Christoph Schmitz: Die schwarz-rote Koalition hat zwar einen Kulturstaatsminister, Bernd Neumann, der aber nicht viel dahermacht. Ob er überhaupt etwas macht, sei dahingestellt. Aber Kulturpolitik wollte die Koalition schon betreiben. In ihrem Regierungsvertrag heißt es wörtlich: Es gelte "Maßnahmen zur Unterstützung der aktiven Bürgergesellschaft" zu ergreifen. Wie? Durch das Fördern des "ehrenamtlichen Engagements". Das heißt? Eine Reform des "Gemeinnützigkeitsrechts" und eine Weiterentwicklung des "Steuerrechts".
Der wissenschaftliche Beirat des Finanzministeriums hat nun einen Gesetzentwurf für den Herbst vorbereitet. Doch die Empfehlungen dort sind ein "Schreckensszenario". Das meint der Deutsche Kulturrat. Sie bewirkten für die Kulturförderung das Gegenteil dessen, was der Koalitionsvertrag noch anvisierte. Olaf Zimmermann ist der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, des Spitzenverbandes der Bundeskulturverbände. Was sieht der Entwurf im Finanzministerium denn konkret vor, was der Kultur schaden könnte, Herr Zimmermann?
Olaf Zimmermann: Es ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die sich dieser wissenschaftliche Beirat ausgedacht hat. So soll zum Beispiel die Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen in Kulturfördervereinen gänzlich gestrichen werden, aber auch die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden soll minimiert werden. Es soll in der Zukunft nämlich nur noch für die Pflege des kulturellen Erbes möglich sein, wenn man da gespendet hat, seine Spende auch steuerlich geltend zu machen. Die Übungsleiterpauschale, auch ein wichtiges Instrumentarium, besonders bei Laienkulturverbänden im Musikbereich, soll abgeschafft werden. Und man macht sich sogar Gedanken darüber, ob denn, wenn man schon alle diese Sachen abschafft, ob man dann nicht auch gleichzeitig noch eine Eingrenzung der Möglichkeiten des Kultursponsorings vorsehen sollte.
Schmitz: Was steckt dahinter? Will man mehr einnehmen, indem man diese Vergünstigungen streicht, oder geht es darum, das dichte Gespinst der Subventionen etwas lichter zu machen?
Zimmermann: Es geht erst einmal um den gesamten gemeinnützigen Sektor und dazu gehört natürlich der Sozial-, der Sport-, der Umweltbereich und der Kulturbereich zusammen dazu. Und die Autoren dieser Studie für das Bundesfinanzministerium, die haben sich ganz besonders den Sozialbereich vorgenommen und sagen, dass die großen Wohlfahrtsverbände eigentlich doch schon normale Unternehmen seien, wenn sie zum Beispiel ein Krankenhaus betreiben, oder einen Kindergarten betreiben. Und dann sollen sie auch bitte wie ganz normale Unternehmen behandelt werden, das heißt eben, keine Steuervergünstigungen mehr haben. Und man versucht dann dieses, diese Idee, dann auf die anderen Bereiche, auf den Sport, auf den Umweltschutz und auf die Kultur einfach zu übertragen.
Schmitz: Welche Einrichtungen in der Kultur, in der Museumskultur beispielsweise, wären besonders betroffen? Und wie groß wären die Verluste, was denken Sie?
Zimmermann: Ja, also erstmal betroffen sind quasi alle, außer der Bereich, der sich mit dem kulturellen Erbe beschäftigt. Also betroffen wären zum Beispiel alle Fördervereine, die sich um zeitgenössische Kunst Gedanken machen, die zum Beispiel auch zeitgenössische Inszenierungen, in Opern oder in Theatern, ermöglichen. Alles das wäre in der Zukunft dann, sollte sich dieser Beirat durchsetzen, nicht mehr abzugsfähig. Und wir wissen, dass es sich um wirklich große Summen handelt. Das sind also viele Millionen, die im Moment über Stiftungen zur Verfügung gestellt werden; es sind ungefähr 215 bis 700 Millionen Euro, die alleine über Mitgliedsbeiträge jedes Jahr in den Kulturbereich hineinfließen. Da kann man sich ungefähr vorstellen, was denn dort wegfallen würde, wenn das möglicherweise so stark behindert wird, dass sich die Spender überlegen würden, das machen wir einfach nicht mehr.
Schmitz: Was schlägt denn der deutsche Kulturrat vor? Soll alles so bleiben, wie es ist?
Zimmermann: Nein, wir haben gemeinsam mit den Spitzenverbänden im Sportbereich, im Wohlfahrtsbereich, im Umweltbereich, gemeinsame Vorschläge ja schon unterbreitet und haben sie auch dem Finanzministerium zur Verfügung gestellt. Da haben wir besonders eine Entbürokratisierung ganz konkret vorgeschlagen, aber wir haben auch Transparenz vorgeschlagen. Wir sind da in die Offensive gegangen und haben gesagt, es ist vollkommen richtig: Wenn Organisationen einen steuerlichen Nachlass erhalten und wenn auch Spenden abzugsfähig sind, dann hat die Allgemeinheit einen Anspruch darauf, dass wir mit wirklich offenen Karten spielen, dass heißt, dass wir alles offen legen. Das wollen wir tun.
Aber was jetzt vom Finanzministerium ja offensichtlich vorbereitet wird, hat ja mit dieser Form von Transparenz gar nichts zu tun, sondern die wollen ja diesen Bereich austrocknen, indem sie Steuervergünstigungen streichen wollen. Und das muss man schon noch einmal sagen, das ist natürlich wirklich eine verrückte Situation, weil gleichzeitig sagen uns die Politiker tagaus, tagein, wir sollen doch endlich mehr privates Geld zusammenbringen, damit der Staat nicht den gesamten Kulturbereich finanzieren muss, damit mehr Unternehmen, damit mehr Private, Geld hineinstecken. Jetzt schaffen wir das in zunehmenden Bereichen besser und jetzt kommt der Staat und sagt, jetzt wollen wir die Rahmenbedingungen aber verschlechtern.
Schmitz: Herr Zimmermann, in aller Kürze, wie groß sind denn die Chancen, dass Sie Ihre Interessen dann dennoch durchsetzen können?
Zimmermann: Ich habe die Hoffnung, dass wir schon noch eine Chance haben, dass das zumindest nicht eins zu eins umgesetzt wird. Heute sind die Telefone heiß gelaufen, gerade eben hat mich noch der Generalsekretär des Deutschen Sportbundes angerufen und mir auch noch einmal seine Solidarität versichert. Also ich glaube, dass es eine ganz breite Bewegung gibt, über den Sozialbereich, den Umweltbereich, den Sportbereich, bis zum Kulturbereich. Wir werden uns das nicht gefallen lassen.
Schmitz: Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des deutschen Kulturrates, zur geplanten Reform des Spenderechts. Vielen Dank Herr Zimmermann.
Zimmermann: Ich bedanke mich.
Der wissenschaftliche Beirat des Finanzministeriums hat nun einen Gesetzentwurf für den Herbst vorbereitet. Doch die Empfehlungen dort sind ein "Schreckensszenario". Das meint der Deutsche Kulturrat. Sie bewirkten für die Kulturförderung das Gegenteil dessen, was der Koalitionsvertrag noch anvisierte. Olaf Zimmermann ist der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, des Spitzenverbandes der Bundeskulturverbände. Was sieht der Entwurf im Finanzministerium denn konkret vor, was der Kultur schaden könnte, Herr Zimmermann?
Olaf Zimmermann: Es ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die sich dieser wissenschaftliche Beirat ausgedacht hat. So soll zum Beispiel die Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen in Kulturfördervereinen gänzlich gestrichen werden, aber auch die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden soll minimiert werden. Es soll in der Zukunft nämlich nur noch für die Pflege des kulturellen Erbes möglich sein, wenn man da gespendet hat, seine Spende auch steuerlich geltend zu machen. Die Übungsleiterpauschale, auch ein wichtiges Instrumentarium, besonders bei Laienkulturverbänden im Musikbereich, soll abgeschafft werden. Und man macht sich sogar Gedanken darüber, ob denn, wenn man schon alle diese Sachen abschafft, ob man dann nicht auch gleichzeitig noch eine Eingrenzung der Möglichkeiten des Kultursponsorings vorsehen sollte.
Schmitz: Was steckt dahinter? Will man mehr einnehmen, indem man diese Vergünstigungen streicht, oder geht es darum, das dichte Gespinst der Subventionen etwas lichter zu machen?
Zimmermann: Es geht erst einmal um den gesamten gemeinnützigen Sektor und dazu gehört natürlich der Sozial-, der Sport-, der Umweltbereich und der Kulturbereich zusammen dazu. Und die Autoren dieser Studie für das Bundesfinanzministerium, die haben sich ganz besonders den Sozialbereich vorgenommen und sagen, dass die großen Wohlfahrtsverbände eigentlich doch schon normale Unternehmen seien, wenn sie zum Beispiel ein Krankenhaus betreiben, oder einen Kindergarten betreiben. Und dann sollen sie auch bitte wie ganz normale Unternehmen behandelt werden, das heißt eben, keine Steuervergünstigungen mehr haben. Und man versucht dann dieses, diese Idee, dann auf die anderen Bereiche, auf den Sport, auf den Umweltschutz und auf die Kultur einfach zu übertragen.
Schmitz: Welche Einrichtungen in der Kultur, in der Museumskultur beispielsweise, wären besonders betroffen? Und wie groß wären die Verluste, was denken Sie?
Zimmermann: Ja, also erstmal betroffen sind quasi alle, außer der Bereich, der sich mit dem kulturellen Erbe beschäftigt. Also betroffen wären zum Beispiel alle Fördervereine, die sich um zeitgenössische Kunst Gedanken machen, die zum Beispiel auch zeitgenössische Inszenierungen, in Opern oder in Theatern, ermöglichen. Alles das wäre in der Zukunft dann, sollte sich dieser Beirat durchsetzen, nicht mehr abzugsfähig. Und wir wissen, dass es sich um wirklich große Summen handelt. Das sind also viele Millionen, die im Moment über Stiftungen zur Verfügung gestellt werden; es sind ungefähr 215 bis 700 Millionen Euro, die alleine über Mitgliedsbeiträge jedes Jahr in den Kulturbereich hineinfließen. Da kann man sich ungefähr vorstellen, was denn dort wegfallen würde, wenn das möglicherweise so stark behindert wird, dass sich die Spender überlegen würden, das machen wir einfach nicht mehr.
Schmitz: Was schlägt denn der deutsche Kulturrat vor? Soll alles so bleiben, wie es ist?
Zimmermann: Nein, wir haben gemeinsam mit den Spitzenverbänden im Sportbereich, im Wohlfahrtsbereich, im Umweltbereich, gemeinsame Vorschläge ja schon unterbreitet und haben sie auch dem Finanzministerium zur Verfügung gestellt. Da haben wir besonders eine Entbürokratisierung ganz konkret vorgeschlagen, aber wir haben auch Transparenz vorgeschlagen. Wir sind da in die Offensive gegangen und haben gesagt, es ist vollkommen richtig: Wenn Organisationen einen steuerlichen Nachlass erhalten und wenn auch Spenden abzugsfähig sind, dann hat die Allgemeinheit einen Anspruch darauf, dass wir mit wirklich offenen Karten spielen, dass heißt, dass wir alles offen legen. Das wollen wir tun.
Aber was jetzt vom Finanzministerium ja offensichtlich vorbereitet wird, hat ja mit dieser Form von Transparenz gar nichts zu tun, sondern die wollen ja diesen Bereich austrocknen, indem sie Steuervergünstigungen streichen wollen. Und das muss man schon noch einmal sagen, das ist natürlich wirklich eine verrückte Situation, weil gleichzeitig sagen uns die Politiker tagaus, tagein, wir sollen doch endlich mehr privates Geld zusammenbringen, damit der Staat nicht den gesamten Kulturbereich finanzieren muss, damit mehr Unternehmen, damit mehr Private, Geld hineinstecken. Jetzt schaffen wir das in zunehmenden Bereichen besser und jetzt kommt der Staat und sagt, jetzt wollen wir die Rahmenbedingungen aber verschlechtern.
Schmitz: Herr Zimmermann, in aller Kürze, wie groß sind denn die Chancen, dass Sie Ihre Interessen dann dennoch durchsetzen können?
Zimmermann: Ich habe die Hoffnung, dass wir schon noch eine Chance haben, dass das zumindest nicht eins zu eins umgesetzt wird. Heute sind die Telefone heiß gelaufen, gerade eben hat mich noch der Generalsekretär des Deutschen Sportbundes angerufen und mir auch noch einmal seine Solidarität versichert. Also ich glaube, dass es eine ganz breite Bewegung gibt, über den Sozialbereich, den Umweltbereich, den Sportbereich, bis zum Kulturbereich. Wir werden uns das nicht gefallen lassen.
Schmitz: Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des deutschen Kulturrates, zur geplanten Reform des Spenderechts. Vielen Dank Herr Zimmermann.
Zimmermann: Ich bedanke mich.