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Dopingkontrollen
Verbände und Sportler werden zur Kasse gebeten

2015 hat die Nationale Anti-Dopingagentur NADA alle Trainings- und Wettkampfkontrollen übernommen. Die Sportverbände haben sich verpflichtet, einen Teil der Kosten zu übernehmen. Doch weil sie damit finanziell an ihre Grenzen kommen, kürzen sie jetzt die Gelder bei ihren Sportlern.

Von Heinz Peter Kreuzer | 18.07.2018
    Ein Doping-Kontrolleur in der Fußball-Bundesliga
    Dopingkontrollen kosten Geld und um die Finanzierung wird heftig gerungen (imago Sportfoto)
    Das Dopingkontrollsystem der Nationalen Anti-Doping-Agentur NADA umfasst Probenentnahmen von Blut und Urin, den Versand und die Analysekosten der Labore. Etwa 5,5 Millionen Euro jährlich gibt sie dafür aus. Nicht enthalten in dieser Summe sind die Personalkosten der NADA. Den größten Anteil trägt der Bund. Mit einer Million Euro beteiligten sich die Sportverbände, 2017 wurde der Anteil allerdings um eine knappe Viertelmillion Euro erhöht. Im ersten Jahr übernahm der Deutsche Olympische Sportbund DOSB ausnahmsweise die Mehrkosten.
    Anfang 2018 wurde dann ein neuer Verteilerschlüssel für die Verbände erarbeitet. Im Juni folgten die Rechnungen. Thomas Konietzko, Präsident des Deutschen Kanu-Verbandes DKV, war von der Höhe der Summe überrascht, weil der Verband allein fast 20 Prozent des Gesambetrages tragen muss.
    Statt 45.000 auf einmal 88.000 Euro fällig
    "Diese Formel wurde von einer Arbeitsgruppe im DOSB entwickelt und beinhaltet Trainingskontrollen, Wettkampfkontrollen, Blutkontrollen, und auf Grund der hohen Anzahl von Kontrollen in unserem Verband, die von uns übrigens so gewollt waren, haben wir eine Summe zu zahlen, mit der wir überhaupt nicht gerechnet haben und auch nicht rechnen konnten."
    Der Präsident des Deutschen Kanu-Verbandes, Thomas Konietzko, aufgenommen am 23.07.2013.
    Der Präsident des Deutschen Kanu-Verbandes, Thomas Konietzko. (dpa / picture alliance / Bernd Settnik)
    Was zusätzlich ins Gewicht fällt. Kanu wird wie auch beispielsweise Rudern zu den so genannten Risikosportarten gezählt. So mussten die Kanuten statt wie bisher 45.000 auf einmal 88.000 Euro aufbringen. DKV-Chef Konietzko sah nur eine Möglichkeit, das Geld aufzubringen. Neben Kürzungen im Haushalt und bei den Fernsehgeldern für Veranstalter wurden auch die Ausschüttungen der Sponsorengelder für die Athleten um 20.000 Euro gekürzt. Für die Sportler bedeutet das jeweils Mindereinnahmen von 100 bis 300 Euro.
    "Ich bin trotzdem sehr dankbar, dass die Sportler am Ende zwar zähneknirschend, aber doch der einmaligen Finanzierung aus Sponsormitteln für das Jahr 2018 zugestimmt haben."
    Olympiasieger Sebastian Brendel hat Verständnis für die Maßnahme:
    "Für und als Sportler ist das natürlich sehr unzufriedenstellend. Es ist komisch, dass wir dafür bezahlen müssen, um zu beweisen, dass wir sauber sind. Aber das ist gerade die Situation, und damit müssen wir erst einmal umgehen."
    Sebastian Brendel (Potsdam) jubelt in Segrate (Italien) bei der Kanu- Weltmeisterschaft über seinen Sieg im Canadier-Einer über 1000 Meter.
    Sebastian Brendel ist einer der erfolgreichsten deutschen Kanuten (picture alliance / dpa - Ute Freise)
    "Falsches Signal"
    Über den hohen Anteil der Kanuten ist auch Brendel verwundert. Nach seiner Meinung könnte das für den Sport zuständige Bundesinnenministerium die kompletten Kosten für die Dopingkontrollen übernehmen. Kritik am DKV übt die NADA:
    "Die Weiterleitung der Mehrkosten an die Athletinnen und Athleten halten wir hingegen für ein falsches Signal. Wir setzen uns gemeinsam mit den sauberen Athletinnen und Athleten für ein angemessenes Dopingkontrollsystem in Deutschland ein, um damit auch international für Chancengleichheit und Fairness einzustehen. Wir würden uns sehr freuen, wenn auch die Sportfachverbände diese Ansicht teilen und ihren anteiligen Beitrag dazu leisten."
    Der Ruder-Verband konnte die Mehrkosten, die in ähnlicher Höhe wie beim DKV lagen, mit Hilfe von Rücklagen vorläufig auffangen. Für die Zukunft müssen sich die Verbände etwas einfallen lassen, damit dies ein einmaliger Fall bleibt. Denn schon für 2020 ist eine Erhöhung der Beteiligung auf 1,5 Millionen Euro avisiert.