Neun Männer und Frauen. Sie sind Juristen, arbeiten als Rechtsanwälte, als Richter. Eine Klägerin sitzt im Vorstand einer Aktiengesellschaft. Alle haben einen Doktortitel - und dürfen ihn behalten – müssen Visitenkarten, Briefköpfe und Türschilder nicht auswechseln. Und das, obwohl sie den Titel bei einem rechtskräftig verurteilten Betrüger erworben haben. Als die Betroffenen mit ihrer Promotion begannen, standen sie bereits voll im Berufsleben und hatten nach eigener Aussage keine Zeit, sich selbst einen Doktorvater und ein Thema zu suchen.
Da waren ihnen die Dienste, die eine sogenannte "Wissenschaftsberatungsgesellschaft" aus Bergisch-Gladbach anbot, recht – wenn auch mit 20.000 Euro nicht gerade billig. Die Agentur vermittelte einen Doktorvater - einen Professor der Uni Hannover - im Nebenamt Richter beim Oberlandesgericht Celle. Dafür, dass er sich von der Agentur fürstlich entlohnen ließ, sitzt er mittlerweile im Gefängnis – rechtskräftig verurteilt vom Landgericht Hildesheim wegen Betrugs in 68 Fällen.
Die Titel, die er als Doktorvater maßgeblich mitverantwortete, kassierte die Uni Hannover wieder. Das aber sahen die Betroffenen nicht ein und klagten. Seine Mandanten hätten nicht durchschaut, dass es bei ihrer Promotion nicht mit rechten Dingen zuging, sagt Ralph Heiermann, einer der Kläger-Anwälte:
"Meine Mandanten sind ja selbst die Betrogene. Die Verträge, die sie mit der Wissenschaftsberatungsgesellschaft geschlossen haben, bezogen sich ja nur darauf, dass wie bei einer Maklertätigkeit eine Hochschule gesucht wird, bei der man ordentlich promovieren kann, was natürlich keiner von den Betroffenen wusste, ist, dass da intern Absprachen zwischen dieser Wissenschaftsberatungsgesellschaft und dem späteren Doktorvater bestanden, dass da offensichtlich Gelder geflossen sind. Davon wussten die natürlich nichts. Haben auch Ordnungsgemäß nach der Promotionsordnung die Auflagen erfüllt, also Scheine gemacht beziehungsweise an Seminaren teilgenommen, die Arbeit selbstverständlich selbst verfasst. Von daher können sich die Kläger überhaupt keinen Vorwurf machen."
Der Dekan der Juristischen Fakultät in Hannover, Professor Henning Radkte, kann das nach wie vor nicht glauben. Die Doktoranden seien doch selbst Juristen und hätten den Betrug des Professors erkennen müssen. Der Dekan verweist auf Stillschweigeabkommen, die es den Promoventen sogar untersagten, mit der Sekretärin des betrügerischen Professors über das Vermittlungsgeschäft zu reden. Aber selbst wenn die Promoventen völlig ahnungslos waren: Eine Promotion bei einem bestochenen Doktorvater kann nicht gültig sein, meint der Dekan:
"Der entscheidende Punkt ist, dass sich die Befangenheit des früheren Professors ausgewirkt hat auf die Titelerteilung in allen Fällen. Der wirtschaftliche Erfolg hing davon ab, dass die Doktoranden ihren Titel erlangten, denn davon hing die zweite Rate seines Honorars ab. Deshalb gehen wir davon aus: Ein Prüfer, der von diesen Erwägungen getragen wird, ist befangen. Und diese Befangenheit hat sich auf seine Sachentscheidung ausgewirkt. Deshalb halten wir daran fest: die Titel mussten zurückgenommen werden."
Zwar gab es wie bei jedem ordentlichen Promotionsverfahren auch einen Zweitgutachter. Doch der orientiert sich in der Regel daran, was der Erstgutachter vorgibt, sagt der Dekan:
"Das dann, wenn der Fachgutachter befangen ist und zu bestimmten Ergebnissen kommen will, der Zweitgutachter nicht immer in der Lage ist, das zu korrigieren, ist ein gewisser Mangel des Promotionsverfahrens, der aber – menschlich verständlich – nicht abzustellen ist."
Die Richter am Verwaltungsgericht Hannover überzeugte die Argumentation der Universität allerdings nicht. Zwar sei der von der Vermittlungsagentur bestochene Professor befangen gewesen. Dass seine Prüflinge dies wussten, sei ihnen aber nicht nachzuweisen, sagt Gerichtssprecher Ingo Behrens:
"Hätten die Promoventen etwa davon gewusst, dass der entsprechende Professor da bestochen worden ist, dann hätten dieses Verfahren möglicherweise auch anders ausgehen können. Nur, das war ihnen eben nicht nachzuweisen."
Auch dass die Prüfungs-Ergebnisse durch die Bestechung beeinflusst wurden, sehen die Richter nicht als erwiesen an. Die Juristen dürfen ihre Doktortitel deshalb weiter führen, so das Urteil. Eine Grundsatzentscheidung für ähnliche Fälle ist das aber nicht. Bei solchen Verwaltungsverfahren müsse immer der Einzelfall geprüft werden, betonten die Richter. Henning Radtke , der Jura-Dekan der Uni Hannover, aber sieht durchaus grundsätzliche Auswirkungen der Entscheidung:
"Wenn der Geruch aufkommt, Doktortitel seien käuflich!. Es ist schwer, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass es in den konkreten Fällen nicht um die Käuflichkeit des Titels als solche geht, aber der Umstand, dass jemand Geld zahlt und ein Teil dieses Geldes geht an einen Hochschullehrer, der dann dafür die Betreuung übernimmt, dann noch zu sagen: das ist alles Lauter gewesen. Das ist ein so riesiger Imageschaden."
Und zwar für die Wissenschaft insgesamt. Die Justiziarin der Universität Hannover kündigte denn auch an, in die nächste Instanz - vor das Oberverwaltungsgericht Lüneburg – gehen zu wollen.
Da waren ihnen die Dienste, die eine sogenannte "Wissenschaftsberatungsgesellschaft" aus Bergisch-Gladbach anbot, recht – wenn auch mit 20.000 Euro nicht gerade billig. Die Agentur vermittelte einen Doktorvater - einen Professor der Uni Hannover - im Nebenamt Richter beim Oberlandesgericht Celle. Dafür, dass er sich von der Agentur fürstlich entlohnen ließ, sitzt er mittlerweile im Gefängnis – rechtskräftig verurteilt vom Landgericht Hildesheim wegen Betrugs in 68 Fällen.
Die Titel, die er als Doktorvater maßgeblich mitverantwortete, kassierte die Uni Hannover wieder. Das aber sahen die Betroffenen nicht ein und klagten. Seine Mandanten hätten nicht durchschaut, dass es bei ihrer Promotion nicht mit rechten Dingen zuging, sagt Ralph Heiermann, einer der Kläger-Anwälte:
"Meine Mandanten sind ja selbst die Betrogene. Die Verträge, die sie mit der Wissenschaftsberatungsgesellschaft geschlossen haben, bezogen sich ja nur darauf, dass wie bei einer Maklertätigkeit eine Hochschule gesucht wird, bei der man ordentlich promovieren kann, was natürlich keiner von den Betroffenen wusste, ist, dass da intern Absprachen zwischen dieser Wissenschaftsberatungsgesellschaft und dem späteren Doktorvater bestanden, dass da offensichtlich Gelder geflossen sind. Davon wussten die natürlich nichts. Haben auch Ordnungsgemäß nach der Promotionsordnung die Auflagen erfüllt, also Scheine gemacht beziehungsweise an Seminaren teilgenommen, die Arbeit selbstverständlich selbst verfasst. Von daher können sich die Kläger überhaupt keinen Vorwurf machen."
Der Dekan der Juristischen Fakultät in Hannover, Professor Henning Radkte, kann das nach wie vor nicht glauben. Die Doktoranden seien doch selbst Juristen und hätten den Betrug des Professors erkennen müssen. Der Dekan verweist auf Stillschweigeabkommen, die es den Promoventen sogar untersagten, mit der Sekretärin des betrügerischen Professors über das Vermittlungsgeschäft zu reden. Aber selbst wenn die Promoventen völlig ahnungslos waren: Eine Promotion bei einem bestochenen Doktorvater kann nicht gültig sein, meint der Dekan:
"Der entscheidende Punkt ist, dass sich die Befangenheit des früheren Professors ausgewirkt hat auf die Titelerteilung in allen Fällen. Der wirtschaftliche Erfolg hing davon ab, dass die Doktoranden ihren Titel erlangten, denn davon hing die zweite Rate seines Honorars ab. Deshalb gehen wir davon aus: Ein Prüfer, der von diesen Erwägungen getragen wird, ist befangen. Und diese Befangenheit hat sich auf seine Sachentscheidung ausgewirkt. Deshalb halten wir daran fest: die Titel mussten zurückgenommen werden."
Zwar gab es wie bei jedem ordentlichen Promotionsverfahren auch einen Zweitgutachter. Doch der orientiert sich in der Regel daran, was der Erstgutachter vorgibt, sagt der Dekan:
"Das dann, wenn der Fachgutachter befangen ist und zu bestimmten Ergebnissen kommen will, der Zweitgutachter nicht immer in der Lage ist, das zu korrigieren, ist ein gewisser Mangel des Promotionsverfahrens, der aber – menschlich verständlich – nicht abzustellen ist."
Die Richter am Verwaltungsgericht Hannover überzeugte die Argumentation der Universität allerdings nicht. Zwar sei der von der Vermittlungsagentur bestochene Professor befangen gewesen. Dass seine Prüflinge dies wussten, sei ihnen aber nicht nachzuweisen, sagt Gerichtssprecher Ingo Behrens:
"Hätten die Promoventen etwa davon gewusst, dass der entsprechende Professor da bestochen worden ist, dann hätten dieses Verfahren möglicherweise auch anders ausgehen können. Nur, das war ihnen eben nicht nachzuweisen."
Auch dass die Prüfungs-Ergebnisse durch die Bestechung beeinflusst wurden, sehen die Richter nicht als erwiesen an. Die Juristen dürfen ihre Doktortitel deshalb weiter führen, so das Urteil. Eine Grundsatzentscheidung für ähnliche Fälle ist das aber nicht. Bei solchen Verwaltungsverfahren müsse immer der Einzelfall geprüft werden, betonten die Richter. Henning Radtke , der Jura-Dekan der Uni Hannover, aber sieht durchaus grundsätzliche Auswirkungen der Entscheidung:
"Wenn der Geruch aufkommt, Doktortitel seien käuflich!. Es ist schwer, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass es in den konkreten Fällen nicht um die Käuflichkeit des Titels als solche geht, aber der Umstand, dass jemand Geld zahlt und ein Teil dieses Geldes geht an einen Hochschullehrer, der dann dafür die Betreuung übernimmt, dann noch zu sagen: das ist alles Lauter gewesen. Das ist ein so riesiger Imageschaden."
Und zwar für die Wissenschaft insgesamt. Die Justiziarin der Universität Hannover kündigte denn auch an, in die nächste Instanz - vor das Oberverwaltungsgericht Lüneburg – gehen zu wollen.