05. März 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Die Kommentare befassen sich mit dem Aussetzen der amerikanischen Waffenhilfen für die Ukraine sowie mit der erneuten Debatte um eine Wehrpflicht. Beherrschendes Thema ist jedoch die Einigung von Union und SPD auf eine Reform der Schuldenbremse und ein zusätzliches Sondervermögen für Infrastruktur.

Ein Fuchs 2 Transportpanzer (Hersteller Rheinmetall) der Bundeswehr wird im Rahmen der Bundeswehrübung Quadriga 24 im Seehafen für die spätere Verladung auf ein Fährschiff vorbereitet.
Viel Geld will Deutschland in den kommenden Jahren in die Rüstung investieren. (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
Der Bremer WESER-KURIER schreibt dazu: "Die Botschaft aus Berlin lautet: Deutschland wird alles unternehmen, um sich künftig gemeinsam mit den europäischen Partnern gegen alle Bedrohungen verteidigen zu können. 'Whatever it takes' gilt nicht mehr nur für die Unterstützung der Ukraine, es gilt auch für die eigene Widerstandsfähigkeit. Dass endlich auch die notwendigen Ausgaben für die Infrastruktur bereitgestellt werden, ist die nächste gute Nachricht. Dazu gehören übrigens nicht nur Straßen, Schienen und Stromnetze, sondern auch Bildung, Betreuung und Wissenschaft. Union und SPD haben mit dieser Einigung die dicksten Brocken auf dem Weg in eine Koalition aus dem Weg geräumt“, konstatiert der Bremer WESER-KURIER.
Die STUTTGARTER ZEITUNG begrüßt die Einigung von Union und SPD: "Dass sich Union und SPD innerhalb weniger Tage auf sehr weitreichende Vorschläge für den künftigen Umgang mit der Schuldenbremse geeinigt haben, ist ein sehr gutes Zeichen. CDU-Chef Friedrich Merz und SPD-Chef Lars Klingbeil sind offenbar in der Lage, gemeinsam solche Entscheidungen zu treffen, wenn das notwendig ist. Erstens haben die Parteien einen klugen Mechanismus für die Verteidigungsausgaben gefunden. Das, was über ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts hinausgeht, soll nicht mehr auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Wenn es hart auf hart kommt, können für die Verteidigung unbegrenzt Kredite aufgenommen werden. Vernünftig ist aber auch, dass die Sozialdemokraten zugleich ein Sondervermögen für Infrastruktur über 500 Milliarden Euro durchgesetzt haben. Deutschland braucht eine Topinfrastruktur, um wettbewerbsfähig zu sein", urteilt die STUTTGARTER ZEITUNG.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER hält fest: "In Windeseile hat die Union ihr bisheriges Mantra über Bord geschmissen: Die Schuldenbremse ist nicht mehr tabu. Das ist der richtige Weg. Denn dass Wirtschaftswachstum, Kürzungen beim Bürgergeld und Einsparungen über die Migrationspolitik reichen, um den riesigen Finanzbedarf zu decken, war schon im Wahlkampf unrealistisch. Aber die Union mit ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz wollte der rot-grünen Restregierung keinen Erfolg mehr gönnen. Nun musste Merz eine rasante 180-Grad-Wende hinlegen", so die Meinung des KÖLNER STADT-ANZEIGERS.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus hingegen übt Kritik an den Schuldenplänen von Union und SPD: "Die Aufrüstung darf nicht ausschließlich mit neuen Krediten bezahlt werden. Wie jeder weiß, der sich schon mal verschuldet hat, werden damit die Lasten in die Zukunft verschoben. In diesem Fall trifft es Kinder und Kindeskinder, die ihr gesamtes Steuerzahlerleben damit verbringen werden, die Zinszahlungen für die geplanten Sondervermögen aufzubringen. Um einigermaßen gerecht vorzugehen, muss auch die aktuell verantwortliche Generation ihren Beitrag leisten, durch mehr Arbeit oder durch Einsparungen oder durch Steuererhöhungen oder durch eine Kombination der drei Punkte", fordert die LAUSITZER RUNDSCHAU.
Auch das STRAUBINGER TAGBLATT kritisiert die schwarz-roten Schuldenpläne: "Was problematisch ist und in diesem Zusammenhang gerne verschwiegen wird: Für die Kredite müssen Zinsen gezahlt werden, und zwar aus dem laufenden Haushalt. Je nach Zinshöhe summieren sich diese zu vielen Milliarden Euro. Da es außer Frage steht, für diese Zahlungen wiederum Kredite aufzunehmen, wird man also im Bundeshaushalt dafür Raum schaffen müssen. Mit anderen Worten: Man wird an anderer Stelle Ausgaben kürzen müssen", so die Erwartung des STRAUBINGER TAGBLATTS.
Und die TAZ findet: "Schon direkt nach der Wahl war klar, dass die SPD im deutschen Machtspiel als einzig mögliche Juniorpartnerin von Friedrich Merz die Arschkarte gezogen hat. Die nächste Bundesregierung wird wegen des radikalen Kurswechsels der alten Schutzmacht USA tiefgreifende Entscheidungen treffen müssen. Es drohen Aufrüstungszwänge und Verteilungskämpfe, die sich liberale Demokraten in ihren schlimmsten Albträumen nicht hätten vorstellen können. Um auch international sofort finanzielle Handlungsfähigkeit zu demonstrieren, liegt ein Beschluss mit der alten Bundestagsmehrheit näher als lange Verhandlungen mit der neuen", so die Meinung der TAZ und so viel zu diesem Thema.
Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide kommentiert das Einlenken des ukrainischen Präsidenten Selenskyj nach dem Eklat im Weißen Haus und dem Ende der US-Hilfslieferungen an sein Land: "Selenskyj blieb gar nichts anderes übrig, als nur wenige Stunden nach Bekanntwerden dieser Entscheidung demütig zu Kreuze zu kriechen und sich bei Trump und Vance nicht nur zu entschuldigen, sondern auch Bereitschaft zu signalisieren, jedwedes Rohstoffabkommen mit den USA zu unterzeichnen. Trump bekommt seine seltenen Erden, Putin seinen Diktatfrieden. Und Westeuropa ein sehr ernstes Problem. Kremlchef Wladimir Putin hat bereits vor dem Eklat im Oval Office den Amerikanern den Abbau von seltenen Erden im Norden Russlands angeboten. Das unterstreicht die für Westeuropa gefährliche Annäherung des Kreml und Washingtons. Die Botschaft des russischen Präsidenten an seinen US-Kollegen ist ebenfalls ein Deal und lautet: Putin bekommt seinen Teil der Ukraine und Trump im Gegenzug Rohstoffe für die US-Wirtschaft. Und Europa ist raus", bilanziert die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt zum aktuellen Zerwürfnis zwischen Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj: "Wäre es nicht Selenskyjs Pflicht, Trumps Wohlwollen durch Selbsterniedrigung und exzessives Bauchpinseln zurückzugewinnen? Oder besser noch: sein Amt aufzugeben? Könnte Letzteres ein Schritt aus der Sackgasse sein? Nun: nein. Eine scheinbar clevere Lösung würde die Krise womöglich nur beschleunigen. Bei allem Testosteron im Oval Office: Trump will die Ukraine nicht aus Aversion gegen Selenskyj zur Kapitulation zwingen, sondern als Morgengabe an Moskau", vermutet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kommentiert: "Trump will die Ukraine zu einem Friedensschluss mit dem von ihm umgarnten Putin zwingen, im Grunde zu Moskaus Bedingungen. Denn so schnell, wie Trump die amerikanische Waffenhilfe an Kiew stoppen kann, können die europäischen Unterstützer Raketen und andere Munition mangels ausreichender Vorräte und Produktionskapazitäten nicht liefern. Bei der Wiederaufrüstung Europas darf sich die EU nicht von Moskaus Freunden in den eigenen Reihen aufhalten lassen", fordert die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
Die Debatte um eine sehr rasche Wiedereinsetzung der Wehrpflicht in Deutschland hat neue Fahrt aufgenommen. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg meint: "Die Aussetzung der Wehrpflicht wurde 2011 von der Regierung unter Angela  Merkel beschlossen. Auch der Bundesrat stimmte zu, was gern unterschlagen wird. Damals war sich die politische Elite des Landes folglich einig, dass die Verteidigungsfähigkeit eingeschränkt werden kann. Doch in Berlin laufen die Dinge niemals nach Plan. Der Ruf aus der Union nach einer sofortigen Wehrpflicht ist schon deshalb wenig durchdacht, weil seit langem klar ist, dass für die neuen Soldaten weder Unterkünfte noch Ausrüstung  zur Verfügung stehen. Wichtiger wäre ohnehin eine Umstrukturierung der Bundeswehr – hin zu mehr Kampfeinheiten. Hier sollte der Verteidigungsminister zunächst ansetzen, bevor die Wehrpflicht kommt", rät die Magdeburger VOLKSSTIMME.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER bemerkt: "Fragwürdig ist, warum das unpopuläre Thema Wehrpflicht im Wahlkampf keine Rolle gespielt hat. Die Wehrpflicht hat auf den Alltag junger Menschen größere unmittelbare Auswirkungen als die Migrationsfrage. Die Parteien hätten das Thema deshalb bereits im Wahlkampf ansprechen sollen, statt es hinterher aus dem Hut zu zaubern", kritisiert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER, mit dem diese Presseschau endet.