
Die britische Zeitung THE INDEPENDENT stellt fest: "Nun hat Selenskyj geschickt eine weitere Karte ausgespielt – ein Referendum in der Ukraine über eine künftige territoriale Regelung. Das ist natürlich ein Glücksspiel. Ein Friedensabkommen, das Selenskyj für akzeptabel hält, könnte dennoch vom ukrainischen Volk abgelehnt werden. Eine knappe Niederlage für Selenskyjs Plan hätte dramatische Folgen für sein Land und seine künftigen Kriegsanstrengungen. Ein solches Ergebnis würde zu Recht als Ablehnung seiner Führung interpretiert werden und sicherlich seinen Rücktritt zur Folge haben. Die Russen würden dies als Vorwand nutzen, um ihre Angriffe abermals auszuweiten. In Washington könnten die letzten Sympathien für die Ukraine schnell verfliegen. Selbst die mächtigsten europäischen Verbündeten würden verzweifeln. Zudem ist die Organisation einer solchen Abstimmung in Kriegsgebieten außerordentlich schwierig", gibt THE INDEPENDENT aus London zu bedenken.
Die schwedische Zeitung SVENSKA DAGBLADET äußert sich zur Strategie des Kremls: "Die russischen Machthaber präsentieren äußere Feinde, um eine Eskalation gegen Nachbarn vorzubereiten. Es wäre deshalb klug, diesen Lügen und Desinformationskampagnen entgegenzutreten. So werden jetzt beispielsweise gegenüber Finnland Vorwürfe gemäß eines bekannten Musters erhoben, das die völlig haltlosen Behauptungen von einer 'nazistischen' Ukraine in Erinnerung ruft. Die Logik dahinter erinnert auch an die Strategie, die der Kreml gegenüber den baltischen Staaten oder Polen verfolgt. Es war eben auch Finnland, das nach dem vollumfänglichen Überfall Russlands auf die Ukraine besonders schnell reagiert hat. In Finnland hat man mehr historische Expertise - und man hat deshalb auch besser verstanden, worum es Russland geht", schätzt SVENSKA DAGBLADET aus Stockholm.
In einem Gastkommentar beschäftigt sich die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN mit der Anerkennung der ostafrikanischen Region Somaliland als souveräner Staat durch Israel: "Das Generalprinzip des Völkerrechts 'Uti possidetis' gilt auch in der Afrikanischen Union als eiserne Regel. Zwar funktioniert Somaliland einigermaßen als Staat, wurde aber dennoch nicht anerkannt. Israel hat den Schritt nun vollzogen. Es ist fragwürdig, ob sich die Anerkennung rechtfertigen lässt: Denn Somaliland akzeptiert die Zwei-Staaten-Lösung im Nahostkonflikt nicht." Das war ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Die israelische Zeitung THE JERUSALEM POST vermutet: "Somaliland will Verbündete und Investitionen, Israel wiederum einen zuverlässigen Stützpunkt in einem unbeständigen Korridor. Beiden kann durch eine Partnerschaft gedient werden. Wenn Jerusalem die Anerkennung mit Zurückhaltung und ernsthafter Diplomatie verbindet, kann dieser Schritt Israels diplomatisches Spielfeld erweitern."
Die panarabische Zeitung AL ARABY AL-JADEED beschäftigt sich mit den US-Luftangriffen auf Stellungen der Terrormiliz IS in Syrien: "In den von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten ist in den vergangenen Wochen ein deutlicher Anstieg der IS-Aktivitäten zu verzeichnen. Diese äußern sich in Angriffen auf Angehörige der syrischen Armee, der Sicherheitskräfte und auf Behörden. Diese Entwicklung liegt vor allem an der Zerschlagung des alten Sicherheitsapparats und dem Aufbau eines neuen, dem es an Personal und Erfahrung mangelt, um die Herausforderungen zu bewältigen. Dies erleichterte dem IS die massive Infiltration syrischen Territoriums und die Neugründung von Zellen in zuvor schwer zugänglichen Gebieten. Zwar basierte der ehemalige Sicherheitsapparat auf Repression und Autoritarismus. Doch er war in der Lage, Sicherheitsmaßnahmen aufrechtzuerhalten, die größere Infiltrationen durch den IS verhinderten. All dies lässt auf eine Zunahme der Operationen des IS und anderer Terrorgruppen schließen. Umso mehr kommt es darauf an, die Ursachen ihres Wachstums anzugehen und wirksame Mechanismen zu ihrer Bekämpfung zu entwickeln", schreibt AL ARABY AL-JADEED mit Sitz in London.
Die Waffenruhe zwischen Thailand und Kambodscha ist Thema in der chinesischen Zeitung JIEFANG RIBAO. Das Blatt wundert sich, dass sich "die beiden Konfliktparteien so schnell einigen konnten, den seit 20 Tagen herrschenden Kriegszustand auf der Stelle zu beenden. Zunächst hat man wohl eingesehen, dass es dabei keinen Gewinner geben kann. Hunderttausende Menschen mussten fliehen. Der Grenzhandel, der Tourismus, nichts läuft mehr. Weder die beiden Regierungen noch die Bevölkerungen haben Lust auf Weiterkämpfen. Darüber hinaus haben die internationalen Vermittlungen eine wichtige Rolle gespielt. Allen voran gilt das Engagement der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN. Auch Peking und Washington haben beigetragen. Nun blickt die ganze Welt nach Asien, ob dieser Anlauf zur Waffenruhe auch wirklich hält", notiert JIEFANG RIBAO aus Schanghai.
Nun geht es um die deutsche Innenpolitik. Kanzleramtschef Frei hat die Bevölkerung auf einen Abbau von Leistungen im Gesundheitswesen eingestimmt, damit das System bezahlbar bleibt. Der TAGESSPIEGEL AM SONNTAG fragt: "Zahlt die gesetzliche Krankenversicherung also künftig die Kosten für wichtige Behandlungen nicht mehr? Frei weckt diese Angst oder entkräftet sie zumindest nicht. Und das ausgerechnet an den Weihnachtsfeiertagen, wenn die Deutschen versuchen, ihr Bedürfnis nach Geborgenheit und Zusammenhalt zu stillen. Viel ungeschickter kann man eine Reformdebatte nicht starten. Das ist ärgerlich, denn im deutschen Gesundheitswesen muss sich einiges ändern. Warum das so ist, hätte Frei den Bürgern erklären sollen. Stattdessen hat er den harten Macker gegeben, der auch an Weihnachten unpopuläre Wahrheiten verkündet. So gewinnt man keine Zustimmung für Veränderungen – weder in der Bevölkerung noch beim Koalitionspartner SPD", kritisiert der TAGESSPIEGEL AM SONNTAG.
Die WELT AM SONNTAG bemerkt zum Bundeskanzler: "Friedrich Merz besitzt einen fast dämonischen Hang, das eigene politische Dasein von vornherein in eine ausweglose Lage zu manövrieren. Seit sieben Monaten reibt man sich verwundert die Augen, wie häufig der Bundeskanzler in Situationen gerät, die mit einem empfindsamen Ohr für Ober- und Zwischentöne zu umgehen gewesen wären. Überraschend daran ist: Der Mann lernt nichts oder kaum etwas aus seinen Erfahrungen. Dass Merz im Bundestag erst im zweiten Wahlgang zum Regierungschef gewählt wurde, mag man noch als Schnitzer des Anfängers hinnehmen, doch es ging Monat für Monat weiter. Merz mag ein Stratege sein, ein in allen Listen und Vorsichten beschlagener Politiker ist er nicht. Von der Kunst der Taktik, vom Handwerk, sich Seilschaften zu weben und diese auf Dauer gewogen zu halten, versteht der Kanzler so viel wie die Gans von Heiligabend", urteilt die WELT AM SONNTAG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG zieht zum Ende des Jahres eine Bilanz: "Russland hat noch nicht gewonnen, die Wirtschaft ist noch nicht verloren, die AfD noch nicht an der Macht. Aber die Deutschen müssen bereit sein, sich zu verändern und Zumutungen zu ertragen - bei der Wehrpflicht, beim Renteneintrittsalter, bei der Suche nach schmerzhaften politischen Kompromissen. Vor allem sollten sie nicht den Rattenfängern auf den Leim gehen, deren Geschäftsmodell die Warnung vor dem bevorstehenden Untergang ist: Die Lage ist ernst, aber sie ist nicht aussichtslos. Und dieses Land ist stark, trotz seiner vielfältigen Krisen. Man darf nur nicht aufhören, an es zu glauben", kommentiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG, mit der diese Presseschau endet.
