Dienstag, 16. April 2024

Archiv

Die österreichische Hip-Hop-Künstlerin Mavi Phoenix
Grammy – wieso net?

Der gefeierte Hit "Janet Jackson" und der Flow ihrer Musik machen Mavi Phoenix zu einer vielversprechenden Newcomerin. Die 22-Jährige rappt überzeugend auf Englisch: "Englisch ist einfach swaggy", sagte Phoenix im Dlf. Ein Grammy sei ihr ihr größtes Ziel, sagte sie augenzwinkernd-ernst.

Marlene Nader im Gespräch mit Anja Buchmann | 03.02.2018
    Marlene Nader alias Mavi Phoenix steht mit geschlossenen Augen entspannt im vor einem Bild im Deutschlandfunk
    Marlene Nader alias Mavi Phoenix (Deutschlandradio / Kerstin Janse)
    Anja Buchmann: Letzten Sonntag war sie mit dabei, beim Österreich-Abend "Auf der Bühne" der Kolleginnen und Kollegen von Deutschlandfunk Nova: Die junge Hip-Hop-Künstlerin Marlene Nader alias Mavi Phoenix. Selbstbewusste Attitüde, guter Flow beim Rappen - und live auch etwas weniger Einsatz ihrer sonst so geliebten Stimm-Pitch- und Autotune-Spielereien. Am Tag nach dem Konzert habe ich die 22-jährige Linzerin im Deutschlandfunk-Studio getroffen - und Sie erst mal gefragt, was sie zur fünffachen Grammy-Ausbeute von Kendrick Lamar sagt.
    Marlene Nader: Ja, ich bin großer Kendrick Lamar-Fan. Gewundert hat es mich insofern, weil Jay-Z eigentlich für acht Kategorien nominiert war…
    Buchmann: Und keinen gekriegt hat.
    Nader: …und keinen gekriegt hat. Aber Kendrick hat es voll verdient mit dem Album, es ist einfach megageil.
    Buchmann: "Damn" heißt sein letztes, genau.
    Nader: "Damn", ja.
    "Wieso net?"
    Buchmann: Und Sie haben auch, wie ich bei der Ansage zum Konzert erfahren habe, haben Sie auch Ambitionen, irgendwann einen Grammy zu kriegen. Oder ist das nur so ein Spruch? Oder tatsächlich ein Ziel?
    Nader: Eigentlich tatsächlich, aber es hat sich so entwickelt, ich hab irgendwann ein Interview gehabt und dann hab ich das halt erwähnt, dass das so ein bisserl das größte Ziel wäre. Aber, keine Ahnung, es ist halt jetzt ein bisserl so ein Gag, weil einige Leute haben das halt irgendwie ein bisserl dreist gefunden, dass da jetzt so eine junge Künstlerin kommt und glaubt, sie kriegt einen Grammy. Aber genau das wollte ich erzielen, weil: Wieso net?
    Buchmann: Und Dreistigkeit ist etwas, was Ihnen nicht fremd ist?
    Nader: Ich glaub net, nein. Aber das Lustige ist, das ist eigentlich natürlich so. Ich möchte überhaupt nicht so voll dreist und so "Badgirl", also das ist überhaupt net …
    Buchmann: … Ja, ja, also Dreistigkeit ist vielleicht auch das falsche Wort, das habe ich jetzt von Ihnen aufgegriffen, aber Sie haben auf der Bühne auf jeden Fall eine ganz starke Präsenz, eine absolute Selbstverständlichkeit, eine absolute "Hier bin ich – und verdammt noch mal, hört mir jetzt zu"-Attitüde. Kommt das aus Ihnen heraus oder mussten Sie sich das auch erst ein bisschen antrainieren?
    Nader: Nein, das kommt eigentlich zum Großteil aus mir heraus. Also, das war schon immer so: Ich hatte selber ein bisschen Angst, als ich das erste Mal auf der Bühne war mit eigenen Songs, das erste richtige Konzert. Auf einmal war das irgendwie so. Und nachher habe ich mir gedacht: Wer war das gerade auf der Bühne? Das war ja schon arg. Aber ich glaube, das kommt natürlich am Anfang aus einer Unsicherheit heraus, dass man das irgendwie überspielt. Letztes Jahr habe ich aber schon 40-50 Konzerte gespielt, das ist halt irgendwie so … Ich weiß nicht, das gehört irgendwie so dazu, dass ich mir am Anfang denke: "So, jetzt bin i Mavi Phoenix und jetzt geh i da auffi."
    "Ich wollte mich bewusst entscheiden"
    Buchmann: "Jetzt bin i Mavi Phoenix und nicht mehr Marlene Nader" – Wie ist der Name zustande gekommen? Es hat irgendwas mit River Phoenix, dem Schauspieler, und seiner Familie zu tun?
    Nader: Genau. Ich hab eine Dokumentation gesehen über die Familie von Joaquin und River Phoenix, beides Schauspieler, River Phoenix ist sehr jung gestorben. Und in der Doku ging es halt auch so um die Familie – und das waren Hippies. Die sind irgendwie so im Wohnwagen durch die USA gereist und…
    Buchmann: …Haben auch irgendeiner Sekte angehört, soweit ich informiert bin.
    Nader: Echt?
    Buchmann: Ja - das nur am Rande.
    Nader: Stimmt. Und auf jeden Fall haben die Eltern halt beschlossen, sie benennen sich jetzt um - die haben irgendwie anders geheißen, irgendein normaler Familienname – in Phoenix. Weil das halt für einen Neuanfang steht und so. Und das war gerade zu einer Zeit, wo ich mich für mich selbst habe entscheiden müssen: Okay, will ich studieren, will ich mich ins Studium reinhängen und was anderes machen? Oder will ich Musik machen? Und ich wollte mich da bewusst dafür entscheiden – und dann hat das irgendwie gut gepasst. Und es klingt einfach gut, finde ich. "Phoenix", das ist so ein bisserl majestätisch.
    Buchmann: Und dann haben Sie sich entschlossen und sind diesen Weg auf jeden Fall auch ganz dezidiert weiter gegangen.
    Nader: Genau.
    "Das kann wirklich jeder!"
    Buchmann: Das Ganze begann ja, wie ich gelesen habe, mit Experimenten mit dem Musikprogramm "GarageBand", das bei den Mac-Computern immer mit dabei ist.
    Nader: Ja, genau.
    Buchmann: Wie macht man einen Song mit "GarageBand"?
    Nader: Voll easy – also, das kann wirklich jeder! Was ich voll cool finde, weil dann kann jeder mal ausprobieren, ob ihm das taugt. Ich bin voll anfällig für Computerspiele und so, ich habe eine Playstation, ich spiele voll gern irgendwie so Sachen. Und ich wollte halt voll gern Computerspiele haben für mein MacBook. Das gibt es aber nicht für Mac, das gibt es nur für Windows, die meisten Spiele. Da habe ich mich begnügen müssen mit den Programmen, die auf dem MacBook waren – und das war halt unter anderem "GarageBand". Dann habe ich einfach als Hobby, zum Spaß, angefangen, mich da durchzuhören und – da gibt es ja so Loops – und dann tust Du es halt einfach hintereinandersetzen und machst halt vielleicht Drums dazu. Also, ganz banal fängst Du irgendwie an, dass Du die Spuren hast. Aber Du lernst halt echt kennen: Wie funktioniert ein Song? Wie ist das aufgebaut? Und mit 11 habe ich das gemacht und habe schon meine ersten Songs eigentlich aufgenommen. Und dann habe ich jedes Jahr weitergemacht – und dann ist es halt immer besser geworden.
    "Jeder Beat braucht irgendwas"
    Buchmann: Also, der Grundstock, die Basis, die Keimzelle sozusagen eines Songs ist in der Regel irgendein Beat?
    Nader: Ja, schon. Bei mir schon, also sehr Hip-Hop-mäßig. Zuerst der Beat und dann was man fühlt, was einem für Wörter in den Sinn kommen, wenn man das hört. Für mich macht das überhaupt keinen Sinn, dass ich vorher was schreibe – das hat noch nie gut funktioniert, dass ich vorher was schreibe und dann auf irgendeinen Beat das drauf… Weil, jeder Beat braucht irgendwas – und das fühle ich erst dann, wenn ich ihn höre, was dazu passen könnte.
    Buchmann: Wie ist "Janet Jackson", einer Ihrer Hits entstanden? Auch aufgrund eines Beats?
    Nader: Ja, genau.
    Buchmann: Natürlich.
    Nader: Das war vom Alex ein Beat, der hat mir den gezeigt. Und ich habe gesagt: Ja, bitte, schick mir den, ich kann mir da echt was dazu vorstellen. Und dann habe ich dazu gerappt. Dann haben wir diesen ersten Verse gehabt. Und dann haben wir von dem aus – gemeinsam waren wir dann im Studio - weiter geschaut: Okay, die Chords, die danach kommen, nach dem Verse, für den Refrain … So irgendwie weitergebaut, Stück für Stück.
    Buchmann: Und in dem ersten Verse, den Sie gemacht haben, war schon Janet Jackson mit drin?
    Nader: Ja.
    Buchmann: Das kam einfach so? Haben Sie vorher irgendwie was mit der "zu tun gehabt", was drüber gelesen, was von ihr gehört? Oder wie kam das?
    Nader: Der Song ist ja so 90s-mäßig, es ist geht halt so darum: Okay, Du hast es geschafft. Du bist irgendwie berühmt, Du hast Girls, Du hast alles. Aber irgendwie ist der Song jetzt net megahappy, sondern er ist irgendwie bittersweet, vor allem in den Verses und so. Janet Jackson ist für mich so ein bisserl a forgotten 90s-Star – die ist trotzdem immer im Schatten von Michael Jackson. Und das hat vom Gefühl her gut reingepasst.
    "Englisch ist einfach swaggy"
    Buchmann: Sie sind auf einen englischsprachigen Kindergarten und Schule gegangen, wenn ich das richtig gelesen habe. Warum eigentlich? Waren die Eltern sehr bemüht, Sie bilingual aufwachsen zu lassen?
    Nader: Nah. Also, da könnte man jetzt glauben, dass meine Eltern so die "Eislauf-Eltern" sind. Aber das ist überhaupt nicht so. Es war eher, glaube ich, so eine Riesensensation, dass in meiner Heimatstadt, in Linz, ein englischsprachiger Kindergarten aufgemacht hat. Was war irgendwie so ein bisserl "in", glaube ich, dass man sein Kind da rein gibt. Und was ich mitgenommen habe von dort, war auf jeden Fall das Gefühl für die Sprache – aber vokabelmäßig und so… Für mich war, Musik und Englisch, das war für mich eins. Obwohl ich jetzt viel mehr deutschsprachige Musik höre, früher überhaupt nicht. Ich weiß nicht, Englisch ist einfach "swaggy". Hip-Hop ist für mich auf Englisch einfach …das kommt von dort. Das ist einfach New York und so. Das kann man schwer nachmachen. Wer das schafft, dass ich einmal was auf Deutsch rappe, also - da bin ich dann selber überrascht.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.