen Parlamentskammer ratifiziert wurde, alte Fronten würden wieder belebt, Vergessenes unnötigerweise wieder erinnert.
"”Gut, man sagt, das Gesetz würde den Bürgerkrieg wieder beleben. Aber das ist doch absurd, das Gesetz bringt den Bürgerkrieg erst zu Ende: Indem es einfach daran erinnert, dass es über Jahrzehnte hinweg Tote durch das Regime und diese Repression gegeben hat. Heute können wir uns diesen Luxus einer vollständigen kollektiven Erinnerung erlauben. Selbstkritisch und eben beide Seiten umfassend und nicht nur die Erinnerung an Besiegte und die glorreichen Gefallenen für Gott und Spanien, wie es noch zur Francozeit hieß.""
Jahrzehntelang, so Jorge Semprún, sei in Spanien nur die Sicht der Sieger gezeigt worden. International sah das ganz anders aus. Die Ausstellung zeigt Publikationen und Fotografien während und nach dem Krieg, als Ausdruck einer breiten Solidarität mit der Spanischen Republik. Der Spanische Bürgerkrieg war nicht nur das Vorspiel zum Zweiten Weltkrieg, sondern zum ersten Mal wurde mit Film und Fotografie, mit Presse und Hörfunk um die Gunst der Weltöffentlichkeit gekämpft.
Künstler und Schriftsteller nahmen Partei für die Spanische Republik, André Malraux, Ernest Hemingway oder George Orwell prägten die Erinnerung an den Spanischen Bürgerkrieg, aber auch Filmemacher wie Joris Ivens und Roman Karmen. Die Ausstellung in Berlin zeigt diese kulturelle Auseinandersetzung des Spanienkrieges als Teil einer europäischen Erinnerungskultur sagt Barbara Göbel, die Leiterin des Iberoamerikanischen Instituts:
"Ja, die Ausstellung läuft ja etwas antizyklisch zu den Jubiläen. Wir wollten einfach den Akzent setzen auf die Rolle der Medien für die Erinnerungskultur und insbesondere auf den Vergleich der Rezeption des spanischen Bürgerkrieges in der DDR und in der BRD."
Auf beiden Seiten der Front waren Deutsche beteiligt. Während Hitlers Legion Condor Franco unterstützte, kämpften Kommunisten und Antifaschisten bei den internationalen Brigaden. Für viele deutsche Emigranten wurde Spanien zum Stellvertreterkrieg, wie Ernst Busch schon 1937 in Madrid sang:
"Dann ziehen wir durchs deutsche Tor mit Pasaremos ein, was übrig bleibt vom Hakenkreuz versenken wir im Vater Rhein."
Der Bürgerkrieg lebte weiter: in beiden deutschen Staaten, im Kalten Krieg. Die Internationalen Brigaden, der antifaschistische Widerstand gehörte zu den Gründungsmythen des Arbeiter- und Bauernstaates, die Internationalen Brigaden galten gar als Vorläufer der Nationalen Volksarmee. Der Literaturwissenschaftler Wolfgang Asholt von der Universität Osnabrück hat die Ausstellung konzipiert:
"In der DDR ist es einfach, weil sich die DDR zur Tradition des Bürgerkriegs bekannt hat, dabei aber durchaus eigene Strategien entwickelt hat, der Zügelung und auch der Unterdrückung bestimmter Traditionen. Und zum anderen hat sich ja die Bundesrepublik am Anfang dadurch ausgezeichnet, das Kasernen nach Generälen der Legion Condor benannt worden sind."
In den 70er und 80er Jahren entdeckte die undogmatische Linke in der Bundesrepublik die Anarchosyndikalisten und andere antistalinistische Linke im Spanischen Bürgerkrieg. In der DDR war das tabu, das Bild des Spanienkrieges war zur Heiligenmalerei erstarrt.
Im Rahmenprogramm der Ausstellung wird die unterschiedliche Darstellung des Spanienkrieges in beiden deutschen Staaten in Filmen und einem wissenschaftlichen Symposium genauer analysiert. Jorge Semprún unterstrich in seiner Eröffnungsrede in Berlin besonders die Dynamik der kollektiven Erinnerung in Spanien und im Rest Europas:
"Wenn die Erinnerung an den Spanischen Bürgerkrieg im europäischen Gedächtnis lebendig bleibt, sicherlich weniger leidenschaftlich, weniger ideologisch, mit einem stärkeren kritischen Bewusstsein, aber immer noch offen und polemisch in der Auseinandersetzung, bleibt die Erinnerung an den Bürgerkrieg in meinem Land unverändert eine entscheidende, eine essenzielle Frage der alltäglichen politischen Aktualität."
Der 84-Jährige hat die Rhetorik von Krieg und Bürgerkrieg als Zeitzeuge erlebt und so warnt Jorge Semprún vor falschen Analogien. Trotzdem bewegt die Aufarbeitung der Geschichte des Spanischen Bürgerkrieges und der Francodiktatur immer noch die Gemüter.
Im Vorfeld der Parlamentswahlen am 9. März polemisiert die spanische Rechte heftig gegen das Gesetz zur Vergangenheitsbewältigung, "La ley de la memoria historica", das im Dezember auch in der zweiten spanischen Parlamentskammer ratifiziert wurde, alte Fronten würden wieder belebt, Vergessenes unnötigerweise wieder erinnert.
"”Gut, man sagt, das Gesetz würde den Bürgerkrieg wieder beleben. Aber das ist doch absurd, das Gesetz bringt den Bürgerkrieg erst zu Ende: Indem es einfach daran erinnert, dass es über Jahrzehnte hinweg Tote durch das Regime und diese Repression gegeben hat. Heute können wir uns diesen Luxus einer vollständigen kollektiven Erinnerung erlauben. Selbstkritisch und eben beide Seiten umfassend und nicht nur die Erinnerung an Besiegte und die glorreichen Gefallenen für Gott und Spanien, wie es noch zur Francozeit hieß.""
Jahrzehntelang, so Jorge Semprún, sei in Spanien nur die Sicht der Sieger gezeigt worden. International sah das ganz anders aus. Die Ausstellung zeigt Publikationen und Fotografien während und nach dem Krieg, als Ausdruck einer breiten Solidarität mit der Spanischen Republik. Der Spanische Bürgerkrieg war nicht nur das Vorspiel zum Zweiten Weltkrieg, sondern zum ersten Mal wurde mit Film und Fotografie, mit Presse und Hörfunk um die Gunst der Weltöffentlichkeit gekämpft.
Künstler und Schriftsteller nahmen Partei für die Spanische Republik, André Malraux, Ernest Hemingway oder George Orwell prägten die Erinnerung an den Spanischen Bürgerkrieg, aber auch Filmemacher wie Joris Ivens und Roman Karmen. Die Ausstellung in Berlin zeigt diese kulturelle Auseinandersetzung des Spanienkrieges als Teil einer europäischen Erinnerungskultur sagt Barbara Göbel, die Leiterin des Iberoamerikanischen Instituts:
"Ja, die Ausstellung läuft ja etwas antizyklisch zu den Jubiläen. Wir wollten einfach den Akzent setzen auf die Rolle der Medien für die Erinnerungskultur und insbesondere auf den Vergleich der Rezeption des spanischen Bürgerkrieges in der DDR und in der BRD."
Auf beiden Seiten der Front waren Deutsche beteiligt. Während Hitlers Legion Condor Franco unterstützte, kämpften Kommunisten und Antifaschisten bei den internationalen Brigaden. Für viele deutsche Emigranten wurde Spanien zum Stellvertreterkrieg, wie Ernst Busch schon 1937 in Madrid sang:
"Dann ziehen wir durchs deutsche Tor mit Pasaremos ein, was übrig bleibt vom Hakenkreuz versenken wir im Vater Rhein."
Der Bürgerkrieg lebte weiter: in beiden deutschen Staaten, im Kalten Krieg. Die Internationalen Brigaden, der antifaschistische Widerstand gehörte zu den Gründungsmythen des Arbeiter- und Bauernstaates, die Internationalen Brigaden galten gar als Vorläufer der Nationalen Volksarmee. Der Literaturwissenschaftler Wolfgang Asholt von der Universität Osnabrück hat die Ausstellung konzipiert:
"In der DDR ist es einfach, weil sich die DDR zur Tradition des Bürgerkriegs bekannt hat, dabei aber durchaus eigene Strategien entwickelt hat, der Zügelung und auch der Unterdrückung bestimmter Traditionen. Und zum anderen hat sich ja die Bundesrepublik am Anfang dadurch ausgezeichnet, das Kasernen nach Generälen der Legion Condor benannt worden sind."
In den 70er und 80er Jahren entdeckte die undogmatische Linke in der Bundesrepublik die Anarchosyndikalisten und andere antistalinistische Linke im Spanischen Bürgerkrieg. In der DDR war das tabu, das Bild des Spanienkrieges war zur Heiligenmalerei erstarrt.
Im Rahmenprogramm der Ausstellung wird die unterschiedliche Darstellung des Spanienkrieges in beiden deutschen Staaten in Filmen und einem wissenschaftlichen Symposium genauer analysiert. Jorge Semprún unterstrich in seiner Eröffnungsrede in Berlin besonders die Dynamik der kollektiven Erinnerung in Spanien und im Rest Europas:
"Wenn die Erinnerung an den Spanischen Bürgerkrieg im europäischen Gedächtnis lebendig bleibt, sicherlich weniger leidenschaftlich, weniger ideologisch, mit einem stärkeren kritischen Bewusstsein, aber immer noch offen und polemisch in der Auseinandersetzung, bleibt die Erinnerung an den Bürgerkrieg in meinem Land unverändert eine entscheidende, eine essenzielle Frage der alltäglichen politischen Aktualität."