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Effiziente Weiterverarbeitung zu Strom und Wärme

Eine Stadt für sich ist das Lippewerk am südlichen Stadtrand von Lünen, dem Hauptsitz von Deutschlands größtem privaten Entsorger Rethmann. Vor zehn Jahren übernahm das Unternehmen das Gelände der ehemaligen Aluminiumwerke und baute es für über 90 Millionen Euro in ein modernes Entsorgungszentrum um. Das bisher größte und aufwendigste Projekt auf dem Gelände ist eine 20 Millionen teure Tierkörperbeseitigungsanlage, gebaut für die Unternehmenstochter SARIA, Branchenführer in Europa.

Von Linda Pieper |
    Geplant wurde sie vor sechs Jahren als größte Tiermehlproduktionsstätte Europas. Rund um die Uhr sollten 190.000 Tonnen Schlachtabfälle und tote Tiere jährlich zu Futterprotein und Fett verarbeitet und verkauft werden. Doch BSE machte den Planern einen Strich durch die Rechnung. Das generelle Fütterungsverbot von Tiermehl EU-weit lässt nur einen Weg zu, wie Claus Michael Andreas erklärt:

    Alles, was erzeugt wird an Mehl und Fett, muss verbrannt werden, mit Ausnahme eines bestimmten Teils von Fett, der von genusstauglichen Tieren kommt, weil der als Grundstoff für vielfältige Anwendung in der chemischen Industrie dient.

    Doch Schlachtabfälle und Kadaver müssen nach dem Tierkörperbeseitigungsgesetz schnell und sicher aus Hygienegründen beseitigt werden. Erst nach der aufwendigen Umwandlung zu Tiermehl können diese Reste in die Öfen der Kraftwerke oder der Zementindustrie wandern. Als Energieträger sind sie mittlerweile dort begehrt. Kein Wunder, dass bei Rethmann schon bald nach dem Verfütterungsverbot ein Teil des Tiermehls aus eigener Produktion in das Kraftwerk des Lippewerkes wanderte. Die Anlage entsprach nach entsprechender Umrüstung allen Vorgaben des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Zwei Fliegen konnten auf diese Weise mit einer Klappe geschlagen werden. Für das Verbrennen des Tiermehls musste nicht mehr an Dritte gezahlt und es musste - im eigenen Kraftwerk eingesetzt –weniger Brennstoff gekauft werden.

    Am Standort Lünen wurde bisher nur Tiermehl aus den benachbarten Anlagen aus Marl und Linnich verbrannt, denn SARIA betreibt 36 Anlagen in Deutschland, Frankreich und Tschechien. Gearbeitet wird überall nach demselben Prinzip: die Fleischreste werden zerkleinert, bei 133 Grad zwanzig Minuten unter drei bar Druck sterilisiert, getrocknet und entfettet.

    Da das Tiermehl nicht mehr als Futterzusatz verkauft werden durfte, wurde die Produktion mit dem Verbot schlagartig teuer. Grund genug, bei der geplanten Neuanlage in Lünen Kosten sparende Verfahrenswege zu finden und zu probieren,

    Ob es auch möglich ist, den sehr energieaufwendigen Teil der Produktion, der sich mit der Trocknung beschäftigt, ob wir den weglassen können, und ob wir nicht sofort den sterilisierten Fleischbrei direkt verbrennen können. Das spart eine ganze Menge Geld...

    Mit Tiermehl aus anderen Schlachtabfallbetrieben vermischt wandert jetzt der Brei direkt durch Rohrleitung in das vierhundert Meter entfernte Kraftwerk. Die teure, weil energiefressende Trocknung entfällt auf diese Weise. Auch die bei der Sterilisation entstehenden übel riechenden Gase gelangen via Leitungen in die Verbrennung und liefern zusätzlich Energie.

    In der bisher in Europa einmaligen Anlage werden künftig 60 Mitarbeiter im Dreischichtbetrieb tätig sein. Nicht nur für Rethmann und Tochter SARIA ein Gewinn, wie Michael Andreas stolz berichtet:

    Wir haben also auf der ganzen Breite Lösungen gefunden, wo wir sagen: jetzt können wir die Kosten, die ja insgesamt mehr angefallen sind, wieder etwas dämpfen....wo wir dann natürlich dem Erzeuger von solchen Abfällen wieder entgegen kommen können, also da wieder Preise gesenkt werden können...

    Bauern, Schlachthöfe und Metzger werden es wohl bald merken.