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Edler Schick für gut Betuchte

Berlin ist derzeit Deutschlands Mode-Metropole: Auf der Berlin Fashion Week präsentieren sich Modelabels wie Joop, Hugo Boss, Sisi Wasabi - und "30paarhaende". "30paarhaende" - nie gehört? Dann wird's Zeit, denn die Marke erobert gerade Europas Laufstege. Das Besondere: Hinter dem Label stecken Studenten einer Berliner Fachhochschule.

Von Amelie Ernst | 31.01.2008
    Es sieht fast aus wie die große Modewelt: Elf Models stolzieren nacheinander über den weißen Lackteppich, der als Catwalk dient. Allerdings nicht ganz so, wie sie sollen. Eine posiert schon auf der Hälfte des Weges, eine andere vergisst es ganz. Zum Glück ist das erst die Laufprobe, noch ohne Publikum. Und auch hinter der Bühne ist noch nicht alles perfekt: Einem schwarzen Seidensatinkleid voller kunstvoller Falten und Nähte fehlt der letzte Schliff.

    "Ja, wir steppen noch Säume um. Manche Models kamen erst heute Morgen, die das noch anprobieren mussten. Deshalb konnte das leider nicht eher passieren. Wir haben zwar gestern noch bis in die Nacht gemacht, aber das reichte dann trotzdem nicht."

    Mittendrin im Gewusel, zwischen Bügelbrettern, Nähmaschinen und Kleiderstangen, versucht Aline Sauer den Überblick zu behalten.

    "Is' stressig, weil wir jetzt die erste Laufprobe haben. Die Mädels vom Ankleiden müssen fit sein, müssen wissen wo ihre Models sind, dann müssen die Models ganz schnell raus. Dann müssen welche bei Licht und Ton sein, dann müssen wir die Zeit stoppen, dann müssen welche runtergehen, um die Presse reinlassen und die Seatings zu verteilen. Deswegen isses stressig, ja."

    Aline ist 24, studiert seit sieben Semestern Modedesign und koordiniert bei der Modenschau heute Ablauf, Technik und Presse. Sie macht das, genau wie ihre zwanzig Mitstreiterinnen, freiwillig. Geld gibt's für die Arbeit beim Label "30paarhaende" sowieso nicht - obwohl sich die Blusen, Röcke und Kleider gut verkaufen.

    "Also dieses 'Sich Durcharbeiten' durch verschiedene Bereiche, und eigentlich alles machen müssen, was in ´nem normalen Label anfällt, das ist schon besonders. Zu so einer Gelegenheit kommt man nicht so oft."

    Hinter dem Label-Projekt "30paarhaende" steckt Uwe Jansen, Professor für Modedesign an der Berliner Fachhochschule für Wirtschaft und Technik. Er hatte die Idee und steht jetzt für Kontinuität - schließlich wechseln seine studentischen Designerinnen in jedem Semester. Bewusst sollen die bei "30paarhaende" nicht Mode von Studenten für Studenten entwerfen - sondern edlen Schick für gut Betuchte mit hohen Ansprüchen.

    "Das ist schon ein Produkt, was im Luxusbereich angesiedelt ist. Also wir lassen in Deutschland, möglichst in Berlin produzieren. Es sind superhochwertige Stoffe, hochwertiges Leder, das verarbeitet wird. Und von daher ist halt eben der Preis entsprechend hoch."

    300 Euro für die günstigste Bluse - eine andere mit raffiniertem Kragen und Knopfleisten kann auch schon mal 1000 Euro kosten.

    Es wird ernst für die Modestudentinnen: Die Sitzreihen am Laufsteg sind fast komplett besetzt, die ersten Models unterwegs. Hinter der Bühne, ganz wie in Paris und Mailand, hektischer Kleiderwechsel. Und immer wieder die Suche nach dem nächsten Model.

    Eine halbe Stunde später ist alles geschafft - ein langer Schlussapplaus belohnt die zwanzig Jungdesignerinnen bei der Ehrenrunde auf dem Catwalk. Doch richtig gefeiert wird erst hinter der Bühne.

    "War toll! Hat alles geklappt! Es war alles super, wie das eben bei so einer ersten großen Modenschau laufen muss. Alles ein bisschen stressig backstage. Aber es war total toll, wir alle fanden's total toll. Ich glaub' besser hätt's nicht laufen können."

    Auch Design-Professor Uwe Jansen hat fast nichts zu kritisieren.

    "Es hat toll funktioniert. Die Models waren toll, der Umzug hat wunderbar geklappt. Da is' mal'n Saum so ein bisschen gerutscht, aber das passiert auch den absoluten Profis. Ich hab' auch ´ne positive Reaktion aus dem Publikum vernommen - also es hat sich gelohnt."

    Ob sich die Show und die Arbeit im Modelabel "30paarhaende" auch für die Studentinnen gelohnt hat, wird sich im nächsten Jahr zeigen. Dann haben sie nämlich ihr Diplom in der Tasche und müssen auf echte Jobsuche gehen.

    "Jetzt muss natürlich jeder selbst da sein eigene Ding rausziehen und sich fragen 'Wieviel will ich davon mitnehmen für mich selber?'. Und dann werden wir ja sehen, wer dann noch mal auf so einer großen Bühne steht oder so eine große Modenschau hat."

    Das Studentenlabel "30paarhaende" kann man noch bis Sonntag auf der "Berlin Fashion Week". in einem Extra-Showroom besichtigen.