
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE begrüßt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, die Abstimmung im Bundestag über das Gebäudeenergiegesetz vorerst zu stoppen: "Denn wer sich den Antrag in seiner letzten Fassung anschaut, sieht knapp 100 Seiten redaktionelles Chaos, aber keine klaren Formulierungen. Das Gesetz schreit förmlich danach, in den Papierkorb geschmissen zu werden. Durch das Chaos verstärkt die Ampel den Eindruck, dass man sich nicht auf sie verlassen kann."
Für die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG aus Essen ist der Richterspruch aus Karlsruhe ein politisches Desaster: "Es geht zwar nicht um den Inhalt des Gesetzes, sondern um das gesamte Verfahren an sich. Dies ist aber nicht weniger dramatisch, denn im Kern werfen die Richter der Regierung vor, das Parlament missachtet zu haben. Die Ampelkoalition wollte das ungeliebte Gesetz durchpeitschen, offenbar auch mit dem Ziel, ihre Parteien in den anstehenden Wahlkämpfen in Bayern und Hessen nicht zu belasten. Jetzt kommt es erst nach der Sommerpause - und der Schaden ist deutlich größer", stellt die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG fest.
Das Magazin CICERO glaubt, dass der - Zitat - "Zirkus um das geplante Gebäudeenergiegesetz" die Reputation der Ampel im Allgemeinen und der Grünen im Besonderen in einem Rekordtempo geschrumpft habe: "Das Fortschrittsprojekt namens Ampel hat es jedenfalls geschafft, einen neuen Tiefpunkt in Sachen politischer Kultur auszuloten. Der Gute-Laune-Kanzler Olaf Scholz wird aber auch das mit seinen gewohnt nichtssagenden Worten wegzumoderieren wissen. Das Volk darf sich derweil auf die nächste Staffel der Daily Soap namens Gebäudeenergiegesetz freuen. Diesmal vielleicht sogar in verfassungskonformer Ausführung. Wo ist eigentlich der Ausschaltknopf?“, fragt CICERO.
Die HEILBRONNER STIMME kritisiert die Reaktion der Liberalen: "Die FDP begrüßt das Urteil, obwohl sie maßgeblich für die Hängepartie verantwortlich ist und dem nachgebesserten Gesetz zugestimmt hatte. Jetzt so zu tun, als habe Wirtschaftsminister Habeck die Blamage allein zu verantworten, ist verlogen und zeigt, wie katastrophal die Stimmung in der Ampel ist."
"Nun ist es nicht das erste Mal, dass ein Gesetz mit der Brechstange durchgezogen werden sollte", notiert die NÜRNBERGER ZEITUNG: "Das gab es unter allen Regierungen. Der Richterspruch ist daher eine Mahnung an alle Parteien. Wenn sie sich Zeit ließen, gelassener und sachlicher diskutieren würden, kämen vielleicht am Ende auch Gesetze dabei heraus, die nicht immer wieder vor den Karlsruher Kadi gezogen werden müssten. Das ist kein Plädoyer für Populismus, aber wirklich gut scheint diese Regierung offenbar nur darin, sich immer wieder Dinge auszudenken, die so unpopulär und unrealistisch in der Umsetzung wie möglich sind", meint die NÜRNBERGER ZEITUNG.
Auch in der Online-Ausgabe der ZEIT heißt es, es komme durchaus vor, dass es im Bundestag richtig schnell gehen müsse: "Wenn nach der Ahrtal-Flut Milliardenhilfen freigegeben werden. Wenn man Griechenland in letzter Minute mit einem Hilfspaket vor der Pleite bewahrt. Der Beschluss eines seit Monaten diskutierten Heizungsgesetzes ist kein solcher Moment. Da hat das Bundesverfassungsgericht Recht. Hier sind keine Naturgewalten und Marktmächte am Werk, die Bundesregierung und Parlament zu allergrößter Eile zwingen. Nein, hier lauert am Horizont nur der Abgrund der Ampel-Koalition. Sie selbst ist es, die sich beim Heizungsgesetz in Zeitnot gebracht hat, aus parteitaktischen Erwägungen und durch schlechtes Regieren", kommentiert die ZEIT.
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle konstatiert, dass die Schwäche der Regierungsparteien zur Stärke der AfD führe: "Die Rechtspopulisten müssen gar nichts mehr machen - es reicht einfach gegen das zu sein, was die Ampel-Koalition aufführt. 34 Prozent bei einer aktuellen Umfrage in Thüringen sind nur die Spitze, die AfD erlebt bundesweit einen Höhenflug. Es wird Zeit für mehr Führung. Es ist an Kanzler Scholz, das Ampel-Chaos zu beenden und die Koalitionspartner zu disziplinieren. Das öffentliche Streiten muss enden und alle Vorhaben müssen ohne Ideologie, dafür mit Augenmaß und Vernunft angegangen, umgesetzt und vermittelt werden." So weit die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG. Nun zu einem anderen Thema.
Sterbehilfe bleibt in Deutschland weiterhin ungeregelt. Die STUTTGARTER ZEITUNG hebt hervor, dass es dafür seit Februar 2020 eigentlich eine klare Ausgangslage gebe: "Damals legalisierte das Bundesverfassungsgericht den assistierten Suizid. Zugleich betonten die Richter aber ausdrücklich, dass der Bundestag die Legalisierung mit einem Schutz- und Beratungskonzept verbinden könne. Sicher: Die Richter haben Berlin damit vor eine schwere Aufgabe gestellt. Und noch kniffliger wird sie dadurch, dass Karlsruhe das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende allen zuspricht - also gerade nicht sagt, dass die Suizidhilfe nur Schwerkranken zustehe. Trotzdem ist es kläglich, dass die Abgeordneten an der Aufgabe gescheitert sind", bemängelt die STUTTGARTER ZEITUNG.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER analysiert: "Eine Gesellschaft gerät auf die schiefe Bahn, wenn es jedermann als jederzeit möglich und normal erscheint, dem eigenen Leben ein Ende zu setzen. Mit der vermeintlichen Freiheit ist es schon dann nicht mehr weit her, wenn Pflegebedürftige das Gefühl vermittelt bekämen, ihr Lebenswille sei egoistisch und sie könnten, statt anderen zur Last zu fallen, doch ebenso gut den raschen Exitus wählen", befürchtet der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG betont: "Auch nach dem Scheitern der beiden Gesetzentwürfe zur Regelung der Suizidassistenz ist es nicht so, als bewegten sich alle Akteure hierzulande im Umgang mit Suizidwünschen in einem rechtsfreien Raum. Suizid stand in Deutschland niemals unter Strafe, Beihilfe zum Suizid auch nicht. In dieser Lage hat der Bundestag gleich zwei starke Zeichen gesetzt. So ist es ein wichtiges Signal, mit welch breiter Mehrheit derjenige der beiden Gruppenanträge verworfen wurde, der die Schutzpflicht des Staates für das Leben mehr oder weniger als Formalie hatte erscheinen lassen. Auf derselben Linie liegt der einzige Beschluss: Er macht endlich deutlich, dass die vorrangige Aufgabe des Staates wie auch der Gesellschaft nicht die gesetzliche Regelung der Suizidassistenz ist. Viel wichtiger ist die Suizidprävention", findet die F.A.Z.
Abschließend zwei Kommentare zur gescheiterten Pkw-Maut der Vorgängerregierung. Der Bund muss 243 Millionen Euro Schadenersatz bezahlen. Der MÜNCHNER MERKUR nimmt den früheren Verkehrsminister Scheuer in den Blick: "Dem breitbeinigen Niederbayern dürfte sein Platz als peinlichster Bundesverkehrsminister aller Zeiten damit kaum mehr zu nehmen sein. An dringenden Warnungen, die 'Ausländermaut' sei nicht nur niederträchtig, sondern auch unvereinbar mit Europarecht, hatte es nicht gefehlt. Doch wichtiger als das Geld der Steuerzahler war der CSU ihr eigener Profit. Sie feierte dank des Wahlkampfknüllers Maut Triumphe, die dem heutigen Bayernregenten Söder Tränen der Rührung in die Augen treiben dürften", schreibt der MÜNCHNER MERKUR.
Die FRANKENPOST aus Hof bezeichnet die Schadenersatzzahlung als blanken Wahnsinn, den der CSU-Politiker der jetzigen Regierung hinterlassen habe: "Was wäre mit diesem Geld nicht alles möglich gewesen: Ausbau der Straßen, der Radwege und des Schienennetzes, weitere Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr und in E-Ladesäulen, die bislang rar gesät sind in Deutschland. Dieser Schub für die Infrastruktur bleibt ein Traum - dank der CSU und Andreas Scheuer." Mit diesem Kommentar aus der FRANKENPOST endet die Presseschau.