Freitag, 19. April 2024

Archiv


Dribbeln, fast wie in echt

Wettkampf.- Bereits vor zehn Jahren wurde die alljährliche Fußball-Weltmeisterschaft der Roboter ins Leben gerufen. Beim diesjährigen "Robocup" in Graz treten 2300 Teilnehmer aus 40 Ländern mit ihren Maschinen gegeneinander an. Ralf Krauter aus der Stadthalle Graz.

Von Ralf Krauter | 04.07.2009
    Welche Spiele in Graz sind denn die packendsten?

    Das ist die Liga der mittelgroßen Roboter auf Rädern. Das sind rollende Roboter, die mit einem richtigen Fußball spielen, die auch schon alles drauf haben, was echte, menschliche Kicker können: Dribbeln, tackeln, passen, richtig kräftig schießen, teilweise aus zwölf Metern Entfernung aufs Tor - alles wie in echt. Entscheidend für den Erfolg: Neben der Robustheit dieser Maschinen, wo es in den letzten Jahren große Fortschritte gab – die sind immer schneller geworden, diese Roboter, sind immer agiler, aber immer wichtiger wird jetzt eben auch die Taktik und das ist ja die Dömäne der künstlichen Intelligenz, wie man diese Maschinen intelligent zusammenspielen lässt und da gibt es schon ganz interessante Sachen hier zu beobachten. Manche Teams passen ihre Formation dynamisch dem Spielstand an, über Kommunikation per W-LAN. Andere blockieren dem Gegner gezielt den Blick auf den Ball. In jedem Fall wird vorab genau analysiert, welche Stärken der Gegner hat - und man versucht, sich taktisch drauf einzustellen. Etwa indem man eher durch Dribbeln versucht zum Tor zu kommen oder über hohe Pässe und Lupfer. Also diese Spiele - heute werden die Viertelfinale ausgetragen - sind wirklich spannend zu sehen. Manchmal ist auch ein Knalleffekt dabei: Heute Vormittag explodierte bei einem der Roboter ein Kondensator, der fürs Aufladen der Schussvorrichtung zuständig ist.

    Die rollenden Roboter haben's ja auch insofern leichter, als die sich nicht aufs Gleichgewichthalten konzentrieren müssen. Aber es gibt ja auch Wettbewerbe zweibeiniger Robokicker in Graz. Spielt Taktik bei denen denn auch schon eine Rolle?"

    Nicht wirklich. Die sind primär noch damit beschäftigt sich auf den Beinen zu halten. Also wenn die rollenden Roboter die spannendsten Spiele liefern, dann liefern die Roboter der sogenannten Standard-Plattform-Liga die lustigsten. In dieser Liga haben alle Teilnehmer dieselben Roboter, kniehohe Plastikmännchen der französischen Firma Aldebaran aus Paris. Nao heißen die Kerlchen, die so ein bisschen wie ein kleiner Astronaut aussehen. Die haben jede Menge Motoren, Gelenke und Sensoren eingebaut, insgesamt 24 Bewegungsfreiheitsgrade. Zwei Kameras, Ultraschallsensoren, Kommunikation über W-Lan. Gespielt wird jeweils Drei gegen Drei auf einem Feld von vier Mal sechs Meter. Ein Torwart, zwei Feldspieler. Da die Hardware bei allen dieselbe ist, entscheidet allein die Programmierung, wer die Nase vorn hat.

    Wie muss man sich so ein Spiel vorstellen?

    Recht langsam, aber sehr lustig. Die Roboter schlurfen über den grünen Filz. Regelmäßig fällt dabei auch einer mal um und rappelt sich dann wieder auf. Oft passiert eine Zeit lang auch gar nichts, weil gerade keiner den orangenen Ball entdecken kann. Wenn ihn dann ein Spieler lokalisiert hat, ist das schon gut. Und wenn er ihn dann auch noch gezielt ansteuert, dann steigt die Spannung. Bis es dann zum Schuss kommt, dauert es dann aber in der Regel noch mal mindestens 20 Sekunden. Da werden die Knie gestreckt, dann das Schussbein geschwungen und manchmal geht der Ball dann auch in die Richtung, wo er hin sollte und es fällt ein Tor, wenn der Torwart nicht rechtzeitig zu Boden gegrätscht ist.

    Klingt amüsant, aber nach Spielerei. Steckt mehr dahinter?

    Auf jeden Fall. Mit diesem Roboter, den es in dieser Form erst seit März gibt, haben die Informatiker jetzt eine gemeinsame Plattform, um zu testen, welche Algorithmen am effizientesten funktionieren. Zum Beispiel beim Laufen. Der Roboter hat von Haus aus einen Standardgang drauf. Aber die meisten Teams haben den umprogrammiert. Das System läuft auf Linux und jeder kann also eigene Steuerungsprogramme schreiben. Was zur Folge hat, dass es da sehr große Unterschiede gibt. Der schnellste Roboter schafft etwa 25 Zentimeter pro Sekunde, stammt vom Team der Uni Dortmund. Der Preis für den schnellen Gang ist aber die Stabilität. Die Maschine steht wackliger auf den Beinen und fällt öfter um, wenn ihn ein Gegner anschubst. Ein zweites Beispiel ist der Schuss: Da gibt's bei manchen Teams noch riesige Verzögerungen, bis da endlich mal ein Bein gehoben wird und der Arm ausgestreckt, um das Gleichgewicht zu halten. Andere sind da wesentlich besser. Die Entwickler des Roboters begrüßen diesen "Rüstungswettlauf" übrigens ausdrücklich. Es gibt bisher erst etwa 300 der Naos, etwa 100 sind hier. Wenn man so will ist das hier eine prima Testplattform für die Firma, weshalb man die Dinger an die Robocup-Teams deutlich billiger verkauft hat. Und neue Erkenntnisse in die weitere Entwicklung einfließen lassen will.

    Welches Team hat die Nase vorn?
    Die Entwickler von Aldebaran waren sehr beeindruckt vom Team Bremen. "BeHuman" heißen die und arbeiten unter anderem schon an einer dynamischen Schussweitenregelung… Viertelfinale ist heute um 15 Uhr.