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Die technischen Grenzen des Windenergie-Wachstums

Als effizienteste und wettbewerbsstärkste Branche bei den erneuerbaren Energien gilt die Windeenergie, die vor allem im Ausland Milliardenumsätze erzielt. Geht das rasante Wachstum der Windenergie so weiter oder stößt es irgendwann auch an technische Grenzen? Darüber diskutierten gestern rund 200 Experten bei einem Symposion in Oldenburg.

Von Folkert Lenz |
    Wie eine Windmühle zur Energieerzeugung funktioniert, das ist mittlerweile im Großen und Ganzen klar. 18.000 Propeller drehen sich hier zu Lande und liefern rund sechs Prozent des deutschen Stroms. Die Anlagen sind längst zum Massenprodukt geworden.

    Jetzt müssen sie aber noch in vielen Details verbessert werden, sagt Peter Ahmels vom Bundesverband Windenergie:

    " Gehen wir doch mal davon aus, dass es unser Ziel ist, die Gesamteffektivität der Energieerzeugung zu erhöhen. Wir haben bisher über viele Jahrzehnte ein System gehabt, das irgendwo seine Grenzen hatte. Und jetzt wollen wir weiter. Jetzt wollen wir neue Systeme integrieren. Und ich denke, da ist noch eine Fülle von Aufgaben, wo noch eine Menge zu tun ist. "

    Größer, höher und effizienter wollen die Entwickler die künftigen Windkraftanlagen machen. In jedem Jahr ragen die Nabenhöhen der Rotoren weiter in den Himmel. Und auch die Propellerblätter wachsen dementsprechend mit. Doch das wirft neue technische Probleme beim Bau der Masten auf, erklärt Professor Peter Schaumann vom Forwind-Institut an der Universität Hannover:

    " Denn diese höheren Anlagen müssen natürlich über entsprechende Türme und Fundamente auch ihre Lasten abgeben. Auch da sieht man neue Entwicklungen. Das ist einmal die Entwicklung der Spannbetontürme oder aber der Bereich der Gittermasttürme. Das ist - wenn Sie so wollen - die Wiedergeburt des Gittermastes, der ja aus den 20 Jahre alten Bildern aus Amerika, in Kalifornien das Bild dominiert hat. "

    Die Nachbarn von künftigen Windparks werden sich also vielleicht an einen neuartigen Anblick von Propellerpfeilern gewöhnen müssen.

    An der Universität Hannover wird außerdem erforscht, wie man Fundamente von Windmühlen möglichst kostengünstig herstellen kann. Das interessiert besonders die Betreiber der so genannten Off-Shore-Windparks auf dem Meer. Die ersten deutschen Anlagen in der Nordsee sollen schließlich im Jahr 2008 gebaut werden.

    In Oldenburg wiederum versuchen die Windexperten, die Blätter der Energieanlagen zu optimieren. Denn die verhalten sich in der freien Natur eben nicht so wie im Windkanal. Wechselnde Winde erzeugen harte Schläge auf die Propeller, berichtet der Oldenburger Physiker Bernhard Stoevesandt:

    " Das führt dazu, dass der Flügel gegebenenfalls kaputt gehen könnte. Und wie groß eigentlich diese Belastungen sind, ist bis jetzt eine ziemlich große Unbekannte. Mit dem Unwissen wird dann so umgegangen, dass gesagt wird: Wir wissen es nicht, deswegen müssen wir Sicherheitsmargen einbauen. Das heißt, die Flügel werden größer und schwerer gebaut. Bei Windkraftanlagen, wo das Gewicht eine ganz große Rolle spielt, ist das ein extremer Kostenfaktor. "

    Die Flügel könnten also leichter werden, wenn sie nicht mehr überdimensioniert sind. Und vielleicht können die unregelmäßigen Windstöße sogar noch in zusätzlich nutzbare Kräfte umgesetzt werden - so die Hoffnung der Forscher in Oldenburg.

    Ein großes Fragezeichen ist auch noch, was mit dem Strom passiert, der in den Mega-Windparks auf hoher See in naher Zukunft produziert werden wird. Irgendwo muss er an Land ins Netz gespeist werden. Aber wo? Ein denkbares Szenario: Die Übergabe könnte an einem der küstennahen Atomkraftwerke - zum Beispiel in Brunsbüttel - erfolgen. Ob das sinnvoll ist, sollen nun Studien zeigen.

    Für den niedersächsischen Energieversorger EWE ist das Problem der Netzanbindung und der Einspeisung eins der drängendsten Probleme, das die Wissenschaft lösen muss. Jörg Buddenberg:

    " Wir arbeiten auch an der Verbrauchsseite. Also nach dem Motto: Wie kann man Verbrauch und Nachfrage optimieren. Da spielen nachher auch Speicherungstechnologien eine Rolle - wie immer die auch aussehen mögen. Und wir machen es recht konkret, indem wir uns auch Gedanken machen, wie denn in Zukunft unsere Prozesse intern dazu aussehen können. "

    Folgerichtig warnen viele Stimmen davor, sich in der Windkraftforschung nur mit technischen Fragen zu beschäftigen. Martin Kühn vom Stiftungslehrstuhl Windenergie an der Universität Stuttgart:

    " Wir sind eben noch sehr auf die Anlage fixiert. Aber Windenergie ist mittlerweile so wichtig: Das ist ein Teil vom Energiesystem. Das ist ein Teil vom gesellschaftlichen System, was wir hier haben - Fragen der Akzeptanz. Und es geht ganz klar in den politischen Bereich hinein. "

    Und deshalb müssten auch die Sozial- und Politikwissenschaften mehr an der Windenergieforschung beteiligt werden, so ein Fazit des Symposions in Oldenburg.

    Weitere Informationen unter:

    www.forwind.de/symposium-windenergieforschung