30. September 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Diesmal mit einer ersten Bilanz zur Cannabis-Legalisierung und einem Blick nach Nordrhein-Westfalen, wo in vielen Städten und Kommunen Stichwahlen stattfanden. Zunächst aber geht es um die Parlamentswahl in Moldau.

Maia Sandu, Präsidentin der Republik Moldau, trägt zur Stimmabgabe bei den moldauischen Parlamentswahlen einen blauen Blazer und hat gelbe Blumen in der Hand.
Maia Sandu, Präsidentin der Republik Moldau, hat die Parlamentswahl erneut gewonnen (picture alliance / Anadolu / Diego Herrera Carcedo)
Gewonnen hat die pro-europäische Regierungspartei "Aktion und Solidarität", PAS. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg betrachtet die Umstände der Abstimmung: "Russland hatte einmal mehr alle legalen und illegalen Mittel eingesetzt, um die Moldauer auf seine Seite zu ziehen. Doch Moskau hat diesmal den Kürzeren gezogen. Auf die Europäische Union kommen somit weitere Verpflichtungen zu. Die Moldauer müssen merken, dass die EU für sie einen Mehrwert bedeutet. Das wird Brüssel einiges kosten. Größtes Hindernis auf dem Weg in die Gemeinschaft bleibt aber Russland. Bei vielen Moldauern ist der verklärte Blick fest auf den großen Nachbarn gerichtet, mit dem man einst in der Sowjetunion zusammenlebte. Die pro-russischen Proteste nach der Wahl werden nicht die letzten gewesen sein", prophezeit die VOLKSSTIMME.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU sieht weder für die PAS noch für die EU-Partner Anlass für Triumphgefühle oder Selbstzufriedenheit: "Mit Durchschnittsrenten von etwas über 200 Euro haben viele ältere Menschen in der Republik Moldau Probleme, über die Runden zu kommen – und bleiben für populistische Heilsbotschaften empfänglich. Wichtig wäre auch, dass die europäischen Partner ihren vollmundigen Solidaritätsbekundungen im Wahlkampf nun auch bald Taten folgen lassen: Denn von enttäuschten Hoffnungen verstehen nicht nur in der Republik Moldau EU-skeptische und prorussische Kräfte am meisten zu profitieren", warnt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die TAGESZEITUNG - TAZ - spricht von einer guten Nachricht für Europa, denn "was passiert, wenn demokratiefeindliche Kräfte an die Macht kommen, zeigt sich in Georgien. Tbilissi, wie Moldau seit 2022 EU-Beitrittskandidat, hat den Weg in Richtung Westen längst verlassen. Auch in der Ukraine dürfte der Wahlausgang mit Erleichterung registriert worden sein. Angesichts von Russlands Angriffskrieg kann Kiew einen weiteren feindlich gesinnten Nachbarn nicht gebrauchen", argumentiert die TAZ.
Nach Einschätzung des Magazins CICERO ist die Position des russischen Präsidenten Putin durch den Wahlausgang in Moldau geschwächt: "Bereits Anfang August hatte er ohnmächtig hinnehmen müssen, dass die Präsidenten der beiden Erbfeinde Armenien und Aserbaidschan ausgerechnet im Weißen Haus in Gegenwart von Donald Trump ein Abkommen unterzeichnet haben, das nicht nur ihren generationenalten Konflikt lösen soll, sondern überdies den Amerikanern die Beteiligung an Pipelines für die Versorgung Europas erlaubt, die Russland umgehen. Damit droht Moskau, die Kontrolle über den Transkaukasus zu verlieren", schreibt CICERO aus Berlin.
Nach Nordrhein-Westfalen. Die dortigen Stichwahlen in vielen Städten und Kommunen am vergangenen Sonntag sind bundesweit ein Thema. DIE GLOCKE aus Oelde erläutert: "Wenn die Landes- und Bundespolitik eine Lehre aus der Kommunalwahl mitnehmen will, dann ist es die Erkenntnis, dass bei vielen Wählern nicht mehr Ideologie und das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Partei ausschlaggebend sind. Stattdessen stellen sich die Bürger bei jeder Wahl neu die Frage, welcher Partei sie die Lösung drängender Probleme am ehesten zutrauen. CDU- und SPD-Politiker haben in NRW gezeigt, dass sie der AfD das Wasser abgraben können, wenn sie pragmatische Politik machen, die den Alltag der Menschen verbessert", konstatiert DIE GLOCKE.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE fasst zusammen: "Aufatmen bei den anderen Parteien im tiefen Westen, Aufatmen auch in deren Zentralen in Berlin. Wer die Zahlen richtig liest, wird dennoch zu dem Schluss kommen müssen, dass sich die Alternative für Deutschland in Westdeutschland etabliert hat. Auch im Westen ist die Unzufriedenheit derart massiv, dass immer mehr Wähler ihr Kreuz bei der AfD setzen."
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN weisen darauf hin, dass in vielen Stadt- und Kommunalräten jetzt auch etliche AfD-Vertreter sitzen: "Wie unter diesen Umständen Brandmauern aufrechterhalten werden können, wird zu beweisen sein. Daran ändert auch die wirklich gute Nachricht nach den Stichentscheiden in NRW nichts: Der AfD blieb es verwehrt, eines der großen Rathäuser zu erobern. Mitmischen werden die Rechtspopulisten dort trotzdem, denn ihre großen Fraktionen lassen den bisherigen Kurs des Ignorierens nicht länger zu", mutmaßen die NÜRNBERGER NACHRICHTEN.
Der Berliner TAGESSPIEGEL nimmt den Wahlausgang in Dortmund unter die Lupe. In der seit fast 80 Jahren von der SPD regierten Stadt hat der CDU-Kandidat den Posten des Oberbürgermeisters in der Stichwahl gewonnen: "Die SPD war im Ruhrgebiet über eine so lange Zeit deshalb so erfolgreich, weil sie als Schutzmacht der 'kleinen Leute' agierte. Im Pott waren die Genossen meistens bürgernahe, pragmatische Anpacker, mit klarer Sprache, verankert in Gewerkschaften, Sport, Vereinen. Theoretische, akademische und ideologische Debatten waren ihnen zuwider. Genau das ist der SPD verloren gegangen, deshalb ist ihre Niederlage in Dortmund kein lokales Phänomen, sondern ein Menetekel für die gesamte Sozialdemokratie", urteilt der TAGESSPIEGEL.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG blickt von Dortmund nach Teltow in Brandenburg. Auch dort hat die CDU die SPD in der Regierung abgelöst: "Ebenfalls nach sehr langer Zeit, 24 Jahren. Klar, bei 28.000 Einwohnern ist das kein Riesenthema. Aber etwas Großes passiert hier im Kleinen durchaus: Teltow ist nämlich einer der wenigen Gewinne, den überhaupt eine Partei in diesen Wahlen einfahren konnte. Wenn es um konkrete Politik am Ort geht, um Schulen, Verkehr, Gesundheit, ein Kulturangebot, vertrauen immer mehr Menschen offenbar vor allen solchen Kandidaten und Kandidatinnen, die selbst keiner Partei trauen. Es zeigt, wie sehr die Partei als Organisationsform der Demokratie bereits in der Krise ist", analysiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG beleuchtet einen Evaluationsbericht zur Teillegalisierung von Cannabis: "Der Schwarzmarkt sei noch nicht verdrängt worden, heißt es. Das muss angesichts der kurzen Zeit noch nicht viel heißen. Aber es bestätigen sich bereits die Befürchtungen angesichts des wirren Cannabis-Ampel-Gesetzes. Das Konzept der Clubs funktioniert nicht. Und durch die Möglichkeit zum legalen Eigenanbau, dessen Grenzen kaum zu kontrollieren sind, gibt es eine Vervielfachung der Quellen für illegale Weitergabe. In der reinen Theorie würde nur eine vollständige Liberalisierung den illegalen Handel austrocknen. Aber die wäre aus Gründen des Gesundheits- und vor allem des Jugendschutzes die völlig falsche Konsequenz", ist die F.A.Z. überzeugt.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU zählt einige Schwächen der Gesetzgebung auf: "So können die Anbau-Clubs die Menge des benötigten Cannabis gar nicht bereitstellen, weil die Genehmigungsverfahren zur Eröffnung solcher Einrichtungen absurd kompliziert sind. Gedeckt wird der Bedarf durch sogenanntes medizinisches Cannabis. Schließlich weisen die Gutachter darauf hin, dass der legale Eigenanbau regelmäßig mehr Cannabis-Blüten ergibt als die erlaubten 50 Gramm. Weshalb das geerntete Gras sehr häufig verschenkt oder für wenig Geld verkauft wird. Das alles sind Punkte, die eine Überarbeitung des Gesetzes zwingend notwendig machen", findet die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus.
Für den REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER kommt die aktuelle Bilanz deutlich zu früh: "Auch wenn ein ideologischer Schnellschuss manchem Unionspolitiker gut ins konservative Portfolio passen würde, ist es sinnvoll, den Joint jetzt nicht gleich wieder ins Korn zu werfen. Die Regierung sollte und kann noch abwarten, ob das legale System das illegale sukzessiv verdrängen kann. Denn der wichtigste und wohl belastbarste Punkt aus der jetzt veröffentlichten Bilanz ist, dass die Legalisierung die Situation nicht verschlimmert hat." Mit diesem Auszug aus dem REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER endet die Presseschau.