Samstag, 20. April 2024

Archiv


Digitales Logbuch: Armer Wulff

Wir Bayern haben ein offenes Herz. Wenn uns jemand besuchen kommt, haben wir ihn gerne da. Wir freuen uns auch, wenn er wieder wegfährt, in sein Land, wo er dann vielleicht ein wenig gefoltert wird; er kann ja im nächsten Jahr wiederkommen.

Von Maximilian Schönherr | 07.01.2012
    Wenn dann einmal einer aus Indien bei uns hängen bleibt, wie der Herr Singh, dann sagen wir:

    "Singh, wenn du unbedingt bei uns bleiben willst, setz dich da hinten hin und programmiere ein wenig an den Robotern herum!"

    Unser offenes Herz hat sich da als sehr positiv herausgestellt. Inzwischen ist Herr Singh unser Chefprogrammierer. Obwohl er nicht an Jesus Christus glaubt, hatte er über Weihnachten eine glorreiche Idee und sagte:

    "Jetzt beamen wir die Firma in die Zukunft! Wir beamen Menschen direkt in unsere Roboter hinein."

    Es ist ein etwas unruhiger Samstagnachmittag. Die Roboter in der Fabrikhalle kicken einen Gummiball herum und fallen dauernd übereinander her. Nur einer steht abseits, blickt versonnen zum Fenster hinaus.

    "Sag mal, Angie, weißt du, warum der Roboter F5 so dumm zum Fenster hinausstarrt?"

    "Ja, aber ich darf es dir nicht verraten, hat der Herr Singh gesagt. Geheim."

    Die Angie und ihre kleinen Geheimnisse. Da frage ich doch den F5 einfach selbst.

    "Nein", sagt die Angie, "du fragst ihn nicht!"

    "F5, was ist denn los mit dir, dass du so blöd zum Fenster hinausstarrst?"

    Da zieht mich die Angie beiseite und flüstert:

    "Also, wenn du ihn so fragst, sagt er gar nichts. Er denkt nämlich, er ist gar nicht der F5, er heißt jetzt Wulff."

    "Armer Wolf", sage ich zu dem Roboter, " was ist denn los mit dir?"

    Der Roboter F5 öffnet seinen schmalen Mund und sagt:

    "Ich wollte ein guter Wulff sein.
    Aber ich bin ein schlechter Wulff geworden.
    Ich habe mit Geld herumgemauschelt
    Und Drohanrufe gemacht."

    "Nein", sage ich zur Angie, "das ist doch nicht der Christian Wulff, der Bundespräsident bleiben will?"

    "Doch. Der Singh hat ihn aus dem Internet und Fernsehen zusammengepuzzelt und in den F5 hineingebeamt. Aus Mitleid. Telepatiert."

    "16 Bit?" frage ich.

    "8 Bit. Dem Singh waren 16 Bit zu schade für den Bundespräsidenten."

    "Und kann der Singh jetzt jeden telepatieren? Auch den Guttenberg?"

    "Nein", sagt die Angie, "den Guttenberg nicht, sonst aber alle. Der Guttenberg ist kopiergeschützt."