08. September 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute mit Stimmen zur Klausurtagung des SPD-Bundesvorstands in Berlin. Anderes Thema ist der Rücktritt des japanischen Ministerpräsidenten Ishiba. Zunächst geht es um einen weiteren russischen Angriff auf die Ukraine.

Über der Skyline von Kiew steigt Rauch auf, im Vordergrund: Löscharbeiten an den zerstörten Fassaden von Wohnblocks.
Die jüngsten Entwicklungen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind ein Thema in den Zeitungskommentaren. (imago / ZUMA Press Wire / Svet Jacqueline)
Die STUTTGARTER NACHRICHTEN sind der Ansicht, die größte Luftattacke seit Kriegsbeginn stehe... "...für die totale Menschenverachtung, mit der Russland seinen Angriff auf die Ukraine vorantreibt. Es liegt in der Logik dieses Vorgehens, dass Stromversorgung und Heizkraftwerke an der Schwelle zur kalten Jahreszeit wieder zu besonders häufig beschossenen Zielen werden. Die brutale Rücksichtslosigkeit trifft auch die eigenen Leute. Ausbildungszeiten von kaum mehr als drei Wochen für russische Soldaten vor dem Fronteinsatz untermauern diesen Befund. Russische Propaganda, es gehe in der Ukraine um Schutz vor der NATO, fällt in Deutschland noch immer auf erschreckend fruchtbaren Boden. Wer genau hinsieht, weiß es besser", vermerken die STUTTGARTER NACHRICHTEN.
Die Zeitung DIE WELT hebt hervor, die ukrainische Luftwaffe zählte allein "805 Kampfdrohnen, von denen sie nach eigenen Angaben nur 751 abfangen konnte – die schiere Masse überforderte die Ukraine, mit tödlichen Folgen. Dazu dann die Bilder von einem brennenden Regierungsgebäude in Kiew, eine aus russischer Sicht gelungene Machtdemonstration. Warum Putin so brutal eskaliert? Weil er es kann. Der russische Autokrat hat gelernt, dass der Westen halbherzig reagiert, dass auch eine aus 26 Ländern bestehende 'Koalition der Willigen' die Kraft vornehmlich auf dem Papier entfaltet, nicht auf dem Kriegsschauplatz. Und dass eine gute Miene bei hochtrabenden Trump-Gipfeln ausreicht, um diese mit schönen Bildern, aber ohne zählbare Friedenserfolge verlassen zu können", schreibt DIE WELT.
Die Ukraine habe zwar viele Opfer zu beklagen, betont DIE RHEINPFALZ aus Ludwigshafen, aber es... "... gelingt ihr immer besser, Russland dort zu treffen, wo es Putin besonders weh tut: bei der russischen Ölindustrie, insbesondere bei den Raffinerien. Das führt dazu, dass Benzin knapp wird und Russland Einnahmen fehlen, die Putin dringend zur Finanzierung des Krieges braucht. Chancen auf ein Ende des Krieges werden sich wahrscheinlich erst dann eröffnen, wenn Putin den Eindruck bekommt, dass sich die Fortsetzung des verlustreichen Krieges für ihn nicht lohnt", schätzt DIE RHEINPFALZ.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) verlangt: "Es wird Zeit, den Druck auf den Kremlchef spürbar zu erhöhen. Der größte Hebel, den Europa hat, ist das eingefrorene Vermögen der russischen Zentralbank. Die entsprechenden Zinszahlungen, 1,6 Milliarden Euro, fließen schon an die Ukraine. Warum nicht auch das Vermögen, mindestens 210 Milliarden Euro, verwenden – zumindest bis Putin an den Verhandlungstisch kommt? Ja, die Europäische Zentralbank warnt vor diesem Schritt. Aber: Die Befürchtung, dass internationale Akteure dem europäischen Finanzmarkt deswegen das Vertrauen entziehen würden, ist angesichts der weltpolitischen Lage übertrieben. Wo soll das Geld denn sicherer sein? In den USA, wo die reichsten Männer der Welt aus Angst vor dessen Launen den Ring des Präsidenten küssen? In China, wo es noch nicht einmal eine unabhängige Justiz gibt?", fragt DIE MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Themenwechsel. Der SPD-Bundesvorstand berät auf einer Klausurtagung in Berlin über Weichenstellungen für die kommenden Monate. Mit Blick auf die beiden Ko-Vorsitzenden findet die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf: "Klingbeil und Bas müssen nun zeigen, ob sie die SPD so modernisieren können, dass sich die Mitte wieder angesprochen fühlt. Den Staat und das Sozialsystem mit Bedacht reformieren, drunter wird es kaum gehen, wenn die Partei nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden soll. Klingbeil stellte die Begriffe 'Wachstum und Gerechtigkeit' in den Mittelpunkt der Klausur des neu gewählten Parteivorstands. Arbeitsplätze müssten absoluten Vorrang haben. Richtig, aber dann dürfen diese auch nicht unbezahlbar werden. Womit man wieder bei den anstehenden Sozialreformen wäre: Die SPD wird sich davon verabschieden müssen, es allen Recht machen zu wollen", erwartet die RHEINISCHE POST.
"Die Umfragen für die SPD sind wie eingefroren", konstatiert die SÜDWEST PRESSE aus Ulm: "Wenn sich doch einmal ein bisschen bewegt, geht es von 13 auf 14 oder 15 Prozent oder eben auch umgekehrt. In Sachsen-Anhalt ist man bei 7 Prozent angelangt. Hier verlangt die Partei von der Führung in Berlin eine Strategie für den Osten. Zuletzt hat dort nur noch die Personenwahl in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern funktioniert. Das Motto: Wählt jemanden an die Spitze des Landes, obwohl er in der SPD ist! Die Partei hat auch kein Konzept für den Westen. In NRW droht bei der Kommunalwahl das nächste Debakel. Daran werden auch die Klausuren von Parteivorstand und Bundestagsfraktion in diesen Tagen nichts ändern. Arbeiter und Angestellte wenden sich von den Sozialdemokraten ab. Junge Wähler, wenn sie nicht ganz rechts wählen, setzen eher auf die Linken als auf die stets kompromissbereiten Sozis", glaubt die SÜDWEST PRESSE.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU empfiehlt der Partei: "Ein Zurück zu Gerhard Schröder sollte sich für die SPD schon wegen seiner unappetitlichen Nähe zum russischen Kriegsherrn Wladimir Putin verbieten. Aber auch ein Zurück zur Agenda-Politik wäre ein fataler Fehler. Zwei Jahrzehnte hat die SPD gebraucht, um sich von den Verwerfungen halbwegs zu erholen, die die 2003 beschlossene und 2005 in Kraft getretene 'Agenda 2010' mit sich brachte. Wenn die SPD schon eine neue 'Agenda' plant, dann sollte sie wenigstens inhaltlich diesmal ein klar sozialdemokratisches Profil haben. Wie wäre es mit einer 'Agenda gegen Armut', einer 'Agenda für eine stärkere Besteuerung hoher Einkommen' oder gar einer 'Agenda für Klimaschutz'? Das wäre einer SPD würdig, die sich von Gerhard Schröder emanzipiert hat", bemerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die SAARBRÜCKER ZEITUNG gibt zu bedenken: "Wenn die Wirtschaft angekurbelt werden soll, braucht es eine bessere Stimmung im Land, das war Lars Klingbeils Analyse bereits vor der Wahl. Wenn diese Regierung nicht vor Ablauf der Wahlperiode platzen soll, dann werden Union und SPD deutlich mehr liefern müssen als Lippenbekenntnisse."
Nun nach Japan, wo Ministerpräsident Ishiba seinen Rücktritt angekündigt hat. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vermutet: "Die Stimmung in seiner LDP war einfach zu sehr gegen ihn, nachdem die Regierungspartei zuletzt sowohl im Unter- als auch im Oberhaus die absolute Mehrheit verloren hatte. Die LDP hatte eigentlich vor, an diesem Montag Abgeordnete und Basis darüber abstimmen zu lassen, ob es eine vorzeitige Wahl um den Vorsitz geben soll. Aber in den Umfragen zeichnete sich der Trend zum Ja schon ab. Dieses Ja wäre einem Misstrauensvotum gleichgekommen, Ishiba verstand das Zeichen. Und nun? Rettung? Freude? Aufbruch? Wohl kaum. Das einzige asiatische G-7-Mitglied sucht den vierten Premier in fünf Jahren. In diesen unruhigen Zeiten ist das kein gutes Zeichen. Und Japans Probleme sind so ungelöst wie zuvor", bilanziert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hebt hervor, der Wahlerfolg einer rechtspopulistischen Partei habe letztlich dazu beigetragen, dass Japans Ministerpräsident zurücktreten musste: "Auch Ishibas Nachfolger wird es mit Trump zu tun bekommen, der für Japan ähnlich problematisch ist wie für Europa: Auf der einen Seite braucht das Land den US-Präsidenten zur Abschreckung Chinas, auf der anderen Seite wird es als Exportland von dessen restriktiver Handelspolitik getroffen. Das ist zugleich eine Vorausschau darauf, wie die Welt aussähe, sollte sich der Trend zu rechtspopulistischen Regierungen fortsetzen. Die Möglichkeiten für internationale Zusammenarbeit werden geringer, die Nationen sind wieder mehr auf sich gestellt", analysiert die F.A.Z., mit der diese Presseschau endet.