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Die Vorbereitungen laufen

Im ganzen Land brodelt es: Krise und Unzufriedenheit wo man hinschaut. Auch im Bildungsbereich treibt der Unmut immer mehr Leute auf die Straße. Im Juni ist ein bundesweiter Bildungsstreik geplant, der schon jetzt von einem breiten Bündnis vorbereitet wird.

Von Daniela Siebert |
    "Wir alle haben die Schnauze voll von den Zuständen in diesem Bildungssystem! Genauso wie in allen anderen Lebensbereichen. Wir sagen: Bildung und Wissen sind die Grundlage einer solidarischen und demokratischen Gesellschaft und deshalb fordern wir endlich den freien Zugang zur Bildung für alle und zu jeder Zeit."

    Großkundgebung in Berlin am Samstag. Unter dem Motto "Wir zahlen nicht für Eure Krise" demonstrieren Tausende vor dem Roten Rathaus. Darunter auch Dutzende Schüler und Studierende vom Bündnis "Bildungsstreik 2009".

    "Weil wir halt auch befürchten, dass gerade im Bildungsbereich gespart wird und das ist der wichtigste Bereich um zukunftsfähig in Deutschland zu bleiben."

    Dennis ist mit vier Kommilitonen von der TU Dortmund angereist. Dort müsste dringend eine halbe Milliarde in die Gebäudesanierung investiert werden, findet er. Auch diese Berliner Physikstudentin will staatliche Investitionen lieber beim Lehrpersonal sehen als bei Banken.

    "Weil nämlich die Bildung dafür da ist, dass es in Zukunft sowohl eine funktionierende Gesellschaft gibt, als auch eine Gesellschaft, die noch in der Lage ist, darüber nachzudenken, ob sie funktioniert."

    Viele der demonstrierenden Studenten gehörten auch zu den über 50 Teilnehmern einer Konferenz, die am Wochenende an der TU Berlin stattfand. Sie galt der Vorbereitung des großen Bildungsstreiks, der vom 15. bis 19. Juni bundesweit stattfinden soll.

    "Der 17. Juni ist dabei der zentrale Tag, wo wir eben aufrufen, nicht in den Unterricht zu gehen, nicht an den Hochschulen in die Veranstaltungen zu gehen, sondern eben zu streiken. Das ist dann quasi der zentrale Bildungsstreik, wo wir bundesweit dezentral in ganz vielen Städten, überall wo Gruppen sich beteiligen wollen, eben dazu aufrufen, auf die Straße zu gehen und diesen Protest auch zum Ausdruck zu bringen."

    Erklärt die Berliner Politikstudentin Katharina.

    Die Konferenz brachte die unterschiedlichsten Akteure zusammen: aus unterschiedlichen Bundesländern, unterschiedlichen Hochschulen, Fachrichtungen, mit und ohne politische Anbindung. Weil man hier basisdemokratisch debattiert, ging viel Zeit mit Selbstorganisation und -findung drauf. Trotzdem stand am Ende ein gemeinsames Positionspapier mit zahlreichen "Forderungen zum Bildungsstreik".

    Das Papier krankt allerdings daran, dass es der kleinste gemeinsame Nenner ist. So werden große Ziele schwammig formuliert. Da steht als Forderung beispielsweise: "Umsetzung freier alternativer Bildungskonzepte"

    "Es ist genau das, wo es verschiedenste Vorstellungen gibt, was sich dahinter verbirgt, aber es heißt zunächst mal, dass es eine Möglichkeit geben muss, das was wir an bestehenden Konzepten haben, auch in Frage zu stellen und andere Möglichkeiten zu finden, zu lehren und zu forschen."

    Eine andere Forderung lautet: "Abkehr vom Bachelor als Regelabschluss". Was aber dann? Zurück zum Alten?

    "Auch da gibt es unterschiedliche Konzepte, also es gibt ja auch unterschiedliche Meinungen dazu, ob Bachelor/Master, diese ganze Bologna-Prozess, der dahinter steht, grundsätzlich abzulehnen ist, oder ob er grundsätzlich in den Zielen, dass es eine Vergleichbarkeit gibt, gar nicht so schlecht ist und nur die Umsetzung katastrophal ist. Wir sind zumindest der einen Meinung - und das ist das, was wir hier festhalten -, dass Bachelor/Master, so wie es im Moment ist, dass es in der Form auf jeden Fall nicht geht."

    Auch die Mitbestimmung aller Beteiligten im Bildungssystem und die Förderung aller, nicht nur der Eliten, wollen die Bildungsstreikenden. Fast alle Forderungen lassen aber viel Auslegungsspielraum. Immerhin so viel Konkretes brachte die Konferenz: Die Vernetzung zwischen Studierenden und Schülern schreitet voran. Beide Gruppen tagten in der TU Wand an Wand und immer wieder tauschten sich beide Seiten auch direkt aus. Wenn auch nicht in dem Ausmaß wie erhofft, bedauert der Berliner Schüler Georg vom Bündnis "Bildungsblockaden einreißen":

    "Es gab einen Austausch mit den Studierenden, aber es muss gesagt werden, dass diese Konferenz leider nicht optimal organisiert gewesen ist beziehungsweise nicht optimal abgelaufen ist."

    Im Klartext: Chaos bei den Abläufen und der Kommunikation untereinander. Trotzdem: Die Brücken sind gebaut und für die gemeinsame Streikwoche im Juni sind alle optimistisch, viele Schüler und Studierende zu mobilisieren. Bis dahin bedeutet das für die rund 100 Aktivisten in Berlin aber noch viel Arbeit zuhause an der Basis:

    "Da unsere Forderungen nach einem freien und solidarischen Bildungssystem nicht von der Politik ohne Weiteres erfüllt werden, müssen wir dafür kämpfen. Deswegen werden wir im Juni auf die Straßen gehen und uns für unsere Interessen einsetzen und heute zum Bildungsblock aufrufen und dafür kämpfen."