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Ehegattensplitting wird konfliktreicher

Im Streit um die steuerliche Gleichstellung homosexueller Lebenspartner widersetzt sich Angela Merkel der Forderung der FDP nach einer schnellen Reform des Ehegattensplittings. Erst solle das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abgewartet werden, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die SPD meldet sich mit neuen steuerrechtlichen Änderungsvorschlägen.

Von Theo Geers |
    Der Streit über das Ehegattensplitting gewinnt in der Koalition an Schärfe, obwohl das gerade nicht passieren soll. Debattiert wird über die Frage, ob dieser umstrittene Bonus bei der Einkommenssteuer auch für eingetragene Lebenspartnerschaften gelten soll – und wenn ja, wie und wann das in ein Gesetz gegossen und beschlossen werden sollte. Kanzlerin Merkel will keinen Streit. Sie will abwarten, verweist durch ihren Sprecher Steffen Seibert darauf, dass 2013 ohnehin ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts ansteht:

    "Deswegen erscheint es uns vernünftig anzuhören, wie das Verfahren entschieden wird, damit wir dann auf dessen Basis handeln."

    Nur: Wer ist in diesem Statement "uns" und damit "wir"? Schnell wird deutlich: "Wir"- das sind in diesem Fall die Kanzlerin und vielleicht große Teile der CDU, aber eben nicht "die Koalition." Deren zweiter Partner, die FDP, drängt schon seit langem, das Ehegattensplitting auch auf homosexuelle Lebenspartnerschaften auszuweiten. Das geböten der Grundsatz der Gleichbehandlung und jüngste Urteile aus Karlsruhe, die durch die Bank die Homo-Ehen gestärkt hätten. Und deshalb besteht aus Sicht des FDP-Vizekanzlers Philip Rösler Erörterungsbedarf in der Koalition, was seine Sprecherin Ann-Christin Wiegemann auch pflichtschuldigst so vorträgt:

    " Hintergrund sind die aktuellen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts. Das liefert starke Indizien für eine Gleichbehandlung auch bei der Einkommensteuer. Das
    kann nicht bis 2013 warten."

    Doch faktisch geht es um mehr als nur einen Termin. Längst geht es darum, wie eine zeitgemäße Familienpolitik überhaupt aussehen könnte. Vom derzeitigen Ehegattensplitting profitieren vor allem Ehepaare mit einem Alleinverdiener: Dessen Haupteinkommen wird auf beide Partner umgelegt, durch dieses Splitting sinkt die zu zahlende Einkommenssteuer deutlich, egal ob Kinder zu versorgen sind oder nicht.
    Bei diesem umstrittenen Effekt bliebe es auch, wenn das Ehegattensplitting auf eingetragene Lebenspartnerschaften ausgedehnt würde. Mit dieser Gleichbehandlung von Ehe und Homo-Ehe tut sich die CDU jedoch schwer. Sie favorisiert eigentlich ein Familiensplitting. Dabei würde das Einkommen auf alle Familienmitglieder aufgeteilt. Die Steuerlast sänke so vor allem für klassische Familien mit Kindern, was der FDP nicht reicht, weil andere Formen der Partnerschaft da außen vor blieben.

    Komfortabel dabei die Position der SPD. Weil Union und FDP nicht zusammen finden, kann sie sich darin sonnen, genau dies als Streit um des Kaisers Bart darzustellen, als Streit über eine Sache, die sich gar nicht entscheiden lässt. "Weg vom Ehegattensplitting" heißt deshalb die Devise bei der SPD und die stellvertretende Parteivorsitzende Manuela Schwesig weiß auch schon wie. So wie etwa in Schweden würde jeder, egal ob verheiratet oder nicht, egal ob hetero- oder homosexuell, erst einmal als Einzelperson besteuert, mit Freibeträgen für Partner oder Kinder – und das müsse dann kombiniert werden mit einer Kindergrundsicherung:

    " Die besteht zum einen Recht auf Bildung, kostenlose Kitas und Schulen plus Kindergeld. Wir wollen, dass zukünftig alle das gleiche Kindergeld bekommen. Das wäre
    ein gerechtes System."