
"Schon die ersten Stunden der ukrainischen Offensive haben gezeigt, wie verlustreich die Kämpfe werden. In den von Russen verminten Feldern nahe Saporischschja gingen mehr als ein Dutzend US-Schützenpanzer und deutsche Leopard-Kampfpanzer verloren. Der Westen sollte zusagen, alle Verluste an Gerät schnell zu ersetzen. Auch als starkes Signal in Richtung Moskau. Was droht, wenn die Ukraine scheitert, zeigte sich nach dem Staudammbruch. Während der Evakuierungen beschoss die russische Artillerie ukrainisches Gebiet und Treffpunkte für die in Sicherheit zu bringenden Zivilisten. Ein erneuter Beleg, dass Moskau bei der Durchsetzung seiner Ziele ohne Gewissen und Moral ist", kommentiert der TAGESSPIEGEL.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AM SONNTAG befasst sich mit der Grundsatzeinigung auf eine schärfere EU-Asylpolitik: "Um einen solchen Kompromiss hat die EU acht Jahre lang gerungen, seit jenen bangen Monaten in der Flüchtlingskrise 2015, als Grenzschließungen plötzlich denkbar schienen und die EU an der Migrationsfrage zu zerbrechen drohte. Erneut zeigt sich nun aber, dass dieses unfertige, zusammengeflickte politische Gebilde sehr viel robuster ist, als seine Kritiker es gerne behaupten. Banken-Crash, Pandemie, Migration: In jeder dieser Krisen zeigten sich die Schwächen und Bruchlinien der EU. Doch aus jeder dieser Krisen ging die Union gestärkt und enger integriert hervor. Wenn die Schweiz ihre Interessen gegenüber Brüssel erfolgreich vertreten will, tut sie gut daran, diese lang verdrängte Realität endlich zur Kenntnis zu nehmen", empfiehlt die NZZ AM SONNTAG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG ist skeptisch, denn: "Es ist nicht einmal klar, ob die nun vereinbarten beschleunigten Verfahren an den EU-Außengrenzen den Zustrom überhaupt wirksam eindämmen können. Nur etwa ein Viertel der Migranten, die über das Asylrecht einwandern wollen, wäre von der umstrittenen Neuregelung erfasst. Ob die ebenfalls verabredete Registrierung aller Flüchtlinge und Migranten an den Außengrenzen den Praxistest besteht, wird man sehen. Es wäre nicht das erste Mal, dass rechtlicher Anspruch und die Wirklichkeit des Alltags auseinanderklafften. Schwächen weist auch der sogenannte Verteilungsmechanismus auf. Für nur 20.000 Euro pro Antragsteller sollen sich migrationsmüde Länder aus der 'verpflichtenden Solidarität' der EU freikaufen dürfen. Das könnten einige Mitgliedstaaten als in jeder Hinsicht günstigere Alternative begreifen. Deutschland wird vermutlich nicht dazugehören. Die vielleicht am weitesten reichende Neuerung könnte das nun erlaubte Abschieben erstinstanzlich abgelehnter Asylbewerber in Nicht-EU-Länder zur Fortführung ihrer Verfahren sein", fasst die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG zusammen.
"Will man das neue Grenzregime tauglich gestalten, kommen wir um unangenehme Wahrheiten nicht herum", ist sich die KLEINE ZEITUNG aus Österreich sicher. "Europa kann nicht alle aufnehmen, die herwollen. Asyl in sicheren Drittstaaten ist zumutbar, wie überhaupt eine Schutzgewährung immer möglichst im Sprach- und Kulturraum des Ausgangsortes ge- und versucht werden sollte. Aber das konterkariert natürlich die Pläne von Wirtschaftsmigranten, die sich unter dem großen Schild der Menschenrechte ein anderes Leben ersehnen. Man kann das verstehen und hüte sich, selbstgerecht zu urteilen. Zugleich stimmt es aber, dass diese Migranten die Kapazitäten und Kanäle für wirklich Asylbedürftige verstopfen. Wenn es um die Menschenrechte geht, kann eine Vorprüfung an der Grenze daher sinnvoll sein. Für beides, Asyl und Wanderung, brauchen wir leistungsfähige legale Wege. Dann erst können wir alle Formen der Schutzerpressung und des illegalen Grenzübertritts kompromisslos bekämpfen, ohne uns der Hartherzigkeit schuldig zu machen" Das war die KLEINE ZEITUNG aus Österreich.
Nun in die USA. Dort erhebt die Justiz mit ihrer Anklage gegen Donald Trump in der Affäre um vertrauliche Regierungsdokumente schwere Vorwürfe gegen den früheren Präsidenten. Dazu schreibt die Zeitung WELT AM SONNTAG: "Für Trumps Anhänger sind die Strafprozesse gegen ihr Idol nur ein Grund, sich noch enger um ihn zu scharen. Für sie ist Trump ein Messias, der von der Ostküstenelite verfolgt wird. Es könnte sein, dass Donald Trump beim nächsten republikanischen Parteitag mit elektronischer Fußfessel auftritt; dass er seine Fußfessel nicht schamhaft versteckt, sondern sie vorzeigt mit den Worten: 'Ich trage sie nicht für mich, sondern für euch!' Wenn es so kommt, werden seine Anhänger in kollektive Hysterie verfallen. Und natürlich wird Trump, der schon einmal einen Mob zu Tod und Verwüstung angestachelt hat, keine Scheu haben, noch einmal zu Gewalt aufzurufen", befürchtet die WELT AM SONNTAG.
Weiter geht es nach Großbritannien. Dort hat der frühere Premierminister Boris Johnson mit sofortiger Wirkung sein Mandat als Abgeordneter niedergelegt. Die schottische Zeitung SCOTLAND ON SUNDAY lobt: "Die Enthüllung, dass Johnson wegen seiner Reaktion auf die 'Partygate'-Untersuchung mit weiteren Anklagen wegen Missachtung des Parlaments rechnen muss, ist ein hoffnungsvolles Zeichen für unsere Demokratie. Johnsons maßlose und selbstbezogene Politik wurde entzaubert. Früher hätten Johnson und seine Anhänger noch im rüpelhaften Ton geschwelgt. Das Parlament hat nun klargestellt, dass es seine Eskapaden nicht mehr duldet. In den USA steht der ehemalige Präsident Donald Trump ebenfalls vor einem Scherbenhaufen. Ihm wird vorgeworfen, mit geheimen Regierungsdokumenten falsch umgegangen zu sein. Der fast gleichzeitige Aufstieg der beiden Politiker, ihr Verhalten an der Macht und ihr Regierungsstil werden von Historikern sicherlich als dunkle Zeit für die Demokratie bewertet werden. Es ist an der Zeit, zu einem Politikstil zurückzukehren, bei dem der Dienst an der Gesellschaft wichtiger ist als ein Dienst an sich selbst", rät die Zeitung SCOTLAND ON SUNDAY aus Edinburgh.
Der britische OBSERVER zieht folgende Bilanz: "Die Wähler werden noch jahrzehntelang mit dem Erbe des schlechtesten Premierministers seit Menschengedenken leben müssen. Johnson hat drei bleibende Spuren in Großbritannien hinterlassen. Erstens: der Brexit macht uns auf lange Sicht wirtschaftlich nur ärmer. Zweitens war der Umgang seiner Regierung mit der Covid-Pandemie schrecklich. Und schließlich hat Johnson die Grundsätze des öffentlichen Lebens entwertet. Diese Prinzipien sind Grundlage für die ethischen Standards, die die Wähler zu Recht von Amtsträgern erwarten können. Johnsons Ausscheiden aus dem Unterhaus sollte hochrangige Konservative dazu veranlassen, darüber nachzudenken, wie und warum sie ihn unterstützt haben. Die gesamte konservative Partei ist mitschuldig an den Katastrophen in der Zeit, als Johnson Premierminister war", urteilt THE OBSERVER aus London.
Der britische SUNDAY TELEGRAPH kommt zu einer anderen Einschätzung: "Johnsons Platz in der Geschichte ist ihm sicher. Er war der Premierminister, der den Brexit möglich gemacht hat. Johnson hat Großbritannien an die Spitze der Unterstützung für die Ukraine im Moment der Krise gestellt. Johnson ist ein bahnbrechender - wenn auch oft umstrittener - Führer der Konservativen gewesen. Unter den vielen guten Dingen, die er erreicht hat, ist auch, dass er die Bedrohung durch den Labour-Politiker Jeremy Corbyn als möglichen Premierminister abgewendet hat. Dafür verdient Johnson für immer die Dankbarkeit der Nation. Es ist eine Schande, dass Johnsons politische Karriere - zumindest vorläufig - auf so traurige Weise zu Ende geht", bedauert THE SUNDAY TELEGRAPH aus London.
