23. Dezember 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Themen sind die zeitige Fertigstellung einer Autobahnbrücke in Nordrhein-Westfalen und die Entwicklung der Krankenkassenbeiträge. Zunächst aber geht es um die Pläne für eine Vorratsdatensspeicherung. Die Bundesregierung will Anbieter von Internetzugängen verpflichten, IP-Adressen aller Nutzer für drei Monate zu speichern.

Netzwerkkabel stecken in einem Serverraum in einem Switch.
Die Vorratsdatenspeicherung sorgt auch in den Zeitungen für Diskussionen. (dpa / Matthias Balk)
Die STUTTGARTER ZEITUNG findet: "Der Staat darf nicht hinnehmen, dass Ermittlungen im Internet regelmäßig erfolglos bleiben. Der Staat ist zum einen verpflichtet, die Privatsphäre der Bürger und den Raum für freie Meinungsäußerungen zu schützen. Zum anderen ist er aber auch zu einer wirksamen Kriminalitätsbekämpfung, zu einem effektiven Opferschutz aufgerufen. Beides muss immer wieder neu austariert werden", fordert die STUTTGARTER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG wünscht sich: "Wie schön wäre es, wenn die Grünen, die rührend um den Schutz von allerlei Minderheiten und den Abbau von Diskriminierungen jeder Art besorgt sind, auch ein Herz für Kinder hätten. Etwa jene, denen unsagbare Gewalt angetan wird, um mit Echtzeit-Übertragungen im Internet oder 'nur' durch die Verbreitung von Aufzeichnungen oder Bildern perverse Bedürfnisse zu befriedigen und auch noch Geld zu verdienen? Dieser 'gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit', wie man diesen Modus Operandi in die grüne Vorstellungswelt übersetzen könnte, auf die Spur zu kommen ist meist nur dann möglich, wenn man Datenspuren folgt: Um eine Person ermitteln zu können, die sich hinter einer IP-Adresse verbirgt, muss diese gespeichert sein. Nicht mehr, aber auch nicht weniger", heißt es in der F.A.Z.
DIE TAGESZEITUNG - TAZ - meint: "Wer mit hoher krimineller Energie offensichtliches Unrecht begeht, wird häufig auf Tools zurückgreifen, die seine IP-Adresse verschleiern. Gerade in Feldern wie der Kinderpornografie ist daher fraglich, ob durch die Speicherpflicht wesentlich mehr Fälle aufgeklärt werden. Ihrer Anonymität beraubt werden viel eher Dilettanten, die sich der Strafbarkeit ihres Handelns vielleicht nicht einmal bewusst sind. Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren Fälle, in denen die Behörden politisch fragwürdige Äußerungen im Internet mit nicht weniger fragwürdigem Eifer verfolgt haben", kritisiert die TAZ.
Nach vier Jahren Sperrung ist ein erster Teil der Rahmedetalbrücke auf der A45 im Sauerland wiedereröffnet worden - schneller als ursprünglich erhofft. Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm bilanziert: "Binnen vier Jahren wurde die Rahmedetalbrücke komplett neu gebaut, im Bürokratiemoloch Deutschland. Kein Bedenkenträger konnte den Bau verzögern. Ein Weihnachtswunder? Natürlich nicht. Das Beispiel zeigt, dass Deutschland durchaus mit Tempo bauen kann. Dieses Tempo sollte zur Standardgeschwindigkeit werden. Auch die Bauunternehmen müssen in die Pflicht genommen werden. Für die Rahmedetalbrücke bekommen sie einen Bonus. Dieser Grundgedanke ließe sich erweitern: Wer Fristen verstreichen lässt, muss eine Vertragsstrafe bezahlen", empfiehlt die SÜDWEST PRESSE.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU hält fest: "Die um wenige Monate vorgezogene Eröffnung reicht, um hierzulande als Sensation zu gelten. Ex-Verkehrsminister Volker Wissing machte das Projekt zur Chefsache. Doch die damalige Ampelregierung wusste auch: Dauert es wie gewohnt fünf bis 18 Jahre, bis eine Brücke saniert oder ausgebaut wird, bröckelt nicht nur die Infrastruktur, sondern auch das Vertrauen in die Demokratie. Die Rahmedetalbrücke kam für den Brückenpatienten Deutschland einer heilsamen Schocktherapie gleich. Hoffnung macht, dass die Koalition Wissings Werk nicht nur vollendet, sondern wichtige Ansätze in das beschlossene Infrastruktur-Zukunftsgesetz gegossen hat", lobt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG bemerkt: "Kein Wunder, dass sich Bundeskanzler Friedrich Merz die Eröffnung nicht hat entgehen lassen; seine Regierung braucht gute Nachrichten dringender denn je. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder erntet, was sein liberaler Vorgänger Volker Wissing gesät hat." So weit die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Mit der Entwicklung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung beschäftigt sich der KÖLNER STADT-ANZEIGER: "Bundesgesundheitsministerin Warken hat mit den Krankenkassen einen Streit angefangen, den sie nicht gewinnen kann. Denn in der Frage, wer Schuld daran ist, dass die Beitragssätze nicht wie versprochen stabil bleiben, sprechen die Fakten für die Kassen und gegen Warken. Zwar kann man darüber diskutieren, ob das von Warken im zweiten Anlauf in Bundestag und Bundesrat durchgesetzte Sparpaket das Loch im kommenden Jahr wirklich stopft. Warken sagt ja, die Kassen sagen nein - wobei letztere die besseren Argumente haben. Um Erhöhungen sicher zu verhindern, hätte Warkens Sparpaket deutlich größer ausfallen müssen. Doch dazu war die Ministerin nicht bereit, weil sie sich weder mit der Pharmaindustrie noch mit der Ärzteschaft anlegen wollte. Wenn sie nun den Kassen die Schuld oder zumindest eine Mitschuld an den steigenden Beiträgen gibt, ist das der durchschaubare Versuch, von eigenen Versäumnissen abzulenken", betont der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus notiert: "Schon zu Spahns Zeiten zeichnete sich ab, dass die Kosten aus dem Ruder laufen würden und Lauterbach schloss Einsparungen bei den Leistungen im Gesundheitssystem vollständig aus, obwohl sich längst abzeichnete, dass die Ausgaben deutlich stärker stiegen als die Einnahmen. Ein schweres Erbe, gewiss, doch Warken ist anzulasten, dass sie diese Bürde nicht schnell genug anging. Im Gegenteil, die von Lauterbach angestoßene, ohnehin schon verwässerte Reform der Krankenhauslandschaft schwächte sie weiter ab. Die Einsparungen zur Stabilisierung der Beiträge kamen zu spät und reichen bei Weitem nicht aus, um das Versprechen einzuhalten, die Kosten für die Krankenversicherung stabil zu halten. Dass Warken dafür jetzt den Kassen die Verantwortung unterschieben möchte, ist ein Ablenkungsmanöver und nicht mehr", urteilt die LAUSITZER RUNDSCHAU.
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG heißt es: "Gesetzliche Krankenkassen ticken eher wie Behörden, nicht wie turboeffiziente Start-ups. Das allerdings liegt an den Gesetzen, die politische Verantwortung dafür liegt bei der Gesundheitsministerin. Wenn sie das ändern will: nur zu! Auch braucht niemand 94 Kassen. Es würde reichen, wenn die mit den niedrigsten Verwaltungskosten übrigbleiben. Dass die Zusatzbeiträge jetzt schon wieder steigen, ist nicht die Schuld der Kassen, sondern der Ministerin. Ihr Sparpaket kam zu spät und war zu klein. Anstatt direkt zum Amtsantritt den Kassenfinanzen die höchste Priorität zu geben, hat sie gezögert, bis es für ein größeres Sparpaket zu spät war", erinnert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die FULDAER ZEITUNG kommentiert: "Das Sparpäckchen mag die Erhöhung leicht abschwächen und den Unmut der Versicherten wegen eines überschaubaren Aufschlags in Grenzen halten. Doch es ändert nichts an der Notwendigkeit, dass die neu eingesetzte Gesundheitskommission einen grundlegenden Reformvorschlag vorlegen muss, der aus einem der weltweit teuersten Gesundheitssysteme endlich auch eins der effizientesten macht", verlangt die FULDAER ZEITUNG.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN mahnen: "Es geht um viel mehr, als einige Milliarden Euro hier und da einzusparen. Letztlich steht das Vertrauen der Menschen in diesen Staat auf dem Spiel, die Gewissheit, bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit gut versorgt zu sein. Wenn die Apotheke um die Ecke schließt, die Wartezeit auf den Facharzttermin immer länger wird, es im Kreiskrankenhaus keine Notfallambulanz mehr gibt und das alles immer mehr kosten soll - dann ist das Vertrauen in den Sozialstaat extrem gefährdet. Vor diesem Hintergrund wird es höchste Zeit, dass sich diejenigen Politiker, die sich den Kampf gegen rechte Rattenfänger auf die Fahne schreiben, mehr mit sozialen Fragen beschäftigen als immer nur mit der Migrationspolitik."