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Dual Career als Konzept gegen Wissenschaftlerschwund

Immer wieder wird beklagt, dass deutsche Spitzenforscher ins Ausland abwandern. Wie aber gelingt es, diese hier zu halten – oder sie zumindest wieder zurückzuholen? Das Zauberwort dafür heißt: Dual Career. Bei einem so genannten Netzwerkbuffet der TU München haben sich gestern Abend in München Vertreter von Uni, Forschungsinstituten und der Wirtschaft getroffen und genau darüber gesprochen.

Von Beate Posch |
    Ob Max-Planck-Institut, die Fraunhofer- oder die Helmholz-Gesellschaft, das DLR oder natürlich die Technische Universität München: Alle diese Forschungseinrichtungen konkurrieren um die besten Köpfe der Wissenschaft. Jetzt arbeiten sie unter anderem bei der Unterstützung von Doppelkarrierepaaren verstärkt zusammen und versuchen damit, gemeinsam Spitzenforscher zu gewinnen. Denn nur so kann es gelingen, den Forschungsstandort Deutschland dauerhaft interessant zu machen. Kerstin Dübner-Gee leitet seit einem Jahr das Dual-Career-Büro der TU München und sie weiß: Die internationale Konkurrenz schläft nicht.

    "Ich denke, dass wir schon noch am Anfang stehen. Wenn man das vergleicht, ich habe jetzt einige Fälle gehabt, wo man diese Wirkungen, was auf einem anderem Kontinent möglich ist, beobachten konnte. Ich hatte ein Paar, die hatten einen Ruf nach Japan, und da stand sofort das Angebot für die Partnerin an der Seite, und das Paar ist dann befristet auch nach Japan gekommen. Wir konnten es aber dann wieder nach Deutschland zurückgewinnen."

    Und zwar mit Hilfe des neuen Dual Career Büros. Konkret bedeutet die Arbeit für Kerstin Dübner-Gee: Der Partner der Forschers soll genauso wie der Forscher selbst wieder Anschluss finden – vor allem auf dem Arbeitsmarkt. Außerdem versucht das Büro ein Rundum-Sorglos-Paket für die Forscher zu schnüren: Angefangen von der Umzugsberatung bis hin zur Hilfe bei der Kinderbetreung. Harald Luksch, inzwischen Lehrstuhlinhaber für Zoologie an der TU München und seine Frau haben schon von dem Büro profitiert und er sagt:

    "Die Hilfestellung ist einfach essenziell."

    Eine aktuelle Studie belegt, dass die meisten Wissenschaftler größere Chancen im Ausland sehen – und dass sich in Deutschland mehr als 90 Prozent von ihnen eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf wünschen. So entdecken auch immer mehr Universitäten, wie wichtig das Thema Dual Career für sie ist. Rund 25 Hochschulen haben bereits ein solches Büro, weitere sind gerade dabei es aufzubauen. Doch nur an den beiden Münchner Elite-Universitäten, LMU und TU, ist es an den Berufungsbereich angegliedert – die anderen haben es meist im Gender-Bereich angesiedelt. Die Verwurzelung bei der Personalplanung aber ist für Marion Schick von der Fraunhofer-Gesellschaft von zentraler Bedeutung:

    "Personalgewinnung ist ein strategisches Thema einer Wissenschaftsorganisation, einer Universität, und muss mit den anderen strategischen Themen, Forschungsthemen, auf einer Augenhöhe agieren. Das ist kein sozialer Schnickschnack, dass man einen BewerberIn noch mal in eine Abteilung schickt und da geht es dann um den Arbeitsplatz für die Ehefrau – nein, das sind Kernprozesse einer Uni oder Wissensorganisation."

    Dass Dual Career-Planung weit von Sozialschnickschnack entfernt ist, zeigt sich allein an der Anwesenheitsliste der Netzwerkbuffets. Neben allen großen Forschungseinrichtungen und natürlich der TU München, waren auch einige Wirtschaftsvertreter da. Von BMW, Südchemie, General Electric oder MAN. Jörg Schwitalla:

    "Das Rekrutieren von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, je höher qualifiziert sie sind, wird immer schwieriger. Und sehr häufig ist das Schicksal des einen Bewerbers mit dem anderen verknüpft. Und wir als Firma müssen uns da einfach darauf einstellen, dass wir als Firma da künftig flexiblere Lösungen anbieten können. Natürlich auch, wenn wir Mitarbeiter von einer anderen Firma oder einem Standort zu einem Standortwechsel bewegen, was können wir für den Partner tun, der auch im Beruf ist. Können wir selber eine Stelle zur Verfügung stellen oder gibt es Firmen, die wir gut kennen, die uns da helfen können."

    Und auch für die Universitäten geht es ohne die Wirtschaft nicht. Peter Gritzmann, der stellvertretende Präsident der TU:

    "Wir brauchen die Unterstützung der Wirtschaft. Ein Ziel der Aktivitäten ist es auch, das Netzwerk zu vergrößern."

    Und noch ein weiteres Ziel hat sich die TU mit ihrem Dual-Career-Büro gesetzt. Es sollen nicht nur Spitzenkräfte an die Uni geholt werden, sondern auch Nachwuchsforscher gezielt gestärkt werden. So wie Markus Ploner, ein habilitierter Mediziner. Seine Karriere begonnen hat er an der Uni Köln, dann rief Oxford, und jetzt ist er in München. Doch Markus Ploner ist nicht allein – mit ihm kamen seine Frau Katja, eine Pädagogin, und vier Kinder. Das Dual-Career-Büro der Technischen Universität München hat es der Familie leicht gemacht.

    "Das war toll, weil man bei vielen Fragen die man hatte, seien es Schulen, Kinderbetreuung, Kinderversorgung für kleine Kinder, beruflicher Wiedereinstieg, alle diese Fragen, die einem da unter den Nägeln brennen, die wurden alle beantwortet, man hatte gleich so ein gutes Gefühl. Das hat die Entscheidung mit beeinflusst, es hätte auch die Option gegeben, in Oxford zu bleiben, aber, dass es für alle so einfacher war, hat für uns die Entscheidung einfacher gemacht, nach München zu gehen."