
Die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld führt aus: "Die Verhandlungen scheinen geradezu vergiftet zu sein. Natürlich ist ein weiterer Warnstreik das gute Recht der Beschäftigten, um in den Verhandlungen mit der Bahn den Druck zu erhöhen. Doch die nächste Arbeitsniederlegung könnte mitten in die Ferienzeit platzen. Für Familien ist das eine Hiobsbotschaft. Den Vorschlag des Bahnkonzerns, nun in die Schlichtung zu gehen, sollte die EVG daher schnellstmöglich annehmen. Ohne Hilfe von außen bekommen die Tarifpartner ganz offensichtlich keine Einigung zustande. Dabei ist es dringend nötig, dass sich beide Seiten aufeinander zu bewegen. Klar ist: Es braucht ein gangbares Ergebnis für die Beschäftigten, die unter den Preissteigerungen leiden und für den Konzern, der grundsätzlich unterfinanziert ist", unterstreicht die NEUE WESTFÄLISCHE.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE meint: "Der Konflikt zeigt auf abschreckende Weise, was passiert, wenn Arbeitgeber und Gewerkschafter nicht in der Lage sind, sich in die andere Seite hineinzudenken. Beide Parteien wollen nur gewinnen. Doch Profi-Tarifpolitiker verzichten auf den Triumph und setzen auf Vernunft. Insofern bleibt es den Verhandlungsparteien nicht erspart, sich wie Schulbuben in einer Schlichtung aufzeigen zu lassen, wie ein Kompromiss funktioniert. Das ist zwar ein Armutszeugnis für den Bahn-Vorstand und die Spitze der Gewerkschaft EVG. Ohne Nachhilfe kommen die Streit-Fraktionen aber nicht weiter. Dabei werden die Schlichtungs-Pädagogen den Bahn-Verantwortlichen beibringen, dass sie nicht auf eine viel zu lange Laufzeit von 27 Monaten setzen dürfen. Und die Gewerkschaft muss lernen, dass auch in Hochinflationszeiten Lohnerhöhungen nicht ins Unermessliche gehen dürfen", vermerkt die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG äußert sich zum Deutschen Bauerntag, der zur Zeit in Münster stattfindet: "Es ist ein ganzes Bündel an Faktoren, das den Bauern derzeit das Leben schwer macht. Sinkende Preise für Produkte wie Weizen, Raps und Milch setzen die Bauern unter Druck. Energie und Düngemittel sind infolge des Ukraine-Krieges teurer geworden. Hinzu kommt: Die Bauernproteste haben gezeigt, dass die Landwirte sich von einem großen Teil der Gesellschaft nicht mehr verstanden fühlen. Es ist auch ein Konflikt zwischen Stadt und Land. Seit Jahren gibt es eine Dauer-Auseinandersetzung zwischen der Agrar- und Umweltlobby, die durch einen grünen Landwirtschaftsminister namens Cem Özdemir nicht gemildert wurde – eher im Gegenteil. Es wird weiter erbittert gestritten um die 'richtige' Landwirtschaft. Künftig könnten Verteilungskämpfe ums Wasser hinzukommen. Die Politik darf dabei eines nicht vergessen: Werden Umweltauflagen wie Dünge-Regeln immer weiter verschärft, wird es für die Bauern schwierig, noch auskömmlich zu wirtschaften", gibt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG zu bedenken.
Der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth stellt fest: "Es stößt der hehre Wunsch nach dem Bestmöglichen auf die harte Realität. Wenn der Verbraucher vor allem günstig kauft, wird günstig in den Regalen liegen. Ganz egal, wo dies produziert ist. Und somit sollten sich der Landwirtschaftsminister und die Ampel-Regierung eindringlich die Frage stellen: Will man künftig vom Ausland abhängig sein? Besser wäre es, alles zu unternehmen, damit die hiesige Landwirtschaft weitgehend weiter die Versorgungssicherheit der Bevölkerung gewährleisten kann. Mit guter Qualität und kontrollierten Produkten." So weit der NORDBAYERISCHE KURIER und so viel zu diesem Thema.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU geht ein auf die Katholische Kirche in Deutschland, die viele Mitglieder verliert: "Nach der jüngsten Statistik kommen auf einen Wieder-Eintritt hundert Austritte. Das ist eine der Katastrophenzahlen, die sich kein Bischof mehr schönreden sollte. Bei einem anhaltenden Mitgliederschwund von zwei bis drei Prozent jährlich lässt sich leicht ausrechnen, wann in der Kirche das Licht ausgeht. Man wird gesellschaftliche Säkularisierungsschübe nicht aufhalten oder umkehren können. Aber wenn als Reaktion auf eklatante Missstände Hunderttausende ihrer Kirche den Rücken kehren, dann kann man darüber nicht mit einem 'Is‘ halt so' hinweggehen. Das aber ist der katholische Reflex", argumentiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU stellt fest: "Das ist kein bloßer Mitgliederverlust mehr, das ist schon eine Massenflucht. Mehr als eine halbe Million Menschen haben im letzten Jahr die katholische Kirche in Deutschland verlassen. Das entspricht der Mitgliederzahl eines mittelgroßen Bistums wie Osnabrück. Es waren noch einmal fast 46 Prozent mehr als beim bisherigen Höchststand 2021. Woran kann das liegen? Die Aufdeckung immer neuer Fälle sexualisierter Gewalt, die Fehler bei der Aufarbeitung dieses schrecklichen Geschehens, der Reformstreit - all das mag eine Rolle spielen", vermutet die KÖLNISCHE RUNDSCHAU.
Aus Sicht des REUTLINGER GENERAL-ANZEIGERS liegen die Gründe für die Austrittwelle klar auf der Hand: "Es ist die Unfähigkeit der Würdenträger, mit den Fehlern beim Missbrauchsskandal richtig umzugehen. Kein Bischof hat jemals ehrliche Reue gezeigt und seine Schuld eingestanden. Stattdessen wurde nur das zugegeben, was sich nicht mehr leugnen lässt. Diese Salamitaktik ist ein Armutszeugnis für eine Institution wie die Kirche. Das untergräbt ihre besondere Stellung in der Gesellschaft als moralische Instanz. Das Paradoxe daran ist, dass alle Verantwortlichen ihr Schweigen damit begründen, dass sie die Kirche und deren Ansehen schützen wollen. Eine Argumentation, die die Gläubigen immer weniger akzeptieren", folgert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Von Reformbemühungen sei in der Katholischen Kirche nichts zu spüren, moniert die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz: "Der 'Pastorale Weg' etwa entpuppte sich in der Praxis als Zusammenstreichen von Pfarrstellen und Gebäudebeständen. Auch als Rückzug aus der Relevanz, welche die Kirche als Träger sozialer Einrichtungen hatte. Jede und jeder hat seine eigenen Gründe für einen Austritt, für sehr viele aber gilt: Warum, wenn nicht aus Gewohnheit, sollte jemand in einer derart heillos desorientierten Organisation sein Heil suchen?", fragt die ALLGEMEINE ZEITUNG.
Nun noch Stimmen zu einem tödlichen Zwischenfall während eines Polizeieinsatzes in Frankreich. Der KÖLNER STADT-ANZEIGER erläutert: "Der 17-jährige Nahel, der am Dienstag bei einer Verkehrskontrolle im Pariser Vorort Nanterre erschossen wurde, ist nicht das erste Opfer, das seine Verweigerung, den Anweisungen der Polizei nachzukommen, mit dem Leben bezahlte. 13 Menschen starben allein im vergangenen Jahr in ähnlichen Situationen – ein unhaltbarer Zustand. Die Umstände seines Todes müssen erst noch aufgeklärt werden. Aber ein Video der Szene entlarvt die Behauptung des involvierten Polizisten, er habe aus Notwehr gehandelt, als Lüge. Sein Kollege stützte diese noch. Seitlich am Wagen stehend, zielte er mit seiner Waffe auf den Fahrer und war zu keinem Zeitpunkt bedroht, als das Auto losfuhr. Das heizt die Wut in den Banlieues noch an und macht die Lage explosiv", befürchtet der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG spricht von einer gefährlichen Entwicklung: "Die Zahl der Fälle, die eindeutig übergriffiges Verhalten der Sicherheitskräfte dokumentieren, ist kaum noch zu überblicken. Die Polizei in Frankreich, das hat schlechte alte Tradition, schützt nicht in erster Linie die Bürger. Sie schützt den Staat. Diese Grundhaltung durchdringt alle Einheiten, von den Sondereinsatzkräften bis hin zu Verkehrskontrolleuren. Deeskalation ist vielen fremd. Solange sich daran nichts ändert, werden sich solche Vorfälle wiederholen. Und es wird nicht aufhören mit der Gewalt. Auf beiden Seiten." Das war zum Ende der Presseschau ein Auszug aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
