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Die Zähmung des Zorns

Entfesselt, gänzlich unkontrollierbar und zerstörerisch: Zorn ist eines der elementarsten Gefühle. Und ein Phänomen, das vor allem Männern zugeschrieben wird. In der vergangenen Woche fand im Einsteinforum Potsdam eine Internationale Tagung zur Herkunft und Entwicklung des Zorns über die Jahrhunderte statt: von Achill bis Zinedine Zidane.

Von Bettina Mittelstraß |
    Ausschnitt aus dem Hollywood-Film "Troja", Regie Wolfgang Petersen. Man hört nur die brüllende Stimme und den wütenden Atem von Achilles.

    "Achill ist natürlich der große Anfang. Das älteste große Stück der abendländischen Literatur fängt ja so an: mit dem Zorn des Achill."

    " Hektor!

    Das ist deswegen auch eine Figur, auf die immer gerne zurückgeblickt wird und auf die zurückgegriffen wird.

    Hektor! Hektor!"

    Achill, der zornentbrannte Halbgott - zuletzt bildgewaltig von Brad Pitt im Kinostreifen "Troja" in Szene gesetzt - bewegt seit rund 3000 Jahren die Gemüter. Jetzt werfen die Wissenschaften, die sich in jüngster Zeit verstärkt mit den Gefühlen und ihren Repräsentationen durch die Geschichte beschäftigen, erneut ein Auge auf Achill und seinen außergewöhnlichen Zorn. Rüdiger Zill, wissenschaftlicher Referent am Einsteinforum in Potsdam:

    "Wobei da die interessante Frage ist: Sagt man jetzt, der ist paradigmatisch für uns? Er ist der unverstellteste Ausdruck des Zorns, vor dem wir heute wieder warnen? Oder sagt man, wie das dann andere wieder tun: Der hat eigentlich eine Art von Zorn, die wir nicht mehr nachvollziehen können."

    "Achilles ist die Vergangenheit. Achilles lässt sich nicht lenken. Es ist ihm gleich, ob er gegen uns oder gegen Troja kämpft.

    Wir brauchen ihn nicht zu lenken. Er muss entfesselt werden."

    Der entfesselte, gänzlich unkontrollierbare und zerstörerische Zorn des Achill ist bis heute die Vorlage für eine Art Urzorn, der sich über die Figur ergießt, in sie einbricht, sie beherrscht und mit sich reißt. Das Bild hat, so der Kieler Philosophieprofessor Herrmann Schmitz, seinen Grund in einer ganz anderen Vorstellung von Gefühlen im archaischen Griechenland: Man stellte sich vor, Gefühle kommen von Außen und werden vom Leib empfangen. Eine innere "Hausmacht" über die eigenen Gefühle gab es für die Menschen nicht.

    "Das ist sehr deutlich in der Ilias, da haben wir zum Beispiel gerade den Zorn. Der Zorn, der taucht in die Figuren gewissermaßen von oben ein. Und das gilt nicht nur von diesen Erregungen, wie zum Beispiel dem Zorn, sondern es gilt auch direkt von den Göttern. Ares zum Beispiel ist selbst nicht nur ein Gott, der Gott des Krieges, sondern er ist die Kampfeswut selbst. Aphrodite ist nicht nur die Göttin der Liebe, sondern sie ist eine Sphäre, eine Sphäre in der man leben kann, gewissermaßen eine Sonne, in der man steht, in der man gedeihen kann, eine Atmosphäre. Nicht, also diese Götter sind zugleich Gefühlsmächte. Insbesondere Ares und Aphrodite. Und die packen die Menschen gewissermaßen als Gefühle."

    Das heißt nicht, dass der Mensch in der archaischen Vorstellungswelt seinen Gefühlen immer nur ausgeliefert ist. Die empfangenen Gefühle lassen sich auch verwalten. In seinem Zorn gegen Agamemnon, der ihm sein Ehrengeschenk - die Frau Briseis - wegnimmt, ist Achill in der ersten Hälfte der Ilias durchaus kontrolliert. Er schmollt, verweigert die Mitarbeit. Er hält den Zorn zurück, er verpackt ihn zielgerichtet in Umgangsformen.

    "Mein Herr, die Armee marschiert.

    Soll sie marschieren. Wir bleiben.

    Aber die Männer sind bereit.

    Wir bleiben bis Agamemnon Achilles anfleht zu kommen!

    Wie ihr wünscht."

    Erst der Tod seines Freundes Patroklos entfesselt in der Geschichte der Ilias den rasenden Zorn Achill.

    " Von Anfang an gibt es einerseits das Ergriffen sein, das Ausgeliefert sein an die Erregung. Und zweitens die persönliche Stellungnahme zur Erregung. Die dazu führt, dass man sie durchaus verarbeiten und mit ihr umgehen kann. Die Ilias ist gewissermaßen gestaltet zu dem Zweck, diese beiden Formen des Verhaltens zu der ergreifenden Macht des Gefühls nebeneinander zu stellen."

    Damit könnte man die Ilias als eine erste Debatte über den Zorn, seinen Ausdruck und seine Konsequenzen für eine Gesellschaft betrachten. Möglicherweise, sagt die Historikerin Ute Frevert, Direktorin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, hatte Achill schon in der Antike keinen Platz mehr in der Gesellschaft.

    "Es wird auch immer wieder gesagt, wie außergewöhnlich er ist und was für Mühe er ja auch den Griechen gemacht hat mit seinem Zorn und der Verweigerung seiner Mitarbeit. Und dass, wenn Menschen immer so reagieren - so über die Maßen zornig sind - dass man dann in einer Gesellschaft gar nicht mehr leben kann und gemeinsam gar nichts mehr auf die Beine stellen kann."

    Für Gesellschaften kommt es also darauf an, dass sie "Herr des Zorns" sind. Wütende Ausschreitungen wie gerade erst in Griechenland, Amokläufe oder Terror: Der zerstörerische Zorn einiger Weniger ist eine Bedrohung für gesellschaftliche Ordnung. Im fünften vorchristlichen Jahrhundert - vor allem seit Platons Überlegungen zur Seele - legte eine andere Vorstellung von Gefühlen den Grundstein für die Kontrolle von Zornausbrüchen auf der psychologischen Ebene, sagt Hermann Schmitz:

    "Der Wendepunkt besteht drin, dass die Person nicht mehr ausgeliefert sein will, sondern Herr im eigenen Haus sein will. Und dazu braucht sie eben ein Haus, in dem sie Herr sein kann. Und das ist die Seele, in die alles hineingesteckt wird, was die Person irgend betroffen machen kann. Das sind dann eigene persönliche Triebe, und die sollen - weil sie alle in der Seele stecken und oben in der Seele steckt die Vernunft - sollen die beherrscht werden. Also diese Interpretation des Erlebens als eingeschlossen in die Seele dient der Möglichkeit vernünftiger Selbstbeherrschung."

    Angemessene Selbstbeherrschung, gerade in Bezug auf Zornausbrüche, ist bis heute eine gesellschaftlich geforderte Tugend. Zinedine Zidanes Kopfstoß gegen die Brust von Materazzi im Finale der Fußballweltmeisterschaft 2006 wurde weltweit als unangemessener Zornausbruch interpretiert und geächtet. Aber lässt sich durch alle Zeiten für die abendländischen Gesellschaften sagen, dass sie die Kontrolle über Gefühle wie Zorn gesucht haben?

    Schaut der naive Leser in Quellen des christlichen Mittelalters, gewinnt er den Eindruck: Emotional lief zu dieser Zeit alles aus dem Ruder. Als "gerechter Zorn" war das zornentbrannte Agieren zwar der Idee nach Gott vorbehalten. Doch damit kannten auch seine menschlichen Werkzeuge auf Erden keine Gnade.

    "Das haben wir ja noch bei den Kreuzfahrern gesehen, die dann, wenn sie im Dienste Gottes mit Gottes Zorn wüten konnten, schrecklich gewütet haben. Aber die "Person" soll sich zurückhalten!"

    In den Schilderungen öffentlicher Veranstaltungen und Rituale wird im Mittelalter außerdem hemmungslos und theatralisch geweint, geschrien, weggeklagt, getobt, geschimpft, mit Schwertern gerasselt, gedroht. Von Haltung, Fassung oder Zornkontrolle kann scheinbar keine Rede sein.

    "Die sind sozusagen nicht mehr Herr ihrer selbst. Man hat dann durch Arbeit an der Überlieferung gemerkt, dass das im Grunde immer gleich ist - und das ist ja sehr unwahrscheinlich, dass Emotionen sich immer in gleicher Weise spontan so entwickeln - und vor allen Dingen, dass es vorgeschrieben ist! Dass Leute darüber verhandeln, was man in solchen Momenten tun muss, und dass dann eben vorgeschrieben wird: Ihr müsst eure Reue, eure Unterwerfungsbereitschaft jetzt aber auch wirklich deutlich machen. Und dann merkt man, dass diese Emotionen abgesprochen und aufgeführt werden."

    Das emotionale Verhalten folgte einer Art Drehbuch, sagt Gerd Althoff, Professor für mittelalterliche Geschichte an der westfälischen Wilhelms-Universität-Münster. Minutiös wurde der Ablauf von Verhandlungen vorbereitet und starke emotionale Gesten - auch Zorn - waren eingeplant.

    "Zorn wird dann eingesetzt, wenn man etwas hört, was die eigene Ehre beleidigt, kränkt. Und dann reagiert man in unserem Sinne über. Ja, man tobt, man bedroht die Leute, man lässt auch andere miteingreifen - ein Herrscher lässt dann seine Großen die Schwerter ziehen, beziehungsweise er muss sie gar nicht selber auffordern, die tun das, weil die wissen, jetzt ist es Zeit, Flagge zu zeigen. Und diese Flagge wird dann mit emotionalen Mitteln sehr, sehr stark gezeigt, sodass man als unbefangener Leser den Eindruck hat: Hier wird gleich ein Mord begangen. Aber es ist dann nie so, sondern die Leute, die betroffen sind, entkommen immer, immer ganz knapp, aber daraus kann man natürlich auch ableiten, dass eine wirkliche Vollstreckung der Sache überhaupt nicht beabsichtigt war, sondern der Zorn ist ein Zeichen."

    "Der Zorn äußert sich immer codiert, in einer Sprache, die man entweder kann oder nicht kann, die einer Zeit angehört und einer anderen Zeit eben nicht."

    Die Zeichen des Zorns, wie sie die mittelalterliche Gesellschaft inszenierte und verstand, unterstrichen die Verbindlichkeit des Dargestellten. Ziel der Inszenierung war hier die Herstellung von Ordnung. Das ist, sagt Heiko Christians, Professor für Medienwissenschaften an der Universität Potsdam, überraschenderweise nicht allzu weit weg von der Gegenwart. Äußerungen von Zorn - wie zum Beispiel in Griechenland - werden auch in unseren Gesellschaften zielgerichtet und nach Vorlage inszeniert.

    "Eine organisierte oder unorganisierte Artikulation des Zorns in Gruppen ist eben auch nicht so spontan wie man das gerne hätte, sondern die gucken schon Nachrichten, ob es noch weiter gehen soll, ob Einfluss auf die Regierung genommen wird, auf die Entscheidung der Regierung, ob noch mehr Widerstand aufgebaut wird, in welchen Formen sich das gerade äußert, was besonders effektiv ist. Das kann mit der Handkamera natürlich sofort aufgenommen werden, kann ins Netz gestellt werden, kann weitergeschickt werden."

    Solche Nachahmungsprozesse gibt es nicht erst seit Erfindung moderner Medien, sagt Heiko Christians. Der gesellschaftliche Umgang mit Zorn wurde schon immer gelernt. Dabei ging es in der abendländischen Geschichte meistens um kontrollierte Umgangsformen. In Verbindung mit dem Buchdruck wird seit dem 16. Jahrhundert massenhaft ein Belehrungsprogramm verbreitet, das mit Bildern - sogenannten Emblemen - arbeitet. Bilder von Herrschern, Tieren oder berühmten Persönlichkeiten werden kommentiert und moralisch ausgelegt. Sie dienen dazu, einen Katalog von Sünden und Lastern zu vermitteln. Zorn als Tugend, findet sich hier nur in Zusammenhang mit dem Herrscher. Sein Zorn kann die Angst und die Achtung steigern, die man vor ihm hat.

    " Aber in der Regel war Zorn eben, in 95 Prozent der Fälle, die dort verhandelt wurden, bildlich und schriftlich, war Zorn eben zu besänftigen. Und der tugendhafte Mensch war der, der sich in der Lage war, den Zorn unter Kontrolle zu halten. Und das wurde in unzähligen Darstellungen und Epigrammen eben immer wieder variiert."

    Ein Beispiel für einen angemessenen Umgang mit Zorn war das Einhorn. Heiko Christians:

    "Das Einhorn wird meistens dargestellt wie ein mit den Vorderläufen aufsteigender Hengst, also ein wildes Pferd. Dann hat das Einhorn dieses gerade Stirnhorn. Und das befindet sich eben genau zwischen seinen Augen, sodass man einerseits sieht, dass ist ein zorniges Wesen und ein in seinem Zorn gefährliches Wesen. Und andererseits ist dieses Wesen aber angehalten durch seine Anatomie ständig den Zorn in Gestalt dieses Hornes im Auge zu behalten und eben auch ständig in der Lage ihn zu reflektieren und zu besänftigen. Und so wurde sozusagen die ideale Umgangsweise mit dem Zorn in diesem Tier symbolisiert."

    Zu Beginn des 18. Jahrhunderts sind schätzungsweise zwei Millionen Emblembücher in Europa unterwegs - neben anderen Belehrungsprogrammen, wie etwa den Fürstenspiegeln. Im 18. und 19. Jahrhundert wird der kontrollierte Umgang mit Zorn außerdem auf besondere Weise verwirklicht. Als Bürger des 19. Jahrhundert hätte der Fußballer Zidane erst Tage später auf Materazzis Verbalangriff reagiert: mit Pistole auf einer Waldlichtung. Ute Frevert:

    "Das Duell ist zunächst mal eine Ausdrucksform des Zorns. Auf der anderen Seite ist es auch eine Form - genau durch die unglaubliche Geregeltheit seines Ablaufs, durch die Ritualisierung und auch durch die Förmlichkeit - diesen Zorn zu bändigen oder auf ein ziviles Maß zu trimmen. Es ist ein auf Distanz, auf zeitliche Distanz, auf räumliche Distanz setzendes Verfahren, mit dem ich einerseits Zorn ausdrücken kann und sagen kann: Hier, da bist du zu weit gegangen, also das lass ich nicht mit mir machen. Und zugleich aber diesem Zorn auch Zügel anzulegen."

    Aber was berechtigt eigentlich dazu, Zorn zu empfinden und daraus solche Konsequenzen wie zum Beispiel eine Duell abzuleiten? Ein zentrales Motiv für das Duell unter Männern ist im 19. Jahrhundert die Verletzung der Ehre, sagt Ute Frevert, das Versagen einer Ehrerbietung, einer bestimmten Achtung.

    "Also diese Vorstellung, dass jemand, der mich schief anschaut oder der mir nicht ausweicht, wenn ich auf dem Bürgersteig gehe, oder mich anrempelt oder mich gar beschimpft mit einem Wort, was ich als Ehrenkränkung empfinde, und das Schlimmste: mir eine Ohrfeige gibt, oder das noch Schlimmere: mit meiner Frau schläft ohne mich vorher zu fragen, das geht nicht nur allgemein an die Ehre, sondern es geht an eine spezifische, männliche Ehre, die sehr viel mit der physischen Integrität und der physischen Kraft und Stärke von Männern zu tun hat."

    "Deine persönliche Fehde mit Achilles zerstört uns alle.

    Er will das Mädchen wieder haben

    Das Mädchen kann er kriegen. Ich hab's nicht angerührt!"

    Überraschend scheint sich hier der Kreis zurück zum Zorn des Achill zu schließen. Als Motiv für dessen Zorn liefert der erste Gesang der Ilias die Tatsache, dass ihm Agamemnon ein Ehrengeschenk streitig macht - in Gestalt der von Achill zuvor in Besitz genommenen Frau.

    "Indem man jemand seinen Besitz streitig macht, geht man jemandem an die Ehre. Denn man vermutet, dass er nicht Manns genug ist, diesen Besitz zu verteidigen. Dieses Denken - also man hat mir etwas genommen, worauf ich ein Anrecht habe, was ich habe, und dagegen muss ich mich wehren - hat ganz stark mit dem eigenen Selbstbild, mit der eigenen Ehre, mit der Aura der Achtung zu tun, die mir gebührt. Und dazu gehört es eben nicht, dass sich jemand an meinem Besitz vergreift."

    Die gedemütigte männliche Ehre als Auslöser für Zorn ist bis heute ein immer wieder thematisiertes Motiv. Hermann Kappelhoff, Professor für Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin, findet das dramaturgische Muster der Ilias in Bezug auf die Entwicklung des Zorns in amerikanischen Kriegsfilmen durchaus wieder. Egal ob in frühen Motivationsfilmen der entfesselte Zorn gegenüber dem Feind angedeutet wird oder später in apokalyptischen Anti-Kriegs- und Heimkehrerfilmen der Soldat zum Amokläufer wird, dem Wüten des Kriegers geht nach wie vor die Inszenierung demütigender Erfahrungen voraus.

    "Die Demütigung, die die Filme thematisieren, ist immer an die Physis gebunden. Und die Filme inszenieren einerseits die individuellen männlichen Körper extrem betont. Und sie zeigen andererseits, wie genau die Demütigung dann ansetzt an dem buchstäblichen Untersagen sexueller Beziehung. Und das ist das Interessante, wie sehr die Filme darauf beharren, die individuelle Körperlichkeit zu inszenieren, um sie dann ins Verhältnis zu setzen zu dem, was Kampf ist, was Kriegstechnologie ist, wie Waffentechnologie und Mannschaftsgeist, wie das alles im Grunde dieser individuellen Körperlichkeit widerstrebt, wie das etwas davon auslöscht."

    Bleibt zu fragen: Was ist eigentlich mit dem weiblichen Zorn? Eine antike Vorlage ist Medea, die im Zorn die eigenen Kinder umbringt. Die literarische Verarbeitung ihres Zorns variiert durch die Zeiten, doch auch sie repräsentiert meistens die Vorstellung einer Urgewalt des Zorns. Was ist mit der Furie? Wie drückt sich weiblicher Zorn in unterschiedlichen Gesellschaften aus? Welchen Umgang pflegt man damit? Der Zorn der Frau blieb auf der Tagung zwischen "Achilles und Zidane" eine Randerscheinung. Das hat vielleicht mit der Idee zu tun, dass in patriarchalisch organisierten Gesellschaften für weiblichen Furor kein Platz sein sollte. Ute Frevert:

    "Es gibt aber im 18. Jahrhundert noch die Idee, dass die Schwäche von Frauen transformierbar ist, indem sie Zorn zeigen. Das ist eigentlich fast schon eine verhaltensbiologische Überlegung. Jemand der schwach ist, plustert sich auf, fängt an zu schreien, um auf diese Weise seinem Gegenüber zu zeigen: Hier, ich bin nicht der, für den Du mich hältst. Im 19. Jahrhundert gilt Zorn nicht mehr als lady-like. Es gilt als etwas, was - wenn überhaupt - nur Unterschichtenfrauen auszeichnet, und man achtet vor allen Dingen darauf, dass die eigenen Töchter und Ehefrauen eigentlich nicht zornig sind. Und wenn sie zornig sind, das nicht zum Ausdruck bringen."