Die Suche nach einem Doktorvater ist vergleichsweise einfach: sie melden sich bei einem unserer Professoren und diskutieren mit ihm a) über ihre bisherigen Qualifikationen und b) über das Thema. Und danach wird entschieden, ob er sie als Doktorand annimmt oder nicht.
Doch in vielen Fällen lautet die Antwort leider "nein". Auch bei Prof. Horst Schellhaaß, dem Dekan der Kölner Wiso-Fakultät, ist der Andrang groß. Falls der unbekannte "externe" Promotionswillige überhaupt zu ihm vorgedrungen ist. Viele scheitern bereits an den Formalien. Zum Beispiel an der Promotionsordnung. Denn davon gibt es allein in Deutschland über 900 verschiedene.
Entweder Sie analysieren selber alle einzelnen Promotionsordnungen, was aufwendig ist, aber sicherlich zu bewältigen, das zentrale Problem ist: wie identifizieren Sie als Außenstehende die Betreuungsqualitäten eines potentiellen Doktorvaters?!
Promotionsberater Dr. Martin Drees wirbt mit einem reichen Kontingent an – wie er sie nennt – "Bilderbuchdoktorvätern".
Also wir werden unter anderem unterstützt von einem dreistelligen Beziehungsgeflecht freiberuflicher Mitarbeiter, sogenannter "Kooperationspartner", wenn wir jemanden als für uns attraktiven Betreuer identifiziert haben, werden wir in unterschiedlicher Weise versuchen, mit ihm Kontakt aufzunehmen, ich will das nicht allzu sehr in Details vertiefen, weil das natürlich unser wertvollstes Know-How ist.
Fest steht: der künftige Doktorand spricht erst dann beim potentiellen Doktorvater vor, wenn Dr. Drees dieses Erstgespräch so gut vorbereitet hat, dass es aller Wahrscheinlichkeit nach positiv verlaufen wird. Ansonsten erstattet der Promotionsberater großzügig die Anzahlung. In der Regel ein Drittel von 15.000 Euro.
Wie Szenekenner Drees seine Kooperationspartner findet, für sich gewinnt und bei Laune hält, das bleibt sein Geheimnis. Martin Drees kann nach eigenen Angaben schon seit 10 Jahren vom Geschäft mit der – wie er es nennt - "Wissenschaftsberatung" leben. An den Universitäten hingegen bleiben Promotionsberater ein geheimnisvolles Phantom. Der Dekan der Wiso-Fakultät kennt jedenfalls niemanden, der diese Dienstleistung in Anspruch genommen hätte:
Es ist bislang noch nicht passiert, so dass wir noch kein institutionalisiertes Verfahren haben, was wir in so einem Fall machen würden, wir würden das auf jeden Fall prüfen.
Sollte rauskommen, dass ein Doktorand nicht nur legale, sondern auch unzulässige Hilfe in Anspruch genommen hat, wird er vom Promotionsverfahren ausgeschlossen bzw. der Doktorgrad nachträglich aberkannt. Ein Fall, der in der Praxis aber so gut wie nie vorkommt. Wo kein Kläger, da kein Richter. Wer sollte auch die Funktion der Kontrollinstanz übernehmen? Bisher die einzige Absicherung: die standardisierte Zusatzerklärung, in der jeder Doktorand bestätigt, dass seine Dissertation ohne Hilfe Dritter entstanden ist. Was "Hilfe" genau heißt, ist allerdings Ermessenssache. Stichwort: Literaturrecherche.
Sie können sich etwas auswählen lassen, also dass jemand Ihnen Hinweise gibt: lesen Sie jetzt nicht 1000 Seiten, sondern lesen Sie 100 Seiten der und der wichtigsten Artikel.
Berater Drees wälzt also unzählige Fachzeitschriften, bestellt vergriffene Bücher über Fernleihe. In seinem Experten-Pool hat er Fachkräfte, die komplizierte Grafiken erstellen und bei Bedarf die Doktorarbeit schon mal vorab "korrekturlesen". Die Grenze zwischen legalen und verboten Hilfsangeboten ist dabei rechtlich klar definiert: sie liegt da, wo "Beratung" endet und "inhaltliche Gestaltung" beginnt:
Üblicherweise nehmen wir ja keinen Einfluss auf Dinge, die mit der inhaltlichen Gestaltung zusammen hängen, d.h. also: dass Sie einen Anlass haben, mich jetzt persönlich z.B. eben irgendwo in der Erklärung zu erwähnen, ist in der Realität nicht denkbar und wird auch nicht vorkommen.
Und irgendwo enden auch die Möglichkeiten eines Promotionsberaters: Laut Prüfungsordnung muss der Doktorand die relevante Literatur selbst gelesen haben und in den wissenschaftlichen Text einarbeiten. Deshalb gibt es bei Martin Drees auch keine Erfolgsgarantie. Seine Quote – nach eigenen Angaben: 80 Prozent. Dafür tut er, was er kann:
Wir dürfen, wie alle Menschen auch, mit dem Doktoranden alles diskutieren, wir dürfen nicht schreiben. Das ist ne ganz klare Abgrenzung, die man gar nicht weiter also vertiefen kann oder muss.
Auch die Unterstützung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ist offenbar eine heikle Angelegenheit, mit der niemand gerne hausieren geht. Jedenfalls war keiner, der Dr. Drees’ Dienste in Anspruch nahm, bereit, vor dem Mikrofon darüber zu sprechen.