05. Oktober 2025
Die Presseschau

Beherrschendes Thema an diesem Wochenende ist der Gaza-Plan von US-Präsident Trump.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und Präsident Donald Trump schütteln nach einer Pressekonferenz im Weißen Haus die Hände (29.09.2025)
US-Präsident Donald Trump will Netanjahu zu Zugeständnissen bringen. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Alex Brandon)
Die HAARETZ aus Israel äußert sich erleichtert: "Die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die Hamas scheine 'bereit für einen dauerhaften Frieden', ließ ein Licht am Ende des Tunnels erkennen. Trump forderte Israel auf, die Bombardierung des Gazastreifens sofort einzustellen, damit man die Geiseln sicher und schnell befreien könne. Wenige Stunden später sah sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gezwungen, das israelische Militär anzuweisen, in einen rein defensiven Modus zu wechseln. Die Hamas hatte in ihrer offiziellen Antwort zwar Vorbehalte, aber Trump äußerte sich sofort positiv - und ließ damit nicht zu, dass Israel die Vorbehalte nutzt, um das Abkommen zu torpedieren. In seiner Entschlossenheit, den Krieg zu beenden, ließ Trump Netanjahu, der seit langem dafür bekannt ist, Abkommen zu sabotieren, keine Wahl. Trump traf die Entscheidung, die Israel schon vor vielen Monaten hätte treffen müssen, und rettet damit das Leben vieler Geiseln und Soldaten sowie Tausender Palästinenser. Jetzt muss er beide Seiten dazu zwingen, das zu tun, wozu sie sich selbst nicht entschließen konnten: den Krieg zu beenden. Israel muss Trumps Plan akzeptieren und unverzüglich mit seiner Umsetzung beginnen", fordert HAARETZ aus Tel Aviv.
Auch EL PAIS aus Spanien hält es für absolut notwendig, jede Chance auf Frieden zu ergreifen, denn: "Während die Regierung von Benjamin Netanjahu versicherte, dass sie bereit sei, das sofortige Ende der Militäroperationen zu akzeptieren, wie es mit Donald Trump vereinbart wurde, tötete die israelische Armee am Samstag mindestens 20 weitere Palästinenser. Das ist die Realität vor Ort, dass das wahllose Töten Unschuldiger jeden Tag und jede Stunde in Gaza weitergeht. Es ist wichtig, das im Hinterkopf zu haben, wenn man den Friedensvorschlag beurteilt, den der US-Präsident am vergangenen Montag vorgelegt und den die Hamas am Freitag angenommen hat. Für die Bewohner Gazas gibt es keine geopolitischen, rechtlichen oder ideologischen Überlegungen. Nach zwei Jahren des Grauens, der Straflosigkeit und der Ohnmacht gibt es nur noch eine einzige Option: leben oder sterben. In diesen entscheidenden Stunden hat die Beendigung der Bombardierungen absolute Priorität. Es ist eine moralische Verpflichtung, jede Chance zu ergreifen, um Leben zu retten. Nicht morgen, sondern heute", betont EL PAIS aus Madrid.
"Es besteht kein Zweifel, dass der Trump-Plan nicht perfekt ist und Israel begünstigt", merkt die Zeitung KARAR aus Istanbul an: "Der Text soll nach langen Verhandlungen mit Netanjahu und seinem Team umgeschrieben und zu Israels Zufriedenheit geändert worden sein. Dennoch scheint das Vorhaben, wenn es denn umgesetzt wird, etwas Frieden in den Gazastreifen und etwas Stabilität in die Region zu bringen sowie die Ambitionen der derzeitigen israelischen Regierung einzugrenzen. Da das Hindernis namens Hamas beseitigt ist, scheinen die Chancen für die Umsetzung des Plans groß. Selbstverständlich hat Israel die Möglichkeit, das Vorhaben zu sabotieren. Es kann die verzögerte Freilassung der Geiseln als Vorwand nutzen, um seine Angriffe fortzusetzen. Andererseits ist die amerikanische Beteiligung auf höchster Ebene die wohl wichtigste Garantie für die Durchführbarkeit des Plans. Die Annahme durch die Hamas hat Netanjahu und seinem Team den größten Trumpf aus der Hand genommen. Trotz Netanjahus Behauptung, Israel habe alles bekommen, was es wollte, spiegelt der Trump-Plan die Erwartungen der arabischen und muslimischen Welt fast ebenso gut wider wie die Israels", lobt die türkische Zeitung KARAR.
"Donald Trump hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er den Friedensnobelpreis gewinnen möchte", erinnert THE INDEPENDENT aus London. "Trump behauptet ja, dass er schon sieben Kriege beendet habe - doch wenn ihm das mit dem achten, dem in Gaza, wirklich gelingt, könnte er den Preis verdient haben. Allerdings ist er für dieses Jahr wohl schon zu spät dran. Vielleicht also nächstes Jahr. Wenn es Frieden in Gaza gibt, und dieser von Dauer ist, dann wäre es das wert - egal, welche Ambivalenz man dann ertragen und welch übertriebene Selbstherrlichkeit man aushalten müsste."
Die WELT AM SONNTAG beobachtet einen zunehmenden Antisemitismus, der sich auch im Gebrauch von Präpositionen zeige: "Mit nur zwei oder drei Buchstaben vermögen sie es, eine Weltanschauung in sich zu tragen – und sie sanft in die Öffentlichkeit zu bringen, damit sie wie eine schleichende Sepsis wirkt. Nach dem Terroranschlag in Manchester las und hörte man von einem Anschlag 'an', 'vor' oder 'bei' einer Synagoge. Nie aber von einem Anschlag 'auf' ein jüdisches Gotteshaus zu Jom Kippur – dem höchsten Feiertag des Judentums. Es ist vielsagend, wie sehr sich der Zeitgeist windet, Judenhass überall in der Welt, aber eben auch in Deutschland und Europa, als solchen zu beurteilen. Überhaupt die Worte! Der größte Witz ist die Wendung, Antisemitismus habe in Deutschland keinen Platz, obschon er dort längst heimisch geworden ist und immer brutaler sein Haupt erhebt. Traurig daran ist, dass selbst der Zentralrat der Juden seine Reden gleichfalls mit einer Phrasengießkanne verwechselt. Er nutzt genau die Sätze, die er seit Jahrzehnten wählt. Wenigstens er – wenn nicht er, wer dann? – hat unbequem, hat laut und widerborstig zu sein. Er muss die Politik drastisch in die Pflicht nehmen", verlangt die WELT AM SONNTAG.
Nach den Drohnen-Sichtungen an zahlreichen Orten in Europa beschäftigt sich der Kommentator im schweizerischen SONNTAGSBLICK mit den zum Teil aufgeregten Reaktionen im eigenen Land: "Keine Frage: Die Vorfälle geben Grund zur Besorgnis. Irritierend aber ist, wie sehr sich gerade die Schweizer Öffentlichkeit in eine Eskalationslust hineinsteigert. Da wird spekuliert und gemahnt, dass sich die Gewehrkolben biegen. Ob so viel Sirenengeheul und Kassandra-Groove unserer Meinungsmacher geht fast vergessen, dass bloß zwei Flugstunden entfernt, in der Ukraine, tatsächlich Krieg herrscht, ein erbarmungsloses Gemetzel mit toten Kindern, zermürbter Bevölkerung und erschöpften Soldaten. Wir hingegen genießen den Vorteil der Geborgenheit inmitten befreundeter Mächte, praktisch umgeben vom Luftraum der NATO. Zusammen mit Österreich bildet die Schweiz dank ihrer geografischen Lage eine alpine Insel der Glückseligen. Wer in diesen Tagen eine akute Gefahrenlage zwischen Bodensee und Genfersee heraufbeschwört, tut dies entweder zum Zweck der Aufmerksamkeitssteigerung oder im Sinn einer sicherheitspolitischen Lobbyarbeit", kritisiert der SONNTAGSBLICK aus Zürich.
Kommen wir nun noch zum SPIEGEL. Der Kommentator blickt auf das Thema Nachhaltigkeit - trotz, oder gerade wegen Trump und seinem Kampf gegen alles 'Woke': "Am kommenden Dienstag beginnt in Lyon die 'Pollutec', eine Fachmesse für Umwelttechnik, Energie- und Abfallfragen, Wasser- und Kreislaufwirtschaft. Das klingt in diesen Zeiten, da Donald II. von Amerika quasi täglich neue Flickflacks durch die Weltgeschichte schlägt, fast wie ein Witz. Pollutec? Abfallfragen? Kann man sich etwas Langweiligeres vorstellen? Nun, ich glaube: Spannender geht’s gar nicht. Während nämlich der US-Präsident mit seinem Kampf gegen Windmühlen, Migranten, heimische Großstädte und nun auch seine eigenen Generäle unser aller Zeit verschwendet, schreiten die in Lyon versammelten Forscherinnen, Start-up-Firmen, Erfinder und Unternehmerinnen unbeirrt voran in eine bessere Welt. Besser im Sinne von: sauberer, gesünder, haltbarer. Besser für Flüsse, Wälder und Ozeane, für die Böden, die Berge, die Luft und das Klima und also auch lebenswerter für die Menschheit. In der Rückschau wird es womöglich, wahrscheinlich so sein, dass die Pollutec in Lyon bei Licht betrachtet viel wichtiger war als die ganzen vergeblichen Versuche der aktuellen US-Politik, den Lauf der Welt aufzuhalten." So weit der SPIEGEL.