
Die LAUSITZER RUNDSCHAU meint, an dem Treffen könne man ablesen, wie sich - Zitat - "die bestehende Weltordnung so langsam aufzulösen beginnt. Der Chef der Führungsmacht USA hat seine Missachtung für das Treffen der sieben einst größten Wirtschaftsnationen der Welt mehr als deutlich gemacht. Donald Trump zeigte sich nicht nur betrübt darüber, dass Russland wegen der Annexion der ukrainischen Krim seit einem Jahrzehnt nicht mehr mit am Tisch sitzt. Er reiste auch einfach früher aus Kanada ab. Natürlich kann man die Frage stellen, wie repräsentativ die G7-Treffen noch sind. Dennoch stellen sie immer auch eine Selbstvergewisserung des ursprünglichen Westens dar. Vielleicht sind sie gerade dann wichtig, wenn dessen Führungsmacht diesen Konsens infrage stellt", überlegt die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus.
"Die G7 werden nicht länger verbunden durch gemeinsame Werte und auch nur noch punktuell durch gemeinsame Interessen", stellt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG fest: "Treffen wie das in Kanada folgen nur noch zwei Regeln. Erstens: Trump bei Laune halten. Zweitens: Anschließend so tun, als sei alles unter Kontrolle. Nach wenigen Monaten im Amt bewegt sich Trump durch die Trümmerlandschaft seiner dilettantischen Diplomatie. Was ihm bleibt, sind ausgerechnet die klassischen Verbündeten der USA. Die kann er mies behandeln, und sie tanzen trotzdem nach seiner Pfeife. Müssen sie das? Leider ja, jedenfalls bis zu einem gewissen Grad. Die Europäer bleiben bis auf Weiteres auf die Militärmacht und den nuklearen Schutz der USA angewiesen. Europäer, Kanadier, Japaner und wer sich sonst zum Westen zählt, müssen, wo es geht und so lange wie möglich, Trump an Bord halten. Gleichzeitig müssen sie schleunigst Vorkehrungen treffen, ohne die USA nicht unterzugehen", mahnt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die TAGESZEITUNG – TAZ ist überzeugt, Trumps vorzeitige Abreise sei "eine Geste der Macht, die vor allem den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hart trifft. Nach dem Eklat im Weißen Haus Ende Februar sollten Selenskyj und Trump erneut aufeinandertreffen. Der Versuch einer Annäherung nach der Demütigung, eine Möglichkeit, vor dem Nato-Gipfel in der kommenden Woche in Den Haag für Solidarität, Geld und Waffen unter den G7-Teilnehmern zu werben. Trump denkt nicht daran, die ausgestreckte Hand anzunehmen, kostet dieAbhängigkeit Selenskyjs und der Verbündeten genüsslich aus", hält die TAZ fest.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU beobachtet einen gewissen Pragmatismus bei den verbliebenen Gipfel-Teilnehmern: "Wenn man mit Trump wegen seiner überstürzten Abreise nicht wie geplant über das weitere Vorgehen gegen Russland wegen dessen Kriegs gegen die Ukraine sprechen kann, diskutiert das verbliebene Sextett eben mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyi über weitere Schritte. Und wenn man nicht mit dem US-Präsidenten über dessen Strafzölle reden kann, tauscht sich das Sextett darüber aus, ob und wie sie sich gemeinsam dagegen positionieren können und müssen. Nicht nur die verbliebenen G7-Staaten müssen weiter zweigleisig fahren. Sie müssen einerseits mit der Trump-Administration strittige Punkte aushandeln. Und andererseits versuchen, mit anderen Ländern oder gar Staatenbündnissen bei einzelnen Themen voranzukommen. So ist das halt in einer multipolaren Welt", notiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf lobt das Auftreten von Bundeskanzler Merz bei den G7: "Der deutsche Kanzler kann sich insofern auf die Schulter klopfen, als dass der US-Präsident in ihm einen ernstzunehmenden Gesprächspartner sieht. Merz hat seine erste Gipfel-Bewährungsprobe bestanden, er ist gefragt im erlauchten Kreis der Mächtigen. Wahr ist aber auch: Merz hat lernen müssen, dass eine Führungsrolle international mehr ist, als sich mit allen prima zu verstehen und für alles ein offenes Ohr zu haben. In den wichtigen Streitfragen konnte auch der Kanzler nicht die erhofften Lösungen herbeiführen", erinnert die RHEINISCHE POST.
Trotz der vorzeitigen Abreise des US-Präsidenten haben sich die Gipfelteilnehmer auf eine gemeinsame Erklärung zum Krieg zwischen Israel und dem Iran verständigt. Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN halten das für ein – Zitat - "überraschendes Stück Einigkeit - mit der Erklärung aller Teilnehmer, dass Iran 'die Hauptquelle regionaler Instabilität und des Terrors' in der Region sei - zugleich wird Israels Recht auf Selbstverteidigung betont. Was folgt daraus? Der Westen billigt Israels mindestens umstrittenen Schlag gegen Teheran, er setzt das Regime dort weiter unter Druck."
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg übt scharfe Kritik an der Nahost-Erklärung: "Sie ist ein Dokument erschreckender Einseitigkeit. Weil der israelische Überraschungsangriff auf den Iran als Völkerrechtsverstoß darin überhaupt nicht vorkommt! Völlig anders ist das beim Ukraine-Krieg, wo die russischen Völkerrechtsverletzungen jeden Tag hervorgehoben werden. Die G7-Länder flankieren neben dem Stopp der Atomgefahr indirekt das zweite große Ziel dieses Krieges: Den Sturz der Mullahs. Dies könnte ein großer Irrtum sein. Eine Befreiung ausgerechnet durch israelische Bomben – das wäre das letzte, was sich eine selbstbewusste Nation wie die iranische wünschen würde. Der Krieg trägt vielmehr zu wachsendem Hass auf Israel im Nahen Osten bei", fürchtet die VOLKSSTIMME.
Ähnlich sieht es die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Israels Angriffe führen möglicherweise zu einem Schulterschluss zwischen der Bevölkerung und den Machthabern. Das liegt daran, dass Israel den wenigsten als vertrauenswürdiger Akteur gilt. Nach dem beispiellosen Terrorangriff der Hamas hatte Ministerpräsident Netanjahu angekündigt, man werde die Region neu ordnen. Aber wie sieht dieses neue Gesicht der Region aus, unter militärischer Dominanz Israels? Westliche Partner des Landes glauben gern den Beteuerungen israelischer Diplomaten und Militärs, die von Sicherheitsrisiken und Terrorgefahren sprechen, gegen die man vorgehen müsse. Auch das ist einerseits richtig. Das Militär erhält seine Befehle allerdings von der Regierung, und die wird seit Jahren zunehmend auch von jüdisch-messianischen Ideologen dominiert. Sicherheitspolitische und ideologische Motive und Ziele vermischen sich dadurch immer stärker", hält die F.A.Z. fest.
"Ein Krieg gegen das Mullah-Regime birgt Risiken", räumt auch die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG ein, gibt aber zu bedenken: "Weit risikoreicher für den Weltfrieden wären jedoch Atombomben in den Händen der Extremisten. Das Mullah-Regime stand kurz davor, in den Besitz nuklearer Waffen zu gelangen, allen Verhandlungen, Sanktionen und UN-Inspektionen zum Trotz. Ein atomares Wettrüsten im Nahen Osten wäre die Folge. Und vor allem müsste Israel um seine Existenz fürchten. Dagegen will Israel nicht den Iran vernichten, sondern nur das Atomprogramm. Im besten Fall wird das Machtsystem der Mullahs so sehr geschwächt, dass sich die iranische Opposition zum Sturz des Unrechtsregimes erhebt. Es gibt deshalb nicht wenige Iraner, die Israel heimlich die Daumen drücken", vermutet die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Der MÜNCHNER MERKUR überlegt, welche Pläne US-Präsident Trump mit Blick auf den Krieg haben könnte: "Seine theatralisch überstürzte Abreise vom G7-Gipfel in Kanada, die apokalyptisch klingende Warnung an die Bewohner Teherans, umgehend die Stadt zu verlassen: All das muss in den Ohren der iranischen Mullahs bedrohlich klingen – und genau das soll es wohl auch. Glaubten die Machthaber in Teheran bis jetzt, vor einem Kriegseintritt der USA einigermaßen sicher zu sein, so zielen Trumps neue Drohgebärden offenbar darauf, diese Gewissheit zu zerstören und die Ayatollahs doch noch zu einem Verzicht auf die Atombombe zu bewegen." Das war ein Kommentar aus dem MÜNCHNER MERKUR, mit dem die Presseschau endet.