14. Oktober 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Im Mittelpunkt der Kommentare steht die Waffenruhe-Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas. Außerdem geht es um die Debatte über die geplante Wehrpflicht. Zunächst aber in den Nahen Osten.

Abdell-Fattah al-Sisi (l), Präsident von Ägypten, und US-Präsident Donald Trump (r), halten eine Erklärung zum Gaza-Krieg hoch. Davor der Schriftzug "Peace 2025"
Beim Gaza-Gipfel in Ägypten wurde eine Erklärung zum Gaza-Friedensplan unterzeichnet - mehr als 30 Staats- und Regierungschefs waren dabei. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
"Mit der Freilassung der Geiseln und Freigabe der Leichen erlebt die seither gesehene Eskalation einen Wendepunkt und hoffentlich auch ihr Ende", schreibt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: "Diese Hoffnung besteht, weil es gelang, die arabische Welt und maßgeblich Katar als Partner des Prozesses zu gewinnen, den die USA und Trump bereits mit den verdienstvollen Abraham-Abkommen vorantrieben und bis zuletzt prägten. Eine Frage bleibt: Wo war eigentlich Europa, namentlich Deutschland? Man hätte sich gewünscht, es hätte sich wesentlich klarer an Israels Seite gestellt - nicht nur aufgrund seiner Geschichte, aber gerade auch deshalb", moniert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
"Es fällt auf, wie wenig die EU, wie wenig Staats- und Regierungschefs von EU-Staaten zu Geisel-Befreiung und Waffenruhe beizutragen hatten", analysieren auch die STUTTGARTER NACHRICHTEN: "Kein Wunder, hat es in Europa mangels Geschlossenheit doch stets an politischem Engagement gemangelt. Selbstverständlich wird viel Geld aus der EU gefragt sein beim Wiederaufbau. Das war selten anders nach allen Waffengängen in der Region seit 1948. Daraus so wenig Kapital zu schlagen in Form von mäßigendem Einfluss in dieser wichtigen Nachbarschaft – das steht für ein gewaltiges Diplomatie-Versagen zum Schaden der eigenen Sicherheit. In Brüssel wie auch in Berlin", bemängeln die STUTTGARTER NACHRICHTEN.
Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg hat eine ähnliche Ansicht: "Die EU ist zwar die zweitstärkste Volkswirtschaft der Welt, außenpolitisch bleibt sie ein Zwerg. Das hat mit der Zerstrittenheit der Gemeinschaft zu tun. Erkennbar an der pseudo-zentralistischen Struktur mit einer Außenbeauftragten und einer scheinbar mächtigen Kommissionspräsidentin. Kommt es aber hart auf hart, treffen die größten Mitgliedsländer die Entscheidungen – und die sind mit Ausnahme Deutschlands nicht besonders israelfreundlich", merkt die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG an.
"Der Albtraum ist vorbei – zumindest ein bisschen", heißt es in der TAGESZEITUNGTAZ: "Eines scheint aber schon klar: Die Grundprobleme in diesem Konflikt – die israelische Besatzung palästinensischer Gebiete einerseits und die Militanz palästinensischer Gruppen samt Ablehnung Israels andererseits – bleiben ungelöst. Der Trump-Deal sieht, wenn man ihn diesbezüglich wohlwollend interpretiert, die Möglichkeit vor, dass die Palästinensische Autonomiebehörde als Kontrollinstanz nach Gaza zurückkehrt und so zumindest die beiden palästinensischen Territorien wieder in einer Hand liegen. Das könnte eventuell und eines Tages – und nur bei einer signifikant geänderten Position der israelischen Regierung – zu neuen Verhandlungen für eine Zweistaatenlösung führen. Könnte. Eine echte, faire Chance auf gleichberechtigtes Leben von Palästinensern und Israelis nebeneinander sieht aber anders aus", unterstreicht die TAZ.
"Der Gazakonflikt ist noch längst nicht gelöst", befürchtet auch die AUGSBURGER ALLGEMEINE: "Die Waffen schweigen weitgehend, die Geiseln sind frei – das ist weit mehr, als noch vor wenigen Wochen möglich schien. Nun beginnt aber die Phase der mühevollen Verhandlungen. Eine tiefe, über Jahrzehnte verinnerlichte Feindschaft trennt Israelis und Palästinenser. Die Hamas war es, die tanzende Frauen und Männer im Herbst 2023 aus blindem Hass und dem puren Willen, jüdisches Leben zu vernichten, wahllos missbraucht, ermordet und verschleppt hat. Das wird in Europa, auch in Deutschland, von Unterstützern der Palästinenser ausgeblendet", kritisiert die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
"Ein friedliches Nebeneinander wäre die Voraussetzung dafür, so etwas wie Aussöhnung zu versuchen", unterstreicht die VOLKSSTIMME aus Magdeburg: "Kann man das aber von Menschen im Gazastreifen erwarten, die mit ihrer Familie in einer Trümmerwüste hocken und nicht wissen, was sie morgen essen sollen? Oder von denen auf der anderen Seite, die eine zurückgebrachte verstorbene israelische Geisel beweinen? Es wird sein müssen, wenn der Kreislauf des Hasses und des Tötens durchbrochen werden soll. Alles muss dazu auf den Tisch – vor allem endlich die Zweistaatlichkeit, die schon begraben schien", findet die VOLKSSTIMME.
"So viele Bemühungen um Frieden im Nahen Osten hat es in den vergangenen Jahrzehnten gegeben, langfristig sind alle gescheitert", erinnert sich auch die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: "Der Hass zwischen vielen Israelis und Palästinensern bleibt nicht nur, sondern er ist in den zurückliegenden beiden Jahren um ein Vielfaches gestiegen. Wie nun ein 'Zeitalter des Glaubens und der Hoffnung' in dieser Weltgegend beginnen soll, eine 'Goldene Periode für Israel', wie Trump in der Knesset sagte, das ist trotz des Friedensgipfels in Ägypten schwer vorstellbar."
"Der Tag der Freude ist auch ein Tag der Vergewisserung", konstatiert das DARMSTÄDTER ECHO: "Es war der Terror vom 7. Oktober 2023, als die Hamas 1200 Juden teils bestialisch ermordete, weil sie Juden waren, und 250 weitere verschleppte, mit dem der Krieg begann. Dieses monströse Verbrechen bleibt die Ursache für all das Leid, das folgte und auch zehntausende unschuldige Palästinenser traf. Bitter ist, dass die Hamas aus diesem Krieg nicht vollständig besiegt, ja nicht einmal komplett entwaffnet hervorgeht. Zur Schreckensbilanz der vergangenen zwei Jahre gehört auch die neue Welle von Antisemitismus, die in Europa das jüdische Leben in den Grundfesten erschüttert hat. Es wird schwierig werden und Jahre dauern, das verlorenen gegangene Vertrauen wieder aufzubauen", prognostiziert das DARMSTÄDTER ECHO. Und damit zu einem anderen Thema.
Bei dem geplanten neuen Wehrdienst soll offenbar das Los darüber entscheiden, wer gemustert und eingezogen wird. Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland meldet, haben sich Union und SPD auf einen entsprechenden Kompromiss verständigt. Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen meint: "Ein neues Wehrdienstgesetz, das nun hoffentlich sehr schnell verabschiedet wird, stößt eine überfällige Debatte an. Unser Grundgesetz sieht vor, dass sich unser Land mit Streitkräften verteidigt und dass Männer zum Dienst an der Waffe verpflichtet werden können. Aber Verteidigung ist Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Die Debatte um eine Dienstpflicht sollte sehr viel breiter als derzeit geführt werden."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG erklärt: "Die Bundeswehr-Verwaltung tut sich jetzt schon schwer, die durchaus vorhandenen Interessenten für einen freiwilligen Dienst gezielt und gekonnt anzusprechen und ihren Reservistenschatz zu heben. Das Ziel ist nicht eine beliebige Zahl, sondern eine schlagkräftige Truppe. Es geht um Bedarf und Fähigkeiten. Heute werden weiter klassische Kämpfereigenschaften benötigt, aber eben auch andere, siehe Drohnenkrieg und Cyber War. Dabei bleibt der Wehrdienst ein denkbar schwerer Grundrechtseingriff. Auch wenn nicht jeder gleich gebraucht wird: Ein Losentscheid wäre ein Armutszeugnis", glaubt die F.A.Z.
Auch die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf hat Bedenken angesichts des anvisierten Losverfahrens: "Denn mit dem Verweis auf das Los zieht sich der Staat aus der Verantwortung, eigene Kriterien zu formulieren. Wer dann gezogen wird, wird potenziell gezwungen, für den Staat Dienst zu leisten und eventuell sogar Risiken einzugehen. Indem Einzelne einem anonymen Zufallsmechanismus unterworfen werden, droht die Gefahr, dass Menschen instrumentalisiert werden. Und dennoch: Angesichts der politischen Mehrheiten – die SPD ist gegen einen verpflichtenden Wehrdienst für alle – wäre ein solches Losverfahren ein vertretbarer Kompromiss. Er würde zu einem transparenten Prozess führen und verhindern, dass Menschen abhängig von Einkommen, Bildung oder sozialer Stellung verpflichtet werden. Wenn niemand weiß, ob er gezogen wird, entsteht Gerechtigkeit." Soweit die RHEINISCHE POST. Und damit endet die Presseschau.