"Wir arbeiten, wir wohnen in Zimmern, wir grüßen, wir halten die Tür auf, wir sind keine Türken, wir sind keine Griechen, wir sind neue Menschen."
Sie sind da, und: Sie sind überall. Während wir sie eigentlich noch auf Booten und an Zäunen an den Grenzen der Festung Europa wähnen oder während wir sie uns allenfalls als Sexarbeiterinnen oder Asylanten in Abschiebecontainern vorstellen können, sind sie längst zu Tausenden unter uns: die sogenannten "Illegalen".
Sie sind unauffällig, sie halten sich an die Gesetze, sie halten sich noch an die kleinste Regel, sie gehen nie bei Rot über die Ampel, sie gehen nach der Arbeit sofort nach Hause, sie öffnen nie die Tür, wenn es unerwartet klingelt. Heißt es immer wieder im Stück. Sie haben Angst, erkannt zu werden, entdeckt zu werden, abgeschoben zu werden. Sie arbeiten, sie putzen, sie pflegen unsere Alten, sie transportieren unser Obst.
Sie haben ihre Heimat verlassen, weil für sie dort kein menschenwürdiges Leben möglich war. Jetzt sind sie frei: vogelfrei, sie sind ohne Heimat, ohne Papiere, ohne Bindung. Sie sind kreativ, weil sie nur so überleben können. Sie sind: die neuen Menschen. Und wir sind die Alten.
"Wir sind schneller als ihr. Wir sind beweglicher als ihr. Wir sind stärker als ihr. Wir sind Ströme. Ströme von neuen Menschen."
"Illegal", das Projekt in den Münchner Kammerspielen von Dramaturg und Autor Björn Bicker und Regisseur Peter Kastenmüller beginnt als eine Bedrohung. In vier Gruppen wird das Publikum zusammengeschleust, wird wohl bewusst in enge und langatmige Wartesituationen gebracht, um dann jeweils gruppenweise an verschiedene Stationen der Produktion geleitet zu werden. Im Foyer, im Rang, im Zuschauerraum, auf der Bühne.
Dabei sind die Illegalen an einer dieser Stationen zum Beispiel tatsächlich auch hier im Theater unter uns, treten aus der Anonymität der Zuschauermenge plötzlich in den chorischen Szenen hervor, um dann wieder in dieser Menge zu verschwinden.
Dramaturg Björn Bicker, der sich als Autor Polle Wilbert nennt, hat in München die Situation der Illegalen recherchiert und hat viel dokumentarisches Material gesammelt. Seine Interviews, die Erfahrungsberichte, die er gehört hat, bilden Grundlage für die Texte des Abends, aus denen immer mal wieder Geschichten herausragen, kurze Einblicke in Schicksale aus der Grauzone unserer Realität, die sich vor unseren Augen abspielt, ohne dass wir sie wirklich wahrhaben oder auch wahrhaben wollen.
"Du studierst, Du hast keinen Schlüssel, tagsüber gehst Du auf den Gemüsemarkt, Du verlädst Obst, und dann besuchst Du die Kurse, immer dieselben Wege, nie anders, die ersten drei Monate, versuchst Du Gespräche außerhalb des Unterrichts zu vermeiden, Du vermeidest Kontakt, Du hast angst vor den Fragen, Du hast Angst vor den Menschen, aber Du bist ein guter Student."
Das Stationendrama "Illegal" in den Münchner Kammerspielen, das auch ein kurzes Konzert der Band Kamerakino einschließt, die sich zu harten Rhythmen Gedanken etwa über Akkordarbeit macht, das Stationendrama endet schließlich in einer fast klassischen Theater-Situation.
Dabei sitzt ein Teil des Publikums im Zuschauerraum, ein anderer Teil sitzt auf der Bühne, und dazwischen erstrecken sich zwei Podeste, die zusammen so wirken, als seien sie eine Art zu breit geratener Laufsteg. Und auf diesem präsentieren sie sich, gruppieren sich, erzählen von sich, hart, ohne wehleidig zu sein, und ebenso hart fixieren sie auch das Publikum.
"Illegal" ist keine Betroffenheitsdramatik, sondern versucht, auf eindringliche, sprachlich rhythmisierte Weise auf ein Thema aufmerksam zu machen, das unsere Gesellschaft noch immer verdrängt, von dessen Konsequenzen sie aber längst unterwandert ist, und das eben gerade nicht nur im Rotlichtbezirk. Und auch wenn in einem bürgerlichen Kulturtempel wie den Münchner Kammerspielen letztlich nur eine ohnehin politisch und gesellschaftlich sensibilisierte Klientel damit konfrontiert wird, so ist das immerhin ein Anfang.
Sie sind da, und: Sie sind überall. Während wir sie eigentlich noch auf Booten und an Zäunen an den Grenzen der Festung Europa wähnen oder während wir sie uns allenfalls als Sexarbeiterinnen oder Asylanten in Abschiebecontainern vorstellen können, sind sie längst zu Tausenden unter uns: die sogenannten "Illegalen".
Sie sind unauffällig, sie halten sich an die Gesetze, sie halten sich noch an die kleinste Regel, sie gehen nie bei Rot über die Ampel, sie gehen nach der Arbeit sofort nach Hause, sie öffnen nie die Tür, wenn es unerwartet klingelt. Heißt es immer wieder im Stück. Sie haben Angst, erkannt zu werden, entdeckt zu werden, abgeschoben zu werden. Sie arbeiten, sie putzen, sie pflegen unsere Alten, sie transportieren unser Obst.
Sie haben ihre Heimat verlassen, weil für sie dort kein menschenwürdiges Leben möglich war. Jetzt sind sie frei: vogelfrei, sie sind ohne Heimat, ohne Papiere, ohne Bindung. Sie sind kreativ, weil sie nur so überleben können. Sie sind: die neuen Menschen. Und wir sind die Alten.
"Wir sind schneller als ihr. Wir sind beweglicher als ihr. Wir sind stärker als ihr. Wir sind Ströme. Ströme von neuen Menschen."
"Illegal", das Projekt in den Münchner Kammerspielen von Dramaturg und Autor Björn Bicker und Regisseur Peter Kastenmüller beginnt als eine Bedrohung. In vier Gruppen wird das Publikum zusammengeschleust, wird wohl bewusst in enge und langatmige Wartesituationen gebracht, um dann jeweils gruppenweise an verschiedene Stationen der Produktion geleitet zu werden. Im Foyer, im Rang, im Zuschauerraum, auf der Bühne.
Dabei sind die Illegalen an einer dieser Stationen zum Beispiel tatsächlich auch hier im Theater unter uns, treten aus der Anonymität der Zuschauermenge plötzlich in den chorischen Szenen hervor, um dann wieder in dieser Menge zu verschwinden.
Dramaturg Björn Bicker, der sich als Autor Polle Wilbert nennt, hat in München die Situation der Illegalen recherchiert und hat viel dokumentarisches Material gesammelt. Seine Interviews, die Erfahrungsberichte, die er gehört hat, bilden Grundlage für die Texte des Abends, aus denen immer mal wieder Geschichten herausragen, kurze Einblicke in Schicksale aus der Grauzone unserer Realität, die sich vor unseren Augen abspielt, ohne dass wir sie wirklich wahrhaben oder auch wahrhaben wollen.
"Du studierst, Du hast keinen Schlüssel, tagsüber gehst Du auf den Gemüsemarkt, Du verlädst Obst, und dann besuchst Du die Kurse, immer dieselben Wege, nie anders, die ersten drei Monate, versuchst Du Gespräche außerhalb des Unterrichts zu vermeiden, Du vermeidest Kontakt, Du hast angst vor den Fragen, Du hast Angst vor den Menschen, aber Du bist ein guter Student."
Das Stationendrama "Illegal" in den Münchner Kammerspielen, das auch ein kurzes Konzert der Band Kamerakino einschließt, die sich zu harten Rhythmen Gedanken etwa über Akkordarbeit macht, das Stationendrama endet schließlich in einer fast klassischen Theater-Situation.
Dabei sitzt ein Teil des Publikums im Zuschauerraum, ein anderer Teil sitzt auf der Bühne, und dazwischen erstrecken sich zwei Podeste, die zusammen so wirken, als seien sie eine Art zu breit geratener Laufsteg. Und auf diesem präsentieren sie sich, gruppieren sich, erzählen von sich, hart, ohne wehleidig zu sein, und ebenso hart fixieren sie auch das Publikum.
"Illegal" ist keine Betroffenheitsdramatik, sondern versucht, auf eindringliche, sprachlich rhythmisierte Weise auf ein Thema aufmerksam zu machen, das unsere Gesellschaft noch immer verdrängt, von dessen Konsequenzen sie aber längst unterwandert ist, und das eben gerade nicht nur im Rotlichtbezirk. Und auch wenn in einem bürgerlichen Kulturtempel wie den Münchner Kammerspielen letztlich nur eine ohnehin politisch und gesellschaftlich sensibilisierte Klientel damit konfrontiert wird, so ist das immerhin ein Anfang.