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Die Verpackung ist das Innovativste

Rose Plastic aus Hergensweiler am Bodensee produziert auf den ersten Blick Alltägliches: Kunststoffverpackungen für Bohrer und andere Werkzeuge, die in Baumärkten angeboten werden. Doch auf den zweiten Blick zeigt sich: Wer die Kunst des Verpackens beherrscht, muss sich um seinen Umsatz kaum noch Gedanken machen. Jetzt wird der Mittelständler als Innovator des Jahres 2007 ausgezeichnet.

Von Barbara Roth |
    " Oh weh, oh weh. Auftragsbestände wachsen immer mehr, Mensch. Das sind lange Lieferzeiten. Wir warten auf unsere neuen Maschinen, die wir geordert haben ... "

    Peter Rösler steht in einem Flur seines Unternehmens und betrachtet eine, auf ein Blatt Papier aufgemalte Kurve. Solche Schaubilder hängen überall: in den Produktionshallen, in den Aufenthaltsräumen, in den Verwaltungsbüros. Bei Rose Plastic hat alles seine Kurve: ob Auftragseingänge, Umsatzentwicklung, oder Krankheitstage der Mitarbeiter. Jeder kann, jeder soll sie sehen.

    " Ich habe Anfang der 80er Jahre diesen Spruch ausgegraben "Wer aufhört besser sein zu wollen, hört auf gut zu sein". Und wenn man nach diesem Motto schaut, was kann ich besser machen in allen Bereichen, dann sind wir an die Grenze gekommen, wo wir gesagt haben: wir müssen einfach unsere Mitarbeiter mehr einbinden in die ganze Geschichte. "

    Seitdem setzt der Spezialist für Kunststoff-Verpackungen auf die Eigenverantwortung seiner Mitarbeiter. Rösler galt als Visionär, als er 1995 die Gruppenarbeit einführte. Ein Arbeitsmodell, das ihn beim Besuch eines japanischen Unternehmens tief beeindruckt hatte.

    " Nicht die Geschäftsführung sagt, wir müssen um fünf Prozent einsparen, wir müssen um fünf Prozent besser werden oder zehn Prozent, sondern die Zielsetzung der Mitarbeiter im Betrieb sagt, wir können noch da besser werden, hier besser werden. An ihrer Arbeit wissen sie am besten, wo einzusparen ist, wo man am besten mit der Maschine arbeiten kann, was man am besten rausholen kann. Gerade durch diese Zielsetzungen, die sich heute jede Gruppe macht, kommen die Impulse mehr aus der Belegschaft heraus. Und deshalb sind wir einfach auch sehr erfolgreich. "

    In den Produktionshallen am Bodensee laufen die Maschinen rund um die Uhr; sieben Tage die Woche. Mit einem Steinbohrer fing 1970 alles an. Damals stellte die Firma, die aus Berlin übergesiedelt war, noch Haushaltsgeräte her. Als ein Unternehmen aus der Nachbarschaft für seinen Steinbohrer nach einer neuen Verpackung suchte.

    " ... eine bessere Verpackung als diese Pappverpackung, die auf dem Bau sich auflöst, wenn Feuchtigkeit rein kommt. So sind wir damals auf die Idee gekommen, solche Hülsen im Hohlblasverfahren herzustellen, so wie man also Kunststoffflaschen, Shampooflaschen und solche Geschichten macht. Und da haben diese Hülsen damals entwickelt mit dem Schraubverschluss und dann hat Bosch gesagt, ok das gefällt uns. Und dann kam der nächste, das war Hilti, der zweitgrößte. Und so haben wir gesehen, da gibt es gar keine gute Verpackung in diesem Werkzeugbereich. "

    Röslers Vater Ernst hat die Marktlücke sofort erkannt. Heute ist das Familienunternehmen mit seinen Verpackungssystemen für die Werkzeugindustrie die Nummer eins auf der Welt. Mit einem Marktanteil von mehr als 80 Prozent.

    Ein Steinwurf von der Fertigung entfernt - die Entwicklungsabteilung. Über 3500 verschiedene Verpackungen aus Kunststoff - groß, klein, eckig, rund, transparent oder bunt - stellen die weltweit rund 650 Mitarbeiter her.

    " Aber heute so, dass wir den Kunden sagen, wie sie ihre Produkte besser verpacken können. Wir haben heute die Ideen, weil wir wissen, wie sieht das aus. Unsere Verpackungen, sind keine Aufreißverpackungen, die man wegschmeißt, dagegen haben wir was, sondern unsere Verpackung kann man immer wieder einsetzen, da kann man zuhause Stricknadeln rein tun oder irgendetwas anderes. "

    Sein Anspruch: Rose Plastic will Trendsetter in der Welt der Verpackung sein. Ein Team aus Designern, Ingenieuren und Entwicklern kreiert ständig neue oftmals preisgekrönte Verpackungen zur Erweiterung der Produktpalette.

    " Das wird mal unser Renner werden. Hier haben wir heute sechs verschiedene Größen, die stapelbar sind, in verschiedenen Höhen, ein Riesen-Sortiment von Kunststoffboxen mit einem Klarsichtfenster drin und das fangen wir jetzt an, richtig zu vertreiben. Und da suchen wir uns heute unsere Kunden, die so etwas einsetzen. Die wissen noch gar nicht, dass es diese Verpackung gibt. Aber wir haben bereits im Hinterkopf, welche Firmen wir demnächst auf welchen Messen damit angehen können. Diese Box wird uns 20 Jahre nähren können. "

    Über 6000 Kunden hat die Firma weltweit. Produziert wird am Bodensee, in den USA, Brasilien und in China. Die Umsatzkurve zeigt stetig nach oben. Nach 58 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2006, peilt Rösler in diesem Jahr 65 Millionen Euro an.

    " Wir glauben sogar momentan, dass wir uns bis 2010 sogar wieder verdoppeln können. Es ist auch ganz wichtig, dass die Mitarbeiter wissen, wohin geht der Weg. Dass die Mitarbeiter auch wissen, dass uns beispielsweise Asien, dieses China nicht hier den Rang ablaufen wird, es wird zwar wachsen wahnsinnig, aber dass wir das brauchen, damit wir hier auch wachsen werden. Und dass wir mit Asien, mit Europa und Amerika einfach unheimlich stark sind. "

    Dann haben auch seine Leute was davon. Für Verbesserungsvorschläge gibt es Geld für die Gruppenkassen. Ob die Gruppe einen Ausflug macht oder edel essen geht, bleibt ihr überlassen. Und auch am Erfolg des Unternehmens lässt Rösler die Mitarbeiter teilhaben:

    " Wenn sie mehr tun, wenn sie aktiver im Betrieb sind, verdienen sie auch mehr. Es ist eine ganz einfache Geschichte: Wir zahlen diesen Prozentsatz, den wir vom Gewinn abgeben, pro Arbeitstag aus. Pro Anwesenheitsarbeitstag, der geleistet worden ist. Im letzten Jahr waren es elf Euro pro Arbeitstag. Das ist schon ganz erheblich. Und dieses Jahr wird es noch mal mehr werden. "