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Digitale Schreibtafel im Abseits

Ende letzten Jahres wurde er mit viel Tam-Tam ins Rennen geschickt - der TabletPC. Eine Art High-End-Notebook, auf dem man mit einem Spezialstift schreiben kann und die Handschrift erkennt und sie auf Wunsch in Maschinenschrift übersetzt. Experten waren schon bei der Markteinführung des Gerätes skeptisch, ob der Tablett-Computer tatsächlich ein Erfolg werden würde und nun liest und hört man überall, der TabletPC sei ein Flopp.

    Von Wolfgang Nitschke

    Es ist nicht ganz leicht fest zu stellen, was nun stimmt und was Marketingstrategie ist. Tatsache ist aber, dass die Hersteller seit der Markteinführung durchaus TabletPCs an die Frau oder den Mann gebracht haben – nur, ob es tatsächlich so viele waren, wie erwartet? Peter Kamiya von Hewlett Packard EMEA – was soviel heißt, wie Europe, MiddleEast, Africa - gibt sich jedenfalls zufrieden. Zumindest in seinem Verkaufsgebiet sei der TabletPC kein Flopp.

    Der TabletPC befindet sich in der Anlaufphase, der so genannten Produkteinführung und zeigt bereits Verkaufszahlen, die über unseren Erwartungen in Europa, aber auch in Deutschland liegen. Dies ist bemerkenswert, wenn die Randbedingungen mit betrachtet werden, in der sich der IT-Markt heute befindet. Dieses Klima ist natürlich nicht ideal um ein neues Produkt in den Markt einzuführen.

    HP kann die Sache in der Tat gelassener sehen, als viele Konkurrenten – fast 70 Prozent aller TabletPCs, die seit November 2002 in Europa verkauft wurden, stammen aus diesem Hause und zumindest das ist sicher ein Grund für Gelassenheit. Allerdings haben hauptsächlich kleine und mittlere Geschäftskunden die neuen Rechner gekauft und Außendienstmitarbeiter ausgestattet. Große Kunden gibt es zwar auch, aber sie lassen sich an einer Hand abzählen. Acer hingegen hat scheinbar aufs falsche Pferd gesetzt. Im Schlussquartal des vergangenen Jahres wurden noch 35.000 Geräte verkauft, und nun klagt man über einen 50-prozentigen Absatzeinbruch im 1. Quartal 2003.

    Natürlich ist es schwer, hier eine Einschätzung der Lage ab zu gegeben. Ich kann mir vorstellen, dass der ein oder andere Mitbewerber nicht so erfolgreich am Markt ist und entsprechend vielleicht eine gewisse Frustration hochkommt. Es steht und fällt alles mit einer fundierten Marktpositionierung und Marketingplänen. Wenn man da im Vorfeld bereits abklärt, wen ich adressiere und wen nicht, dann können solche Überraschungen meines Erachtens nicht auftreten.

    Die Überraschungen erlebten aber auch andere Hardwarepartner von Microsoft. Der viel beschriebene Otto Normalverbraucher zeigt dem TabletPC nämlich die kalte Schulter und dafür sind sicher die saftigen Preise verantwortlich, die zwischen 1.700 und 2.500 Euro liegen. Für Bastian Braun von Microsoft = ist das aber keine Überraschung.

    Privatkunden sind jetzt mit dem TabletPC noch nicht im Focus. Das liegt einerseits daran, dass der TabletPC durchweg ein nicht unbedingt preisgünstiges Produkt ist, sondern einen gewissen Wert darstellt. Hier sehen wir eine Entwicklung vergleichbar mit der des Handys. Zunächst mal nur im Business-Bereich, später dann auch geeignet für den Konsumenten im Verbraucherbereich – das wird aber noch eine entsprechende Zeit brauchen, bis wir hier auch einen Marktdurchbruch erreichen.

    Eine sehr realistische Einschätzung, denn momentan gibt es so gut wie gar keine Software, die einen TabletPC für den Heimanwender attraktiv machen würde und vielleicht ist genau das der Grund, warum sich einige der Hardwarepartner über Microsoft beschwert haben sollen. Microsoft Deutschland jedenfalls kennt solche Beschwerden nicht und verweist auf gemeinsame Marketingevents mit den Hardwarepartnern, auf Kooperationsstrategien und beschwört das gute Klima. Aber – Deutschland ist nicht die Welt. Und anderswo – etwa in Taiwan soll es lange nicht so gut laufen in der Partnerschaft zwischen Microsoft und den Hardwareherstellern:

    Das mag auf die sicherlich lokal unterschiedlichen Kontakte zurück zu führen sein, auch auf die unterschiedlichen Märkte und deren Bedürfnisse. Wir für Deutschland können nur sagen, dass wir sehr zufrieden sind.

    Microsoft ist sich also sicher, dass das Lieblingsspielzeug von Bill Gates, der Computer als moderne Schiefertafel, kein Flopp ist. Allerdings ist es 13 Jahre her, dass der BigBoss das Projekt ins Leben rief und die 13 ist ja nun nicht unbedingt eine Glückszahl. Peter Kamiya von Hewlett Packard ist aber gleichwohl optimistisch.

    Wenn die Technologie in die Volumina geht, dann wird es sich natürlich eins zu eins auch niederschlagen auf die Kosten und somit auch auf den Preis.

    Und außerdem – so betonen sowohl HP als auch Microsoft – hat die CD auch nicht innerhalb von acht Monaten die Schallplatte abgelöst, weshalb auch dem TabletPC mehr Zeit zugestanden werden sollte, um das Notebook zum alten Eisen werden zu lassen.