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Dinge am Draht

IT.- Der Begriff "Internet der Dinge" steht für die zunehmende Vernetzung von Alltagsgegenständen untereinander. Zahlreiche Bereiche des Lebens könnten dadurch vereinfacht werden – vom Gütertransport über die Lebensmittelkontrolle bis hin zur Patientenbetreuung.

Von Jan Rähm | 23.06.2012
    Beinahe kein Ding, das nicht irgendwann im Internet der Dinge vernetzt werden soll. Solange es eine IP-Adresse zugewiesen bekommen kann, kann es auch ins Netz integriert werden. Ding, damit sind Gegenstände, Sensoren, Maschinen und vieles mehr gemeint. Wie eine solche Vernetzung aussehen kann und was das bringt, erklärt Martin Fiedler vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik, IML. Im Projekt DyCoNet gibt der Forscher Frachtgut eine Historie.

    "Wir überwachen Produkte von der Herstellung, über den Transport bis hin in einen Shop, wo die Produkte dann später an einen Kunden verkauft werden. Und das machen wir hier mithilfe von intelligenten Ladungsträgern."

    Das heißt, die Wissenschaftler rüsten Transportpaletten oder auch Luftfracht-Container mit speziellen Sensoren aus. Diese erfassen dann während des Transports, ob es zum Beispiel starke Temperaturschwankungen gab, der Ladungsträger gestürzt wurde oder andere ungewollte Ereignisse stattgefunden haben.

    "Das merkt dann dieser Sensor, dieser Ladungsträger, dieser Container und kann dieses auch aktiv dann einem Fahrer zum Beispiel im Lkw mitteilen. Das heißt, der Fahrer sieht auf einer App, auf einem Smartphone dann tatsächlich direkt: Was läuft dort vor Ort? – und kann dort direkt intervenieren."

    Zum Beispiel wenn eine digital bestückte Palette verrutscht, bekommt der Fahrer eine Meldung und kann im Frachtraum nachsehen, ob die Ladungssicherung noch intakt ist. Wenn die Palette bei Verrutschen gar gegen die Bordwand gestoßen ist, wird auch das protokolliert.

    "Diese Sensorik-Informationen werden gespeichert und auch an einen Lieferschein gehängt. Das heißt, bei einer späteren Übergabe dann an einen Shop da kommt dann der zweite Teil ins Spiel, kann dann bei einer Wareneingangskontrolle gesehen werden, Ja, das Handling von der Produktion am Anfang sogar, bis hin zu dieser Übergabe lief soweit alles korrekt. Die Umwelteinflüsse blieben genau in dem vorgegebenen Rahmen und so können die Waren dann auch tatsächlich nach Typklasse, nach Qualitätsklasse eingestuft werden."

    Die neue Einstufung findet sich dann auf einem elektronischen Preisschild wieder. Dort soll einmal der Preis je nach Zustand und Historie der Ware angezeigt werden. Beispiel Blumen: Sind sie schon ein paar Tage älter oder war wenn die Kühlkette beim Transport nicht geschlossen, dann könnten sie entsprechend billiger angeboten werden.

    DyCoNet ist Teil des europäischen Leuchtturm-Projekts IoT-A. In diesem Projekt soll die Architektur des Internets der Dinge grundlegend festgelegt werden. Auch in medizinischen Anwendungen wie dem CATTID-Projekt. Ebru Zeybek von der Universität Rom erklärt:

    "Wir kontrollieren damit die Medikamentengabe im Krankenhaus. Wir haben einen Modell-Patienten. Der braucht zweimal täglich seine Pillen. Und unser System überprüft, ob der richtige Patient die richtigen Tabletten in der richtigen Dosis verabreicht bekommt."

    Andere medizinische Projekte für das Internet der Dinge kümmern sich beispielsweise darum, dass bei einer OP nichts vom Operationsbesteck im Patienten zurückbleibt. In CATTID geht es um die korrekte Medikation. Und die muss auf jeden Patienten speziell zugeschnitten sein.

    "Die Krankenschwester hat einen Tablet-Computer mit einem NFC-Lesemodul. Sie erfasst zuerst das elektronische Armband des Patienten und überprüft seine digitale Patientenakte. Danach scannt sie mit den NFC-Tag des Medikaments."

    Noch sind die NFC-Responder nur aufgeklebt. Später ist denkbar, dass die Hersteller entsprechende Elektronik schon bei der Herstellung direkt in die Verpackung integrieren. NFC selbst steht für Nearfield Communication und bezeichnet eine Nahbereichsfunktechnik.

    "Das System überprüft automatisch, ob die Medizin zum Patienten passt. Passt sie nicht oder ist die Dosis falsch, gibt es eine Warnung. So wollen wir Fehlmedikation verhindern."

    Neben Medizin und Logistik denken Wissenschaftler, Ingenieure und Entwickler noch an viele weitere Einsatzgebiete. Das reicht vom intelligenten Wohnhaus bis hin zu komplett vernetzten Städten, in denen tausende Sensoren Umwelt-Daten und auch freie Parkplätze melden. Nahezu alle Bereiche des Lebens sollen in das Konzept vom "Internet der Dinge" einbezogen werden.