18. August 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Das dominierende Thema auf den Kommentarseiten ist der Ukraine-Gipfel von US-Präsident Trump und Russlands Staatschef Putin in Alaska.

US-Präsident Trump (rechts) und Russlands Präsident Putin (links) stehen sich gegenüber und blicken sich an.
Russlands Präsident Putin mit US-Präsident Trump (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Julia Demaree Nikhinson)
Dazu schreiben die NÜRNBERGER NACHRICHTEN: "Selten war so klar, wer der Sieger eines Gipfeltreffens ist: Putin kann nach dem pompös inszenierten und minimalst ertragreichen Treffen in Anchorage rundum triumphieren. Er hat alles erreicht, was er wollte - und noch mehr. Weil Trump ihn - man kann es kaum anders sagen - anhimmelt."
Ähnlich die Einschätzung der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG: "Trump sprach Putin zwar noch nicht gleich die vom Kreml beanspruchte Kriegsbeute in der Ukraine zu, was die Europäer dem das Ukraineproblem satthabenden Präsidenten durchaus zugetraut hatten. Der mit internationalem Haftbefehl gesuchte Kriegsherr aus dem Kreml konnte dennoch höchst zufrieden heimfliegen, was ihm auch anzusehen war. Trump hofierte den Paria Putin vor den Augen der Welt, als hätte der Russe ihm die Krim mit ihren vielen schönen Grundstücken am Meer geschenkt. Von den Sanktionen, die Trump Putin ultimativ für den Fall angedroht hatte, dass der einem Waffenstillstand nicht zustimmt, war wie auch von der Waffenruhe keine Rede mehr. Auch die Käufer russischen Öls haben weiterhin nichts zu befürchten. Putin kann und wird weiterhin die Ukraine bombardieren lassen, was er auch tat, während er in Alaska Trump erklärte, Russen und Ukrainer seien ein Volk", konstatiert die FAZ.
Dass Trump in Alaska Putin zur Begrüßung applaudierte, entsetzt die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf, die an den Eklat bei Selenskyjs Besuch vor einigen Monaten im Weißen Haus erinnert: "Demütigung für das Opfer, Applaus für den Angreifer – was für eine verkehrte Welt."
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG kommentiert: "Die einzig gute Nachricht von Anchorage war: dass die beiden Männer nicht gleich einen Pakt besiegelt haben, um der Ukraine einen Diktatfrieden aufzuzwingen und Europa vor vollendete Tatsachen zu stellen. Putin ist geduldig, er kann damit leben. Für ihn markierte der Gipfel von Alaska ohnedies einen ganz und gar unwahrscheinlichen Triumph. Er, der geächtete Kriegsverbrecher, hofiert vom mächtigsten Mann der Welt. Nicht nur für die Menschen in der Ukraine, seit dreieinhalb Jahren Opfer des Putinschen Terrors, müssen die Bilder aus Anchorage eine Qual gewesen sein. Für jeden, der daran glaubt, dass es ein Verbrechen bleibt, Nachbarländer zu überfallen und Grenzen gelten sollten. Anchorage wird in die Geschichte eingehen als Schauplatz deprimierender Ruchlosigkeit", unterstreicht die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
In der TAGESZEITUNG - TAZ - heißt es: "Die Bedeutung des Treffens zwischen Trump und Putin liegt nicht in den öffentlichen Belanglosigkeiten, die die Präsidenten der USA und Russlands auf der Pressekonferenz im Anschluss von sich gaben. Sie liegt im Ereignis an sich: ein Schulterschluss zwischen zwei Staatschefs, die sich beide für die mächtigsten auf dem Planeten halten und deren gemeinsames Interesse darin besteht, die Welt des Jahres 2025 in die Zeit zurückzusetzen, als die USA und die Sowjetunion die beiden einzigen Supermächte waren."
CICERO aus Berlin bezeichnet den Alaska-Gipfel als "Fehlschlag" und führt aus: "Schon Trumps Minimalziel, eine Beendigung des Sterbens in dem Krieg durch die Vereinbarung eines Waffenstillstands, wurde nicht erreicht. Für Putin war offensichtlich dieser Punkt angesichts des Vorrückens und der Erfolge der russischen Streitkräfte nicht akzeptabel. Er gewinnt damit Zeit für weitere Eroberungen. Deshalb ist auch der Punkt, auf den Kanzler Merz am Samstagabend abhob, dass Putin nämlich bei den Verhandlungen über territoriale Fragen nicht von den bereits erfolgten Annektierungen, sondern vom tatsächlichen Verlauf der Kontaktlinie ausgehe, möglicherweise wenig relevant“, fürchtet CICERO.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz hat nur noch wenig Hoffnung für die Ukrainer: "Ohne Gebietsabtretungen an Putin wird die Ukraine am Ende aber offenbar keinen Frieden bekommen. Wenn die Ukraine und Europa nachhaltige Sicherheitsgarantien von Putin und den USA erhalten, sind territoriale Zugeständnisse der Ukraine möglicherweise nicht mehr abzuwehren."
"Die Idee der Sicherheitsgarantien klingt zunächst einmal nicht schlecht", wendet der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER ein: "Die USA und eine europäische Koalition der Willigen bieten der Ukraine künftig einen Schutz, der an die Beistandsverpflichtung des Artikel 5 des NATO-Vertrages angelehnt ist, ohne dass die Ukraine tatsächlich NATO-Mitglied wird. So hätte das Land künftig mächtige Bündnispartner zur Landesverteidigung und Putin einen gesichtswahrenden Ausweg, bei dem er verkünden könnte, das weitere Heranrücken des verhassten Verteidigungsbündnisses an Russland verhindert zu haben."
Das STRAUBINGER TAGBLATT rechnet mit einer neuen Offensive der russischen Armee: "In Alaska hat Putin bekommen, was er unbedingt wollte: Zeit für seine Soldateska, den Angriffskrieg Kilometer für Kilometer tiefer auf ukrainisches Territorium zu tragen. Seit Wochen verdichten sich die Anzeichen, dass Russland mit zwei frischen Divisionen noch im Herbst die Abwehrfront durchbrechen will."
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE lobt den Einsatz des Bundeskanzlers: "Nicht zuletzt Friedrich Merz hat vor dem Alaska-Treffen entscheidend dazu beigetragen, dass Europas Stimme zumindest gehört wurde. Zwei Punkte verdeutlichen dies: Trump hat die Warnung der Europäer offenbar ernst genommen, die russischen Eroberungen kurzerhand anzuerkennen. Gleichzeitig sprach er nach dem Treffen mit Putin in einer Telefonschalte davon, dass sich die USA nun doch an robusten, also militärischen Sicherheitsgarantien für die Ukraine beteiligen könnten."
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG ist vom Ausgang des Alaska-Gipfels nicht überrascht und erinnert an Trumps vorherige Gipfeltreffen: "2018, Trump trifft Xi Jinping. Das Gipfeltreffen wird als Neuanfang der Handelsbeziehungen beider Länder angekündigt und soll einen jahrzehntelangen Streit beenden. Man einigt sich auf weitere Gespräche, ansonsten ändert sich nichts. Ein Jahr später trifft er den israelischen Premier Netanjahu. Sein 'Deal des Jahrhunderts' soll nicht weniger als den Nahostkonflikt beenden. Dass der nicht beendet wurde, erklärt sich von selbst. 2025, Trump stellt Putin ein Ultimatum - und lädt ihn nach Alaska ein. Er könne den Krieg 'innerhalb von 24 Stunden beenden', hatte Trump im Wahlkampf immer wieder versprochen. Nur gemacht hat er es nicht. Und es ist ihm, wenig überraschend, auch diesmal nicht gelungen. Der US-Präsident inszeniert immer eine große Show und stellt großspurig Forderungen, nur, um im letzten Moment doch zurückzuziehen. Putin dürfte das gewusst haben. Die Einladung zurück auf das diplomatische Parkett nahm der dankbar an. Trump liefert gute Bilder, mehr aber nicht. Und auf denen sehen auch Diktatoren, Kriegstreiber und Autokraten gut aus", klagt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz blickt auf den für heute geplanten Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj zusammen mit europäischen Spitzenpolitikern in Washington: "Trump ist auf eine beunruhigende Weise von Putin fasziniert. Er beneidet ihn um seine von lästiger demokratischer Kontrolle befreite Macht, die eiskalte Ruchlosigkeit und die enormen Bodenschätze seines Landes. Derweil manipuliert der gelernte KGB-Offizier den instabilen Narzissten meisterhaft. So ist der US-Präsident längst nicht mehr der Anführer einer wertegeleiteten westlichen Welt. Diese brutale Realität sollte man in Europa besser heute als morgen verinnerlichen. Dass Merz und andere Regierungschefs und -chefinnen den ukrainischen Präsidenten ins Weiße Haus begleiten, ist ein kluger Schachzug. Im Kern scheint Trump mit Putin einig, dass die Ukraine als Preis für ein Ende des Tötens erhebliche Gebiete abtreten muss. Die Gefahr eines Diktatfriedens ohne wirkliche Sicherheit liegt auf der Hand. Ein knallharter Machtpoker hat begonnen. Und das Ass hält bislang Putin im Ärmel", betont die FREIE PRESSE zum Ende der Presseschau.