Die Aura des Authentischen hatte Cindy Sherman mit einem Schlag nicht nur ihrer eigenen, sondern der Fotografie in Bausch und Bogen ausgetrieben, als die Künstlerin offenbarte, dass all die Frauen von den Filmstills angefangen bis hin zu Kameraporträts in der Manier alter Meister immer nur Inszenierungen waren, mehr noch Projektionen als bloße Bilder ihrer selbst. Das Weibchen und die femme fatale, geschlagene oder dominierende Frauen – alles ein und dieselbe Cindy Sherman. Aber diese vom Markt begierig aufgenommene Verwandlungskunst macht noch keine multiple Künstlerpersönlichkeit. Vor allem dann nicht, wenn auf den längst fälligen Abschied vom Authentischen die einsiedlerische Rückkehr ins Atelier folgt. Dort, in beschaulicher Stille, hat sich Cindy Sherman nun, aufgerüstet mit neuester Digitaltechnik, an der grellen und lauten Jahrmarktsästhetik der Clowns abgearbeitet.
Knallbunt und sichtbar dick aufgetragen ist die Schminke, künstlich und allen irdischen Räumen entrückt wirken die in Bonbonfarben schwelgenden Digitaleffekte im Hintergrund der Großformate. Manchmal – der Computer macht es möglich – taucht die Künstlerin gleich mehrfach auf, lacht unter blauer Perücke fratzenhaft dröhnend über die eigene, verdruckst ins Abseits gedrängte traurige Gestalt.
Schließlich ist das jüngste Projekt nicht als "recherche sentimentale" angelegt, nicht als kunsthistorischer Rückblick auf Gaukler und Harlekine, sondern als knallharte Psycho-Studie über Aggression und verletzendes Verhalten. Es ist diese anonyme Gewalt, auf deren eindringlich stille Beobachtung Cindy Sherman sich verlegt hat – und die sie jetzt hinter jener traurig-fröhlichen Maske aufscheinen lässt, die einst Kinder entzückte, in deren Physiognomie aber längst die irren, die pathologischen Züge überwiegen.
Das hatte 1985 bereits Jean-Paul Belmondo vorgeführt, trivial und überzeugend in dem Film "Der Boss": Da tritt bei einem Banküberfall der Geiselnehmer als Clown auf, um unter Tränen oder eben mit Gewaltausbrüchen, als perfekte Inkarnation des Psychopathen seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die Idee also ist nicht neu – um so gespannter durfte man auf ihre Realisierung im Medium der Porträtfotografie sein. Schließlich gelten Gesichter – und Hände, die beim Clown naturgemäß in weißen Fingerlingen stecken – immer noch als aussagekräftigste Extremitäten auch von Menschen die im Getriebe des Turbokapitalismus zu Monstren mutiert sind.
Aber was ist hinter den virtuos aufgelegten und auch meisterlich variierten Masken, in diesen stumpf dreinblickenden Augen noch zu entdecken? Cindy Shermans Methode ist längst zur lukrativen Masche geworden, ihre Bilderfindungen verflachen, bleiben ohne jedes Echo. Wie ja auch die Künstlerin selbst die Stummheit stilisiert, die Verweigerung von Interviews zur Attitüde macht. Damit ist es Cindy Sherman, die doch angekündigt hatte "endlich einmal unverkäufliche Kunst zu machen", gelungen, ihr Oeuvre als teure und glänzende Projektionsfläche zu installieren. Darauf toben seither die schlagwortreichen Schlachten zwischen feministischen und postfeministischen, prä- oder postheroischen Theoretikern. Abseits dieses sterilen Lärms bleiben – glücklicherweise – nur die Bilder. Und auf denen ist kein Passant, der sich durch die Menge auf der Straße drängen, kein Clown, der sich in der Manege bewähren, ja nicht einmal ein Model, das sich auf dem Laufsteg zeigen müßte. Keine dieser Zeitgenossen also, die bei Michael Schmidt stumm und trotzig eine trügerische Berliner "Waffenruhe" brechen, die Lee Friedlander als Städtebewohner eines ungewissen 21. Jahrhunderts porträtiert oder William Klein hautnah als lebende Marionetten vorführt – stets in Schwarzweiß, aber eben deshalb unvergleichlich farbiger als diese Clownsparade.
Knallbunt und sichtbar dick aufgetragen ist die Schminke, künstlich und allen irdischen Räumen entrückt wirken die in Bonbonfarben schwelgenden Digitaleffekte im Hintergrund der Großformate. Manchmal – der Computer macht es möglich – taucht die Künstlerin gleich mehrfach auf, lacht unter blauer Perücke fratzenhaft dröhnend über die eigene, verdruckst ins Abseits gedrängte traurige Gestalt.
Schließlich ist das jüngste Projekt nicht als "recherche sentimentale" angelegt, nicht als kunsthistorischer Rückblick auf Gaukler und Harlekine, sondern als knallharte Psycho-Studie über Aggression und verletzendes Verhalten. Es ist diese anonyme Gewalt, auf deren eindringlich stille Beobachtung Cindy Sherman sich verlegt hat – und die sie jetzt hinter jener traurig-fröhlichen Maske aufscheinen lässt, die einst Kinder entzückte, in deren Physiognomie aber längst die irren, die pathologischen Züge überwiegen.
Das hatte 1985 bereits Jean-Paul Belmondo vorgeführt, trivial und überzeugend in dem Film "Der Boss": Da tritt bei einem Banküberfall der Geiselnehmer als Clown auf, um unter Tränen oder eben mit Gewaltausbrüchen, als perfekte Inkarnation des Psychopathen seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die Idee also ist nicht neu – um so gespannter durfte man auf ihre Realisierung im Medium der Porträtfotografie sein. Schließlich gelten Gesichter – und Hände, die beim Clown naturgemäß in weißen Fingerlingen stecken – immer noch als aussagekräftigste Extremitäten auch von Menschen die im Getriebe des Turbokapitalismus zu Monstren mutiert sind.
Aber was ist hinter den virtuos aufgelegten und auch meisterlich variierten Masken, in diesen stumpf dreinblickenden Augen noch zu entdecken? Cindy Shermans Methode ist längst zur lukrativen Masche geworden, ihre Bilderfindungen verflachen, bleiben ohne jedes Echo. Wie ja auch die Künstlerin selbst die Stummheit stilisiert, die Verweigerung von Interviews zur Attitüde macht. Damit ist es Cindy Sherman, die doch angekündigt hatte "endlich einmal unverkäufliche Kunst zu machen", gelungen, ihr Oeuvre als teure und glänzende Projektionsfläche zu installieren. Darauf toben seither die schlagwortreichen Schlachten zwischen feministischen und postfeministischen, prä- oder postheroischen Theoretikern. Abseits dieses sterilen Lärms bleiben – glücklicherweise – nur die Bilder. Und auf denen ist kein Passant, der sich durch die Menge auf der Straße drängen, kein Clown, der sich in der Manege bewähren, ja nicht einmal ein Model, das sich auf dem Laufsteg zeigen müßte. Keine dieser Zeitgenossen also, die bei Michael Schmidt stumm und trotzig eine trügerische Berliner "Waffenruhe" brechen, die Lee Friedlander als Städtebewohner eines ungewissen 21. Jahrhunderts porträtiert oder William Klein hautnah als lebende Marionetten vorführt – stets in Schwarzweiß, aber eben deshalb unvergleichlich farbiger als diese Clownsparade.