
Zu den Diskussionen um eine Bodenoffensive der israelischen Armee im Gazastreifen schreibt der SUNDAY TELEGRAPH aus London: "Es ist natürlich richtig, dass Israel die Regeln des Krieges beachten sollte. Das erlebte Grauen würde allerdings die Zurückhaltung jeder Macht auf die Probe stellen. Viele, die Israel blindlings beschuldigen, messen mit zweierlei Maß. Israel hat seine Angriffe angekündigt und mit der Invasion gewartet, obwohl das der Hamas Zeit gibt, ihre Stellungen zu stärken. Es ist die Hamas, die auf tragische Weise ein Todesurteil über die Zivilbevölkerung verhängt hat, indem sie ihre Kriegsmaschinerie tief unter den unschuldigen Bewohnern des Gazastreifens eingegraben hat", unterstreicht der SUNDAY TELEGRAPH.
Die JERUSALEM POST hadert in einem Gastbeitrag mit der israelischen Blockade des Gazastreifens: "Die Entscheidung, die Zivilbevölkerung in Gaza nicht mehr mit Nahrung und Wasser zu versorgen, ist unverantwortlich und unmoralisch. Gäbe es einen magischen Knopf, um die Terrorgruppen Hamas und Islamischer Dschihad verschwinden zu lassen, und eine verantwortungsvolle, demokratische und zivile Führung in Gaza zu installieren, hätten wir ihn gedrückt. Aber selbst jetzt, in diesem verletzlichsten und schmerzhaftesten Moment als Nation, müssen wir uns über niedere Instinkte und rohe Emotionen hinwegsetzen. Israels Antwort, die von der Armee ausgeführt wird, muss klare Ziele haben und so umgesetzt werden, dass wir uns am nächsten Tag noch im Spiegel anschauen können", hebt die JERUSALEM POST hervor.
Die iranische Zeitung SHARGH aus Teheran kritisiert die Aussage von Bundesaußenministerin Baerbock, dass die Hamas Bewohner von Gaza als Schutzschild benutze: "Weiß sie nicht, dass sie in dieser turbulenten Zeit vorsichtiger sprechen sollte? Die implizierte Bedeutung solcher Worte in einer derartigen Situation legt nahe, dass die Verantwortung für die Tötung weiterer Zivilisten bei der Hamas liegt. Welche Position und Haltung nehmen Sie angesichts des Massakers an Kindern ein, sei es bei Palästinensern oder Israelis? Reagieren Sie im Angesicht dieses schrecklichen Geschehens unterschiedlich aufgrund Ihrer persönlichen Überzeugungen? Schweigen Sie zu einer Seite und verurteilen Sie die andere?", fragt die iranische Zeitung SHARGH an die Adresse der deutschen Außenministerin.
Aus Sicht der arabischen Zeitung AL-ARABY AL-JADEED mit Sitz in London belastet der Krieg im Nahen Osten die Beziehungen zwischen Israel und der arabischen Welt: "Die arabischen Staaten stehen unter zunehmendem Druck ihrer Bevölkerungen. Diese fordern sie nicht nur auf, die Normalisierung mit Israel zu stoppen oder einzufrieren, sondern den Bewohnern des Gazastreifens humanitäre Hilfe zu leisten und sie in ihrem Widerstand zu unterstützen. Insofern lässt sich sagen, dass die Hamas Israel tatsächlich eine Niederlage beigebracht hat. Zwar tut Israel so, als handele sich derzeit nur um einen vorübergehenden Rückschlag, der bald überwunden sein wird. Tatsächlich dürfte es sich aber um eine schwere Niederlage handeln, der weitere folgen könnten", erwartet AL-ARABY AL-JADEED.
"Der Konflikt ist ein schwerer Rückschlag für den Friedensprozess im Nahen Osten", vermerkt die chinesische Zeitung HUANQOU SHIBAO in einem Gastkommentar: "Mit den geplanten Vergeltungsoffensiven kann Israel sein Ziel, die Hamas auszurotten, unmöglich erreichen. Früher oder später wird sich eine Drittseite als Vermittler einschalten. Vielmehr sollte die israelische Gesellschaft den Konflikt als Gelegenheit nutzen, um die eigene Position in der Palästina-Frage zu überdenken. Die angefangenen Annäherungsbestrebungen in der Region sollten nicht unterbrochen werden. Gleichzeitig darf das Anliegen der Palästinenser weder marginalisiert noch ignoriert werden. Die internationale Gemeinschaft soll sich intensiver dafür einsetzen, die Zweistaatenlösung wieder in den Fokus zu bringen," verlangt die Zeitung HUANQOU SHIBAO aus Peking.
Wir blicken nach Deutschland. "Die Ampel kommt nicht zur Ruhe", stellt die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG fest. "Der Krieg in der Ukraine und der nächste große militärische Konflikt im Nahen Osten sind Herausforderungen für eine Bundesregierung, aber nicht die schwersten für die Ampel. So wie Rot-Grün vor einem Vierteljahrhundert die in 16 Kohl-Jahren liegen gebliebenen Aufgaben, allen voran eine Arbeitsmarktreform, erledigen musste, so muss die Ampel hinter Angela Merkel aufräumen. Das derzeit heikelste unbewältigte Erbe ist die Migrationspolitik. Eine Reform der deutschen und europäischen Asylpolitik mit dauerhafter Lenkungswirkung fand nicht statt und liegt nun ganz oben auf dem Schreibtisch des Bundeskanzlers. Dass der vergessen machen will, welche Mitverantwortung er als Merkels Vizekanzler für weite Teile ihres Erbes trägt, macht die Bewältigung der Aufgabe nicht leichter", schätzt die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Der TAGESSPIEGEL lobt das Spitzentreffen zur Asyldebatte zwischen Bundeskanzler Scholz, CDU-Chef Merz und Vertretern der Länder: "Geht doch! Gerade in diesen Zeiten, da Streit und Polarisierung so übermächtig erscheinen, tut es gut, wenn sich Bundesregierung, Opposition und Bundesländer an einen Tisch setzen, um dringende Probleme in Angriff zu nehmen. Der Wille zu einer ganz großen Koalition in der Asylfrage ist jetzt, nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen, da. Der Weg freilich ist noch weit. Allzu viel Zeit für die Kompromisssuche darf sich die ganz große Koalition nicht mehr lassen, bis sie ein besser funktionierendes System zum Umgang mit Flüchtlingen aus der Taufe hebt. Nicht nur, weil die Stimmung in Teilen der Bevölkerung so explosiv ist. Auch könnte mit mehr Schutzsuchenden zu rechnen sein – im Winter aus der Ukraine oder leider schon bald aus Nahost", bemerkt der TAGESSPIEGEL.
Die WELT AM SONNTAG nimmt Bezug zum Unfall eines mutmaßlichen Schleuserfahrzeugs in Bayern mit sieben Toten: "Flucht ist und bleibt gefährlich - vor allem dann, wenn sie von gewinnorientierten Schleuserbanden organisiert wird, die tief in die organisierte Kriminalität verstrickt sind. Menschen nach Europa zu schmuggeln, ist ein Milliardengeschäft. Je mehr, Menschen in einen Transporter gepfercht werden, desto höher ist für sie der Gewinn. Geld gibt es aber nur, wenn die Migranten auch ankommen und nicht von der Polizei entdeckt werden. Also flüchten Schleuser in waghalsigen Manövern. Europa muss seine Außengrenzen besser schützen und den Schleuserbanden damit das Geschäft erschweren. Es muss Migration steuern, indem es auch legale Migrationswege schafft - und damit das Geschäft der Schleuser möglichst obsolet macht," bemerkt die WELT AM SONNTAG.
Zum Abschluss eine Stimme zur heutigen Wahl in Polen. Die Zeitung DAGBLADET aus Oslo kommentiert: "Noch nie war die Bevölkerung so gespalten in der Frage, welchen Kurs das Land künftig nehmen soll. Die politischen Hauptakteure sind sich nur darin einig, dass es eine Schicksalswahl ist. Die Opposition befürchtet im Fall einer dritten Periode für die nationalkonservative PiS ein Ende der liberalen Demokratie und einen Kulturkrieg gegen die EU. Die Regierung meint dagegen, dass sie einen dritten Wahlsieg braucht, um die von ihr durchgesetzten Werte gegen säkulare und unpatriotische Kräfte zu sichern. Dass heute eine Schicksalswahl stattfindet, zeigt auch der Konflikt zwischen dem Kaczynski-Staat und der EU. Es geht um politisch gesteuerte Gerichte, gleichgeschaltete Medien und die Gefahr, dass Polen so autoritär regiert wird wie Ungarn. Der Preis dafür liegt deutlich höher als die 35 Milliarden Euro, die die EU-Kommission zurückhält, solange Polen die demokratischen Standards der Union nicht erfüllt." soweit die norwegische Zeitung DAGBLADET zum Ende der Presseschau.