12. Oktober 2025
Die Presseschau

Zunächst in den Nahen Osten. Die Zeitung WELT AM SONNTAG macht sich Gedanken, wie nach einem Waffenstillstand im Gazastreifen ein dauerhafter Frieden erreicht werden kann:

Eine breite Schlange von Menschen läuft einen Standstreifen inmitten des zerstörten Gazastreifens, links das Meer, hinten Ruinen von Gaza-Stadt.
Menschen kehren zurück nach Gaza-Stadt (picture alliance / Anadolu / Khames Alrefi)
"Um den nächsten Krieg zu verhindern, ist jetzt auch Deutschland gefragt. Es muss sich ernsthaft engagieren. Arabische Staaten wie Katar und Saudi-Arabien werden einen 'Friedensrat' leiten, um im Gaza-Streifen eine Verwaltung ohne die Hamas aufzubauen. In dem von Israels Armee verwüsteten Gebiet muss die öffentliche Ordnung wieder hergestellt werden. Während Italien neben den USA bereits zugesagt hat, Truppen zur Überwachung zu entsenden, wird Deutschland sich vor allem finanziell beteiligen. Dabei darf es keine Kompromisse geben, wenn der Verdacht besteht, dass Geld in terroristische Strukturen fließt. Sonst passiert, was im Libanon zu beobachten ist. Dort gilt ein Waffenstillstand mit der Hisbollah, aber Israel greift weiter an, wo immer sich die Miliz neu gruppiert. So würde es auch in Gaza sein. Unter diesen Umständen ist kein Wiederaufbau möglich. Die Chance wäre vertan, die vor allem darin liegt, dass die Palästinenser selbst – wenn auch unter Aufsicht – die neuen Strukturen ausfüllen sollen. Alles andere würden sie zu Recht als neue Besatzung empfinden." Das war die Ansicht der WELT AM SONNTAG.
Die JERUSALEM POST führt aus: "Die von US-Präsident Trump angekündigte Vereinbarung über einen Waffenstillstand und über die Freilassung der Geiseln ist ein historischer Moment. Mit dem Abkommen wurden neue Einflussmöglichkeiten geschaffen: neben der Hamas und Israel werden nun auch andere Partner berücksichtigt, bisherige Konventionen in Frage gestellt. Dies könnte über den Krieg hinaus Bestand haben", hofft die JERUSALEM POST.
Die QATAR TRIBUNE aus Doha lobt: "Das Abkommen ist mehr als ein politisches Dokument; es ist eine Geburtsurkunde für den Geist der Zusammenarbeit und Menschlichkeit im Nahen Osten. Der amerikanische Präsident hat bewiesen, dass wahre Stärke nicht in Panzern oder Flugzeugen liegt, sondern in der Fähigkeit, Gegensätze an einen Tisch zu bringen und alle davon zu überzeugen, dass Frieden kein Zugeständnis, sondern ein Triumph der menschlichen Vernunft ist. Mit dem Realismus eines Führers und der Weitsicht eines Staatsmannes hat er Washington wieder an seinen rechtmäßigen Platz gebracht – als ehrlicher Vermittler, der globale Sicherheit anstrebt und nicht Spaltung." Das war die QATAR TRIBUNE.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG bemerkt: "Gaza ist nur die halbe Miete. Auch im Westjordanland muss sich etwas tun. Es gibt immer noch Leute, die glauben oder glauben machen wollen, der 7. Oktober sei aus dem Nichts gekommen. Der mörderische Antisemitismus der Hamas gedieh aber auch deshalb so gut, weil Israel die palästinensischen Gebiete seit 58 Jahren mit eiserner Faust besetzt hält und sich immer mehr Land einverleibt. Das Ausland fand sich zunehmend mit dieser Situation ab. Dieses Augenverschließen war fahrlässig und darf sich nicht wiederholen. Emmanuel Macron hat dazu auf der arabisch-europäischen Gaza-Konferenz in Paris die richtigen Worte gefunden. Die Siedlungen förderten Gewalt und Instabilität und bedrohten damit auch Trumps Plan, sagte Frankreichs Präsident. Bundeskanzler Friedrich Merz äußerte, es gebe 'keinen Grund mehr, jetzt für Palästinenser in Deutschland zu demonstrieren'. Auch wenn er vermutlich die von Antisemitismus geprägten Proteste meinte, sollte er doch klarmachen, dass auch Berlin nicht der Meinung sei, man dürfe es bei einem Erfolg im Gazastreifen belassen", vermerkt die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Nun zur Regierungskrise in Frankreich. "Der Präsident, der die Franzosen nicht erreicht",titelt die NZZ AM SONNTAG aus der Schweiz. "Einen 'kleinen Ferrari' hat man Emmanuel Macron früher genannt. Schnell, chic, nicht zu bremsen. Das mag schon sein. Mit 39 Jahren ist er ohne grosse Mühe Frankreichs Präsident geworden. Doch Macrons Erfolg beruhte auf einem doppelten Missverständnis: Ein Schnelldenker am Sitzungstisch mache schon einen guten Staatspräsidenten; und ein Staatspräsident, der zweimal gewählt wurde, um Marine Le Pen zu verhindern, müsse ja wohl eine lagerübergreifende Mehrheit der Französinnen und Franzosen hinter sich haben. Beide Annahmen waren falsch. Frankreichs Wähler wollen jemanden, der ihr Land in- und auswendig kennt und damit auch ihre Alltagsprobleme. Dafür braucht es Jahre politischer Arbeit, ein Amt auf lokaler Ebene, die Ochsentour durch eine Parteihierarchie. All das hat Macron nicht. Und weil er nicht gelernt hat, mit seinen Wählern zu sprechen, hat er am Ende innenpolitisch wenig erreicht und wird das wenige – seine Rentenreform – auch noch verlieren. Ein Präsident mit mehr politischer Begabung hätte die Franzosen vielleicht für diese Reform gewinnen können. Nicht so Macron. Er ist mit seinem Latein am Ende. Das traurige Schauspiel um die Ernennung eines weiteren Regierungschefs ohne Mehrheit zeigt es." Das war die NZZ AM SONNTAG aus Zürich.
"Der Kompromiss ist kein Schönheitspreis, eher eine Tapferkeitsmedaille. Wer ihn ausgehandelt hat, wird nicht dafür gefeiert", bemerkt die österreichische Zeitung DIE PRESSE. "Wo politische Gräben so tief sind, dass man von einem gespaltenen Land spricht, gilt schon das leichte Abweichen von der eigenen Haltung als Selbstaufgabe. Siehe Frankreich: Selbst bei der wahrscheinlich letzten Chance, einen Ausweg aus der politischen Krise zu finden, war Präsident Emmanuel Macron zu keinerlei Konzessionen bereit. Noch einmal soll es nun der Mann richten, der seine Mission selbst als beendet bezeichnet hat. Sébastien Lecornu, der nicht mehr Premierminister sein wollte, als neuen Premierminister vorzustellen, schien Macron die bessere Lösung zu sein, als mit der Linken einen Kompromiss oder einen minimalen Konsens zu suchen. So wichtig scheint es dann doch nicht, angesichts ausufernder Staatsschulden eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Die Probleme unserer Zeit sind zu komplex, die Umstände zu unübersichtlich, die Geschehnisse zu gleichzeitig, als dass man es sich auf Dauer leisten kann, die Perspektive der anderen komplett auszublenden", meint DIE PRESSE aus Wien.
Zum Schluss ins Inland. Die Koalition aus CDU/CSU und SPD hat einen Teil der Einbürgerungsreform wieder rückgängig gemacht. Der Berliner TAGESSPIEGEL kritisiert: Das Aus der 'Turbo-Einbürgerung' nach nur einem Jahr – es ist ein Signal für mehr: für eine verengte Sicht auf die Demokratie. So wird Integration nicht belohnt, wird Engagement gebremst statt gefördert. Schade. Ein Schaden ist es obendrein. Wer Deutscher werden will, Deutsch lernt, zu 'besonderen Integrationsleistungen' bereit ist und so Verantwortungsbereitschaft zeigt, wird zurückgewiesen. Anders ist das nicht zu nennen. Für das Aus hat sich eine seltsame Koalition gefunden. Denn das vom konservativen Innenminister Alexander Dobrindt vorgelegte Gesetz wurde verabschiedet mit Stimmen der SPD, die vor einem Jahr für das Gegenteil eintrat – und der AfD", bemerkt der TAGESSPIEGEL.
Die LÜBECKER NACHRICHTEN kommentieren das Spitzentreffen im Kanzleramt zur Lage der deutschen Autoindustrie: "Die von der Koalition in Aussicht gestellten Steuerbefreiungen, Absatzhilfen und zusätzlichen Ladesäulen mögen beim Hochlauf der Elektromobilität helfen. Am Ende aber werden nur konkurrenzfähige Produkte darüber entscheiden, wer die Autos der Zukunft baut. Dass diese batterieelektrisch angetrieben werden, daran zweifelt weltweit niemand. Chinesische Hersteller zeigen schon heute, dass und wie es geht. Warum Kanzler Merz die deutschen Autobauer in dieser Situation allen Ernstes auffordert, in 'alle denkbaren Antriebstechnologien zu investieren', bleibt sein Geheimnis. Sicher ist: Wenn die deutschen Autobauer nicht gegen die batterieelektrischen Konkurrenzen aus Fernost bestehen, werden sie untergehen. Ob mit oder ohne Verbrennerverbot." Das waren die LÜBECKER NACHRICHTEN.