11. Oktober 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Zentrales Thema ist die diesjährige Friedens-Nobelpreisträgerin María Corina Machado aus Venezuela. Doch zunächst blicken wir nach Frankreich, wo Präsident Macron am Abend den zuvor zurückgetretenen Politiker Lecornu erneut zum Premierminister ernannt hat.

Die Oppositionsführerin María Corina Machado erscheint bei einer von ihr einberufenen Kundgebung der Opposition in den Straßen von Caracas.
Ein Thema: Die venezolanische Oppositionsführerin María Corina Machado erhält in diesem Jahr den Friedensnobelpreis (Archivbild). (picture alliance / ZUMAPRESS.com / Jimmy Villalta)
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG glaubt: "Zum Aufatmen besteht kein Grund. An der strukturellen politischen Krise Frankreichs wird auch Sébastien Lecornu als neuer Premierminister wenig ändern können. Den Ausgangspunkt für die derzeitige Krise bildet die Abstrafung von Macrons Europaprogramm bei den Europawahlen im Juni 2024. Er reagierte pikiert und löste die Nationalversammlung auf. Seither kommt Frankreich nicht zur Ruhe. Drei Premierminister hat Macron bereits verschlissen. Die EU-Kritiker, vom linken wie vom rechten Rand, geben in der Nationalversammlung den Ton an. In ihren Wahlkreisen ernten sie keine Anerkennung dafür, wenn sie Haushaltsdisziplin predigen und vor einer Schuldenkrise warnen. Die scheinbar grenzenlose Kreditaufnahme während der Pandemie hat den ohnehin schwachen Rückhalt für nachhaltiges Haushalten zerstört. Jetzt ist Frankreich in einem Teufelskreis gefangen", ist sich die F.A.Z. sicher.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG beschäftigt sich mit der diesjährigen Friedens-Nobelpreisträgerin María Corina Machado aus Venezuela. Das Blatt findet, der Preis für die Oppositionsführerin sei eine "gute Wahl, weil er die Aufmerksamkeit lenkt auf die Misere eines Volkes, die angesichts der großen Konflikte in der Welt oft übersehen wird. Es ist eine richtige Auszeichnung, weil die Vergabe an eine Frau ein Zeichen ist in einer wieder zunehmend von aggressivem Machismus geprägten Weltpolitik. Und die Vergabe ist richtig, weil ein Mensch ausgezeichnet wird, der Hoffnung macht auf eine Zukunft ohne Gewalt und Unterdrückung. In einer Welt in Aufruhr, in der Krieg als probates Mittel der Machtdurchsetzung zurückgekehrt ist und schamlos eingesetzt wird, vermittelt die Auszeichnung ein kleines Zeichen der Zuversicht: Man kann sich dagegenstemmen. Ja, es gibt sie, die Lichtgestalten, die Heldinnen und Helden des Friedens", notiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
DIE RHEINPFALZ kritisiert die Entscheidung, denn mit Machado werde "eine Person geehrt, die nichts für Frieden, aber viel für Spaltung getan hat. Die inzwischen unumstrittene Oppositionsführerin in dem politisch aufgeheizten Venezuela hat sich niemals für Ausgleich, Versöhnung oder Frieden eingesetzt. Ganz im Gegenteil, sie ist eine Scharfmacherin. Das Nobelkomitee hätte wesentlich besser daran getan, die Auszeichnung dem venezolanischen Volk zuzuerkennen", urteilt DIE RHEINPFALZ aus Ludwigshafen.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz stellt fest: "María Corina Machado ist in Venezuela ein Star, reicht außerhalb ihrer Heimat aber nicht an Kissinger oder Gorbatschow heran. Das soll ihre Verdienste in keiner Weise schmälern. Venezuela ist ein Land, in dem gar nicht genug für Demokratie gekämpft werden kann. Ob der Preis die Arbeit der Aktivistin und Politikerin beflügeln kann, steht freilich in den Sternen."
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) ist überzeugt, mit der Auszeichnung Machados verbinde sich offenkundig auch eine andere "Botschaft in Richtung Washington. Nicht nur ignorierte das norwegische Nobelkomitee die immer unverhohlener vorgetragene Eigenbewerbung Donald Trumps, ihn zum Preisträger zu ernennen. Mit ihrer Entscheidung für Machado zeichnete es eine Frau aus, die sich gerade im Widerstand gegen eine staatliche Unterdrückung, gegen politische Lügen, gegen staatlich ausgetragene Privat-Vendettas ausgezeichnet und bewährt hat. Preisträgerin ist in diesem Sinne eine Anti-Trump-Frau", lautet das Fazit der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG.
Themenwechsel. Die Zeitung ND DER TAG geht auf die nun in Kraft getretene Waffenruhe im Gazastreifen ein: "Die Sitzung des Kabinetts in Israel hat gezeigt, wie schwer es Regierungschef Benjamin Netanjahu gefallen ist, auch nur die erste Phase des Friedensplans durchzubekommen. Und ab jetzt wird alles noch viel, viel schwieriger werden: Die Menschen im Gazastreifen brauchen sehr schnell sehr viel von allem. Gleichzeitig muss der Wiederaufbau beginnen, die Frage geklärt werden, wie der Landstrich und seine mehr als zwei Millionen Einwohner künftig regiert werden sollen", erläutert ND DER TAG.
Die LAUSIZER RUNDSCHAU aus Cottbus gibt zu bedenken: "Die Hamas mag militärisch geschlagen sein, ihr antiisraelisches Gedankengut aber ist nicht verschwunden. Im Gegenteil, der Krieg dürfte ihr neue Sympathisanten beschert haben. Und nicht zu vergessen: Die Freilassung von 250 zu Lebenslang verurteilten und 1.700 weiteren Palästinensern spült ehemalige Terroristen zurück in die Zivilbevölkerung. Die wichtigste Aufgabe dürfte daher gleichzeitig die langwierigste sein: die Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinensern. Sie kommt in Trumps 20-Punkte-Plan zwar vor. Wie der Weg dorthin aussehen soll, ist allerdings vollkommen unklar", unterstreicht die LAUSITZER RUNDSCHAU.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf betont, der Bundeskanzler sehe Deutschland nun in mehrfacher Hinsicht in der Verantwortung: "Neben humanitärer Hilfe und Unterstützung beim Friedensplan sicherte Friedrich Merz deutsche Hilfe beim Wiederaufbau des Gaza-Streifens zu. Auf Berlin richtet sich der Fokus auch, weil es gemeinsam mit Ägypten eine Wiederaufbau-Konferenz vorbereitet. Diese Signale werfen die Frage auf, wie teuer der Wiederaufbau für Deutschland eigentlich werden kann – und wie weit die Regierung angesichts der schwachen Wirtschaft dabei eigentlich gehen kann. Zumal nach einem Kriegsende in der Ukraine ein noch viel größeres und teureres Aufbau-Projekt auf die Europäer zukommen wird", schreibt die RHEINISCHE POST.
Die TAGESZEITUNG - TAZ - vertritt diese Ansicht: "Dass Bundeskanzler Friedrich Merz Deutschland nun beim Wiederaufbau des zerbombten Gazastreifens mit in der Pflicht sieht, ist lobenswert. Medizinische Hilfe, Zelte, Nahrungsmittel soll Deutschland bezahlen und daran mitwirken, die Wasser- und Energieversorgung rasch wieder herzustellen. Für finanzielle Mittel ist Deutschland gut, aber Reformprozesse der Palästinensischen Autonomiebehörde antreiben, wie Merz es plant? Damit hat sich der Kanzler wohl übernommen. Dieses Vorhaben ist in der Vergangenheit schon schiefgegangen", argumentiert die TAZ.
Nun noch Stimmen zur Deutschen Bahn, die im Dezember zum Fahrplanwechsel im Fernverkehr erstmals seit sechs Jahren auf Preiserhöhungen verzichtet. Der WIESBADENER KURIER findet: "Damit sendet die neue Bahn-Vorstandschefin Evelin Palla das richtige Signal an die leidgeprüften Fahrgäste. Bevor die Preise erhöht werden, muss die Qualität stimmen. Und da gibt es, wie viele Reisenden täglich erfahren, reichlich Nachholbedarf. Das über Jahrzehnte kaputt gesparte Schienennetz wird sich nicht über Nacht sanieren lassen. Die grundsätzlich richtige Strategie der Generalsanierung wird erst langsam die Lage verbessern. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die neue Chefin die Sofortprogramme für saubere und sichere Bahnhöfe, mehr Komfort in den Zügen und eine bessere Kundeninformation zügig umsetzt", mahnt der WIESBADENER KURIER.
Für die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG aus Essen drängt sich die Frage auf, wie "der Fernverkehr wirtschaftlich wieder aus der Verlustzone kommen soll, wenn die Kosten stärker steigen als die Einnahmen. Das legt die Vermutung nahe, dass an anderen Stellen, etwa beim Angebot an Zügen der Rotstift angesetzt wird. Naturgemäß werden derlei Botschaften nicht besonders aktiv in der Öffentlichkeit verbreitet. Abgesehen von dieser Unsicherheit scheint Palla auf dem richtigen Weg zu sein. Mehr Orientierung an den Wünschen der Kunden, weniger Bürokratie und kürzere Entscheidungswege. So kann zumindest auf längere Sicht der Koloss Deutsche Bahn zu einem effizienten Dienstleister im Fernverkehr und den anderen Sparten des Konzerns werden", kommentiert die W.A.Z., mit der diese Presseschau endet.