"Interessanterweise haben wir festgestellt, dass in den letzten Jahren, so ungefähr ab 2005, die Zuckerzufuhr von Kindern und Jugendlichen gesunken ist. Und das ist natürlich eine sehr positive Entwicklung."
Ute Alexy ist Ernährungswissenschaftlerin und arbeitet für die Universität Bonn an der sogenannten Donald-Studie mit. In dieser Langzeitstudie wird seit 1985 die Ernährung von über 1.000 Kindern und Jugendlichen untersucht. Über die Jahre ist damit ein riesiger Schatz an Daten entstanden, den die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler regelmäßig auswerten.
Süße Getränke sind problematisch
Nun haben sich Ute Alexy und ihr Team genauer angesehen, wie viel Zucker die Kinder und Jugendlichen konsumieren. Nicht nur Zucker in fester Nahrung, sondern auch in Getränken, stellt dabei ein großes Problem dar.
"Bei gesüßten Getränken denkt man natürlich an erster Stelle an Limonaden oder Eistees. Aber viele wissen nicht, dass Fruchtsäfte praktisch genauso viel Zucker und auch damit viel Energie enthalten wie Limonaden im Mittel. Und das war der Hintergrund, weshalb die WHO gesagt hat, diese Unterscheidung in zugesetzte Zucker und natürliche Zucker reicht nicht aus. Sondern die Fruchtsäfte sind aufgrund des hohen natürlichen Zuckergehalts genauso zu bewerten wie andere gesüßte Getränke auch. Und das ist der Hintergrund, warum die jetzt auch von freien Zuckern sprechen."
Als freien Zucker bezeichnen die Forscherinnen und Forscher also die Summe aus zugesetzten Zuckern und solchen, die natürlicherweise in Säften enthalten sind.
"Der Hintergrund ist, dass gerade gesüßte Getränke oder zuckerhaltige Getränke besonders schädlich für die Gesundheit sind, weil die Energiezufuhr aus diesen Getränken vom Körper nicht richtig erkannt wird und deshalb bei den nächsten Mahlzeiten nicht kompensiert wird."
Anteil von Zucker ist zu hoch
Für die -Studie haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun über 10.000 Ernährungsprotokolle ihrer Probandinnen und Probanden ausgewertet. Darin haben die Studienteilnehmer drei Tage lang detailliert aufgezeichnet, was sie gegessen haben. Dabei zeigte sich: Der Anteil des sogenannten freien Zuckers an der täglichen Gesamtenergieaufnahme ist mit rund 16 Prozent immer noch viel zu hoch. Die WHO empfiehlt hier einen Anteil von höchstens zehn Prozent. Doch der Vergleich mit den Langzeitdaten der Studie zeigt einen erfreulichen Trend: Seit 2005 geht der Zuckerkonsum kontinuierlich zurück.
"Wir liegen jetzt deutlich unter den Werten von 1985. Also, in den letzten Jahren ist die Zuckerzufuhr unter den Ausgangswert von den 80er-Jahren sozusagen runtergegangen."
Über die genauen Gründe für diesen Rückgang können Ute Alexy und ihr Team bislang nur spekulieren. Sie suchen momentan in den Ernährungsprotokollen nach Trends, welche Produkte heute weniger konsumiert werden als noch vor ein paar Jahren.
Zweite Auswertung anhand von Urinproben
Ihre Ergebnisse aus der Auswertung der Ernährungsprotokolle haben die Forscherinnen und Forscher noch mit einem weiteren Verfahren überprüft. Denn es könnte ja sein, dass die Studienteilnehmerinnen und –teilnehmer nicht so genau protokolliert haben, was sie wirklich essen.
"Deshalb hatten wir jetzt noch eine zweite Auswertung gemacht auf Basis der Urinproben, die wir auch gesammelt haben parallel zu den Protokollen. Und es gibt einen Biomarker für die Zuckerzufuhr, das ist die Saccharose- und die Fruktose-Ausscheidung im Urin, das sind nur ganz kleine Mengen. Aber wenn man eine hohe Zuckerzufuhr hat, also wenn man viel Saccharose isst und viel Fruktose isst, dann steigt auch diese Saccharose- und Fruktose-Ausscheidung an. Das heißt, das ist ein Biomarker für die Zuckerzufuhr."
Und auch hier bestätigte sich der positive Trend. Dennoch sieht Ute Alexy auch weiterhin viel Handlungspotenzial - vor allem für die Politik. Eine Zuckersteuer oder eine Lebensmittelampel könnten Ansatzpunkte sein. Denn der Zuckerkonsum unter Kindern und Jugendlichen ist noch immer viel zu hoch, und könnte sogar noch höher sein als in der Donald-Studie gemessen.
"Wir haben ja auch in der Donald-Studie ein relativ ausgewähltes Kollektiv, sag ich mal. Unsere Probanden haben einen höheren sozioökonomischen Status als der Durchschnitt der Bevölkerung und sind wahrscheinlich auch noch mehr an Ernährungsthemen interessiert. Das lässt sich bei so einer aufwendigen Studie wie der Donald-Studie auch nicht vermeiden. Wir haben einfach sehr hohe Ansprüche an unsere Probanden, was so die Compliance angeht. Die müssen regelmäßig zu uns kommen. So ein Ernährungsprotokoll zu führen ist sehr aufwendig. Vom 24-Stunden-Urin gar nicht zu reden. Und deshalb nehmen an solchen Studien langfristig wirklich nur die Interessierten teil."