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Die Zeitschrift für den Osten

Auf dem deutschen Medienmarkt ist noch längst nicht alles zusammengewachsen, was zusammengehört: Ost und West lesen noch immer getrennt. Eine Zeitschrift, die die schwierigen Zeiten der Wiedervereinigung bis heute durchgehalten hat, ist die "Super Illu", eine wöchentlich erscheinende Zeitschrift aus dem Hause Burda. Die Mischung aus Boulevard und Lebenshilfe spricht noch immer viele Leser an.

Von Michael Meyer | 27.08.2005
    " Eine Super Illu, bitte! "

    Die Zeitschrift für den Osten "Super-Illu" verkauft sich bis zum heutigen Tage wie das sprichwörtliche geschnitten Brot: 515.000 Exemplare gehen jede Woche über die Ladentische zwischen Anklam und Zwickau, nur 10 Prozent der Auflage verkauft sich in den westlichen Bundesländern. Jeder zweite Ostdeutsche ist regelmäßiger Leser der "Super-Illu", damit ist die Zeitschrift im Osten erfolgreicher als STERN;SPIEGEL und FOCUS zusammen.

    Produziert wird die Zeitschrift in Berlin, im Schatten des Springer-Hochhauses in Berlins altem Zeitungsviertel. Seit 1996 ist der gebürtige Bayer Jochen Wolff Chefredakteur der "Super-Illu". Mit einem Mix aus heimeligen Homestories über Ost-Stars, vielen Ratgeberseiten und Geschichten über Menschen, die es geschafft haben, hält Wolff die Auflage auf hohem Niveau:

    " Wir haben die Menschen begleitet, Menschen hatten unterschiedliche Stimmungslagen, darauf musste sich auch die Zeitschrift einstellen. Es waren Anfang der Neunziger Jahre andere Themen gefragt, Mitte der Neunziger Jahre andere als jetzt. In den letzten Monaten war natürlich Hartz IV und die Zweifel an der Politik Thema. Ende der Neunziger Jahre hatten wir eine Aufbruchstimmung festgestellt, da war es wichtig, den Erfolgscharakter zu stärken, und das Selbstbewusstsein zu fördern. Anfang der Neunziger Jahre, 92, 93 war es die 'Wiederentdeckung des Ostens’ auch der ostdeutschen Waren, der Künstler – also, es gab immer andere Stimmungslagen und so hat sich die Super-Illu auch angepasst. "

    Teil des Konzepts der Super-Illu ist es, stets die ostdeutsche Identität zu betonen. Keiner der Artikel kommt ohne Ostbezug aus, etwa wenn es darum geht, ob Angela Merkel noch, Zitat, "eine von uns ist", oder wenn die Geschichte des ostdeutschen Piloten erzählt wird, der vor kurzem in einem Flugzeug der griechischen Gesellschaft Helios umkam.

    Diese Art, zu schreiben kommt an bei den ostdeutschen Lesern, die sich in vielen anderen Zeitungen und Zeitschriften wie SPIEGEL, STERN oder BUNTE nicht wahrgenommen fühlen, meint Jochen Wolff:

    " Sie finden sich da mit ihrem gelebten Leben und ihren Problemen nicht wieder. Die anderen Kollegen machen ja hervorragende Zeitschriften, das ist gar keine Frage, aber sie schreiben für ihre Zielgruppen, die zu 99 Prozent in der alten Bundesrepublik sitzen. Das sind halt Zeitschriften nach dem Muster der alten Bundesrepublik. Sie holen die Menschen dort ab, wo sie sich befinden, nämlich 50 Jahre in einem freien Land gelebt zu haben, auch einen Wohlstand aufgebaut zu haben und das ist natürlich eine andere Welt, als die, in der sich die Menschen in den neuen Bundesländern befinden. "

    Gerade in letzter Zeit hatte der ostdeutsche Durchschnittsleser viel Kummer und Sorgen: Hartz IV ist bis zum heutigen Tag ein wichtiges Thema – die "Super Illu" berät zu diesen und anderen Fragen am Telefon, lädt auch mal den Bundeskanzler in die Redaktion, oder stellt Betroffene vor. Neueste Aufreger waren natürlich die Äußerungen von Edmund Stoiber und Jörg Schönbohm zur ostdeutschen Befindlichkeit. Hunderte von Leserbriefen und emails gingen in der Redaktion ein. Die "Super Illu" schreibe den Lesern aber nicht immer nach dem Munde, sondern sei ein Forum für diese Debatte, betont Jochen Wolff:

    " Erstens mal nehmen wir die Äußerungen natürlich ernst, schütten da jetzt nicht Öl ins Feuer, und benutzen das als eine willkommene Gelegenheit, den Osten gegen den Westen aufzuhetzen, das würden wir nie machen, weil wir sind auf Zusammenwachsen aus, wir sind auf Verbinden aus, und auf Nicht-zerstören, aber wenn solche Äußerungen, wie die von Stoiber kommen, dann sagt er sicher das, was viele in den alten Ländern denken, dann muss man das einfach auch ernst nehmen, und sich damit auseinandersetzen. Und wir haben jetzt Prominente, interessante Persönlichkeiten aus den Neuen Bundesländern, die ein gelebtes Leben in der DDR hatten, haben wir über diese Forderungen diskutieren lassen, ..., die haben über diese Themen diskutiert, auch über die PDS diskutiert, was verabscheuen sie an dieser Partei und heraus kamen viele interessante Argumente, wo man sich zu diesen provozierenden Äußerungen ein Bild machen konnte. "

    Dass die "Super-Illu" zu 90 Prozent ein reines Ostblatt ist, hält Wolff für völlig unproblematisch – schließlich hätten auch andere Blätter ihre regionalen Schwerpunke: So sei STERN eher norddeutsch und die BUNTE eher süddeutsch. Solange die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Ost und West bestehen bleiben, wird es daher wohl auch Bedarf für eine Zeitschrift wie die Super-Illu geben.