04. Oktober 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert wird unter anderem die Ankündigung der Unionsfraktion, die Beratung im Bundestag zum geplanten neuen Wehrdienstgesetz zu stoppen. Doch zunächst geht es um die Rede von Bundeskanzler Merz beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in Saarbrücken.

Bundeskanzler Friedrich Merz spricht beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in Saarbrücken.
In den Kommenaren geht es u.a. um die Rede von Bundeskanzler Merz (CDU) beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in Saarbrücken. (AFP / JEAN-CHRISTOPHE VERHAEGEN)
Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG aus Essen erläutert: "Auf saarländischem Boden, der so oft Spielball kriegerischer Mächte war, beschwor er die Einheit Europas. Ein wichtiges Bekenntnis, das Frankreichs Staatspräsident mit Beifall quittierte. Diese Einheit ist tatsächlich lebensnotwendig, für West wie Ost. Was der Kanzler nicht lieferte, war eine 'Ruck-Rede' à la Roman Herzog, die mancher erwartet hatte und die mit Leidenschaft die skeptische Stimmung dreht, die Schwarz-Rot immer deutlicher entgegenschlägt. Friedrich Merz sagte deutlich, an welchen Prinzipien des gesellschaftlichen Zusammenlebens er festhalten will. Alles daran war richtig und reizte nicht zum Widerspruch. Aber sein Satz 'Wir müssen uns mehr anstrengen' blieb eher leere Formel als konkreter Appell", urteilt die W.A.Z.
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG findet: "Viele Diagnosen des Bundeskanzlers sind richtig: Es fehlt an Einigkeit, Kompromissfähigkeit und Aufbruchsgeist. Wenn Merz sagt, Verantwortung liege nicht nur bei der Politik, sondern bei allen, stimmt auch das. Doch der Appell an die Gesellschaft hätte bessere Chancen, auf offene Ohren zu treffen, ginge die Bundesregierung selbst mit einem besseren Beispiel voran. Die Lage ist doppelt vertrackt: Äußere Bedrohungen schwächen die innere Einigkeit. Dabei brauchen wir genau diese Einigkeit, um nach außen standfest zu sein", unterstreicht die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG glaubt: "Merz will die Deutschen am Feiertag nicht mit Details belasten. Er will 'Neues wagen', ohne das Neue zu beschreiben. Stattdessen setzt er auf Gefühle: Ein positiver Geist setze Kraft frei, während Larmoyanz nur Energie vergeude. Der Kanzler gibt sich als väterlicher Motivator, der eine beherzte Leistung abrufen will – nicht, indem er vor der Düsternis warnt, sondern indem er Chancen beschwört. Dabei wirbt Merz allerdings für Reformen, die schon in seiner Koalition aus Union und SPD umstritten sind – etwa bei Bürgergeld, Klimaschutz und Wehrpflicht. Und so bleibt auch offen, wie Merz jenseits seiner Regierung das ganze Land versöhnen will", bilanziert die SZ.
Mit einem Punkt in seiner Rede habe Merz völlig ins Schwarze getroffen, findet die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf: "Er plädiert für mehr Vertrauen ineinander. Aus dem Misstrauensmodus heraus, in einen Vertrauensmodus hinein. Eine Gesellschaft, die sich mehr Freiheiten einräumt im Rahmen der rechtsstaatlichen Regelungen. Es ist ein Plädoyer, das man auf viele Bereiche übertragen kann und muss. Auf die Wirtschaft, auf die Gesellschaft, auf das Miteinander. Das Land hat sich so sehr reguliert, dass die viel beschworene Freiheit manchmal schon an der eigenen Wohnungstür endet. Die überbordende Bürokratie ist ein Beispiel dafür, an anderer Stelle aber, etwa beim Ausnutzen von Sozialleistungen, steht der Staat vergleichsweise hilflos da. Diesen Widerspruch aufzulösen, ist eine der vorrangigen Aufgaben dieser Regierung", ist sich die RHEINISCHE POST sicher.
Der Berliner TAGESSPIEGEL resümiert die Ansprache des Kanzlers wie folgt: "Bis auf Bürokratieabbau, Digitalisierung, die zuletzt auf den Weg gebrachte Modernisierungsagenda, bleibt Merz auch jetzt die konkreten Ansagen schuldig. Zusammengenommen mit der vorhersehbaren Aufforderung des Kanzlers, alle müssten sich jetzt mehr anstrengen, wäre es verwunderlich, der Appell würde nicht bleiben, was er ist: ein Appell. Kein Ruck. Merz hätte an diesem Tag der Deutschen Einheit unter Beweis stellen können, warum das Land ihm den Aufbruch zutrauen und ihm dabei folgen sollte. Doch dafür hätte er ein Gefühl erzeugen müssen. Der Kanzler wünscht sich Bewegung. Doch er bewegt nicht." Soweit der TAGESSPIEGEL und so viel zu diesem Thema.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG geht auf die Sichtungen von Drohnen rund um den Münchner Flughafen ein und fragt, war das "ein Liebesgruß aus Moskau zum Tag der Deutschen Einheit? Zuzutrauen wäre es Putin, der auch in Deutschland genug Agenten hat. Der Kreml will mit seinen Grenzüberschreitungen nicht nur die Fähigkeit und den Willen des Westens testen, sich zu verteidigen; dass der bei der Drohnenabwehr noch nicht viel zu bieten hat, weiß Moskau schon. Putin geht es auch darum, die Fähigkeit und den Willen zur Unterstützung der Ukraine zu schwächen. Wenn die Europäer selbst eine Luftabwehr gegen Drohnen, Raketen und Flugzeuge aufbauen müssen, steht weniger Geld und Material für den ukrainischen Abwehrschirm zur Verfügung. Putins Provokationen zielen auf die Kassen der Europäer, aber auch auf deren Köpfe. Er versucht Angst und Schrecken zu verbreiten in der Hoffnung, dass dann die Stimmen noch lauter werden, die schon jetzt mehr oder minder offen fordern, ihm doch in Stalins Namen die Ukraine zu überlassen", schreibt die F.A.Z.
Die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Ravensburg hebt hervor, Bayerns Ministerpräsident Söder wolle nun "die Polizei ermächtigen, Drohnen abzuschießen. Fachlich ist das riskant, politisch jedoch konsequent. Denn die jüngsten Vorfälle haben gezeigt, wie verwundbar Deutschland gegenüber hybriden Bedrohungen ist. Die Defizite sind offensichtlich: Unklar ist, ob die Bundeswehr Drohnen wirksam abwehren könnte und wie die Zusammenarbeit mit Bundes- und Länderpolizei funktionieren soll."
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) nennt Beispiele: "Heute fahren Schiffe mit heruntergelassenem Anker durch die Ostsee und reißen unentdeckt Kommunikationskabel kaputt. Aus dem Nirgendwo der Nacht tauchen Drohnenschwärme über Militäreinrichtungen in Westeuropa auf und ziehen stundenlang ungestört ihre Runden. Hacker dringen in Computernetzwerke ein und legen Stadtwerke oder Flughäfen lahm. Und Raketen landen – aus Versehen oder gezielt – auf NATO-Territorium. Das Heimtückische an dieser Ungleichheit liegt auch darin, dass Russland die Gewalt über die Eskalationsstufen besitzt. Es weiß einerseits, wie schwach die NATO in der Drohnenfrage ist, und nutzt das weidlich aus", schätzt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN mahnen: "Deutschland darf jetzt nicht - wie so oft - naiv reagieren: Niemand, kein Hobbypilot und erst recht kein fremdes Land, hat das Recht, unsere Flughäfen mit Drohnen zu überfliegen. Es braucht jetzt schnell eine starke und einheitliche juristische Grundlage, um diesen Spuk mit allen technischen und - wenn nötig - auch militärischen Mitteln zu beenden."
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG beschäftigt sich mit der Ankündigung der Unionsfraktion, die erste Beratung im Bundestag zum neuen Gesetz für einen attraktiveren Wehrdienst zu stoppen: "Die Bundeswehr braucht in den kommenden Jahren 80.000 neue Soldaten. Der aktuelle Kompromiss liegt in der Mitte zwischen dem Status Quo – perspektivisch zu wenig Soldaten, um NATO-Verpflichtungen zu erfüllen – und der alten Wehrpflicht, deren Wiedereinführung die Bundeswehr aktuell nicht stemmen kann. Ja, es ist ein Kompromiss mit Schwächen. Frauen und Männer sind beim Wehrdienst weiterhin nicht gleichberechtigt, ab 2027 müssen auch jene zur Musterung, die nicht zu Bundeswehr wollen. Selbst, wenn die Truppe genügend Freiwillige findet. Aber es ist an der Zeit, an einem Kompromiss endlich einmal festzuhalten. Der Bundeswehr hilft dieses Wehrdienstgesetz auch so", argumentiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg gibt zu bedenken: "Wenn der freiwillige Aufwuchs mit verpflichtendem Fragebogen und höherem Sold nicht gelingt, lässt der Gesetzesentwurf für Bedrohungslagen eine Tür zur Einziehung Wehrpflichtiger offen. Erst einmal loszulaufen ist besser, als vor dem Start alles zu zerlegen. Eine Wehrpflicht á la CDU ist wegen fehlender Ausbilder und Kasernen kaum umzusetzen. Die Hauruckaktion zeugt davon, dass es der Union um Profilschärfung geht. Gesetzesänderungen wären noch zwischen erster und zweiter Lesung möglich", kommentiert die BADISCHE ZEITUNG, mit der diese Presseschau endet.