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Druckerhersteller in der Offensive

Drucker sind für wenig Geld überall zu haben, doch wird eine neue Tintenkartusche dann fällig, kommt für viele Anwender das böse Erwachen. Denn mit hohen Tintenpreisen streichen die Hersteller satte Gewinne ein. Zumindest ein Hersteller beschreitet jetzt einen anderen Weg.

Von Thomas Reintjes |
    Tintenpatronen von Hewlett Packard soll es künftig in drei Varianten geben. Für ein und dasselbe Druckermodell will der Hersteller dann eine Standard-, eine XL- und eine Spezialpatrone anbieten. Während sich Standard- und XL-Variante nur in Füllmenge und Preis unterscheiden, enthält die Spezialpatrone hochwertige Tinte, etwa für den Fotodruck. Beim Einkaufen von Nachschub für den hungrigen Tintenstrahler stehen Kunden in Zukunft also vor der Qual der Wahl zwischen drei verschiedenen Produkten. Die Verkomplizierung durch die neue Vielfalt soll allerdings ein Wunsch der Kunden sein. Ralf Groh, Deutschlandchef der Druckerzubehör-Sparte bei HP:

    "Wir haben in den vergangenen 18 Monaten sehr, sehr intensiv sehr viele Kunden befragt, wie sie denn Druckerzubehör einkaufen wollen, was ihre Erwartungshaltungen sind, was ihre Bedürfnisse sind, und haben festgestellt, dass diese doch sehr unterschiedlich sind. Und zwar unabhängig davon, was für einen Drucker jemand gekauft hat. Und diesem Wunsch nach unterschiedlichen Lösungen wollen wir verstärkt Rechnung tragen."

    Dass mit dem Strategiewechsel, der das Unternehmen nach eigenen Angaben einen zweistelligen Millionenbetrag kostet, tatsächlich nur das Ergebnis einer Kundenumfrage umgesetzt wird, ist allerdings fraglich. Zwar hat HP mit einem Marktanteil von 42 Prozent in Europa einen großen Vorsprung vor Canon, Epson und anderen, doch der Druck wächst. Wie auch die anderen Markenhersteller muss HP mit Anbietern von Billigtinte fertig werden. Hier sieht auch Christian Thorun vom Verbraucherzentrale Bundesverband den wahren Grund für die neue Strategie:

    "Dieser Schritt erklärt sich sicherlich dadurch, dass HP versucht zu reagieren auf die Zuwächse der Fremdpratonenhersteller. HP möchte hier also ein Stück von dem Kuchen wieder zurückerobern. Von so aus ist dieser Schritt nicht unbedingt überraschend. Natürlich stehen wir in einem täglichen Wettbewerb mit Alternativanbietern. Das ist eine normale Situation und natürlich werden wir in diesem Wettbewerb auch uns mit denen messen. Aber das hat mit der Einführung dieses neuen Sortiments, was dem Kunden mehr Wahlmöglichkeiten bietet, zunächst nichts zu tun..."

    ... entgegnet Ralf Groh. Dennoch hofft das Unternehmen wohl, dass Kunden jetzt wieder öfter zur Markentinte greifen. Denn mit der neuen Patronenvielfalt geht eine neu ausgeklügelte Präsentation in Geschäften und im Internet einher. Doch nicht nur von Billigprodukten wird die Drucksparte des Konzerns bedroht. Sie hat außerdem mit einer wachsenden Zahl von Markenherstellern zu kämpfen. Kodak und Fujifilm planen ihren Einstieg ins Druckergeschäft und wollen mit günstigen Tinten Kunden gewinnen. Das ist insofern neu, als dass Hersteller von Markentinte sich bisher dem Preiskampf entzogen haben. Stattdessen wehrten sie sich auf andere Weise gegen die Konkurrenz: Billigprodukte wurden schlecht geredet, die eigenen Patronen mit technischen Tricks vor Nachahmern geschützt. Doch die Tricks wurden schnell ausgehebelt – Druckertankstellen zum Wiederbefüllen boomen. Jetzt soll sich also auch mit Markenpatronen sparen lassen. Vieldrucker sollen mit den neuen großen Tintentanks von HP 20 bis 55 Prozent günstiger fahren als mit der Standardpatrone. Die Strategie könnte aufgehen, meint Verbraucherschützer Christian Thorun:

    "Ich glaube schon, dass die Original-Tinten-Hersteller noch so ein bisschen den Bonus haben, dass sie für Qualität stehen und für die richtige Kompatibilität zwischen Tinte und Drucker. Von so aus ist es glaube ich für viele Verbraucher halt schon ein großes Kaufargument zu sagen: "Naja, ich nehme dann halt die Billigtinte, aber sie kommt ja immerhin aus dem Haus von HP." Wobei: Häufig ist es so, dass Fremdtinte tatsächlich nicht von schlechterer Qualität ist als die von den Originalherstellern."

    Allerdings gibt Thorun zu bedenken, dass zunächst abzuwarten ist, wie viel Tinte sich in den neuen Patronen befindet. Tests müssen zeigen, wie viele Seiten sich mit einer Patrone bedrucken lassen. Entscheidend ist im Endeffekt der Preis pro Seite. Da aber gerade Vieldrucker von den neuen Patronen profitieren sollen, müssen die Tintenpreise auch mit der Farblasertechnik mithalten können. Kein Problem, meint HP-Mann Ralf Groh. Ob die Strategieänderung des Marktführers einen weit reichenden Einfluss auf die Branche haben wird, bleibt Spekulation. Statt der derzeitigen Quersubventionierung von billigen Druckern durch teure Tinte wären aus Sicht der Verbraucher realistische Preise für Tinten und Drucker sicher wünschenswert.