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Eierproduzenten halten die Politik hin

Ab 2012 gilt in der gesamten EU ein Verbot der herkömmlichen Legebatterien. Dann sind nur noch größere und tierfreundlichere Käfige erlaubt. Doch in gut einem Dutzend EU-Ländern haben die Produzenten noch nicht auf die neuen Richtlinien umgestellt. Tierschützer raten deshalb, nur Produkte mit Eiern aus Bio-, Boden- oder Freilandhaltung zu kaufen.

Von Mirjam Stöckel |
    Einstreu und Sitzstange und 200 Quadratzentimeter mehr Bewegungsfreiheit als in den alten Legebatterien: Das schreibt eine EU-Richtlinie von 1999 für die neuen, ausgestalteten Käfige vor. Geflügelhalter Martin Zapf aus dem badischen Städtchen Gengenbach hat längst umgestellt: Seine 20.000 Hennen leben in Boden- oder Freilandhaltung, Käfige hat er gleich ganz abgeschafft. Viele Eierproduzenten in Europa dagegen halten noch immer Millionen Tiere in den engen Batterien - auch kurz vor dem Stichtag. Zapf wundert das nicht.

    "Es war abzusehen. Alle Zeichen haben darauf hingedeutet, dass die Umsetzung nicht so reibungslos vonstattengeht, wie die Politik sich das vorstellt. Und in der Branche ist auch bekannt, dass in Italien vor zwei Jahren noch Käfigställe eingerichtet wurden, obwohl 2012 das Käfigverbot ansteht."

    Ein offenes Geheimnis unter Geflügelhaltern - das in Brüssel aber lange Zeit niemand sehen wollte. In den letzten Wochen wurde fieberhaft über eine Verlängerung der Übergangsfrist verhandelt. Doch Deutschland und einige andere Staaten, die die Legebatterien selbst längst abgeschafft haben, blieben hart: Sie verlangten, dass jetzt auch die übrigen EU-Länder endlich nachziehen. Zurecht, findet Martyn Griffith von der Tierschutzorganisation "Eurogroup for Animals".

    "Sie hatten über zwölf Jahre Zeit. Wer das Käfigverbot jetzt noch nicht hat, darf einfach kein Geschäft mehr mit Legehennen machen."

    Doch das ist jetzt leichter gesagt als getan: Immerhin gibt es in gut einem Dutzend EU-Länder zwischen 40 und 50 Millionen Hennen, die von Januar an in illegalen Käfigen leben werden. Was mit ihnen passieren soll, ist die große Frage.

    Schon machen Gerüchte die Runde, dass einige Staaten Massentötungen der Tiere planen. Bestätigen will das in Brüssel aber niemand. Auch Tierschützer Martyn Griffith nicht. Er rechnet nicht damit, dass in den ersten Wochen des neuen Jahres Tiere massenhaft gekeult werden – sondern eher damit, dass die Produzenten ihre älteren Legehennen einfach nach und nach ausmustern – als Suppenhühner etwa. Zumal Polen beispielsweise seinen Eierproduzenten noch eine letzte Gnadenfrist einräumen und für die Umstellung bis Juli beide Augen zudrücken will – eben damit nicht massenhaft Hennen getötet werden. Klar ist aber: Damit verpasst das Land den Stichtag der EU am 1. Januar und nimmt ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in Kauf. Das könnte zu einer deftigen Geldstrafe führen. Die EU-Kommission hat bereits angekündigt, solche Verfahren anzustoßen. Und sie will vom Jahreswechsel an ihre Kontrolleure in die Betriebe der betroffenen Länder schicken.

    Die deutschen Geflügelhalter mussten schon 2010 auf die tierfreundlichere Haltungsform umstellen – dazu hat sie eine Bundesvorschrift gezwungen. Ihnen ist es recht, dass nun auch die Betriebe in den anderen EU-Staaten nachziehen müssen. Alles andere sei unfair – für die den Hennen und für den Wettbewerb, sagt Martin Zapf.

    "Das Problem ist letztendlich so, dass willigen Betrieben, die Geld in die Hand nehmen, die dem Tierschutzgedanken auch Rechnung tragen, dass die abgestraft werden. Und die, die sich nicht um Tierwohl oder auch nicht um Gesetze scheren, werden letztlich unterstützt. Und das finde ich nicht richtig."

    Doch ein Problem bleibt: Was passiert mit den Milliarden an eigentlich illegalen Eiern, die die Hennen in den Batterien in den nächsten Wochen und Monaten sicher noch legen werden?

    In Polen beispielsweise wird darüber nachgedacht, sie als Eipulver an die Industrie zu verkaufen. Ob die Eier über solche Umwege tatsächlich bei den Verbrauchern landen oder ob sie doch vernichtet werden – da will sich momentan noch niemand festlegen. Tierschützer Martyn Griffith jedenfalls rät, im Supermarkt nur Produkte mit Eiern aus Bio-, Boden- oder Freilandhaltung zu kaufen – und ausdrücklich nachzufragen, wenn man die Sorge hat, dass illegale Käfigeier verwendet wurden.

    "Europas Verbraucher haben in Umfragen sehr klar gesagt, dass sie keine Batterie-Eier wollen. Und Verbraucher können, wenn sie ihre Supermärkte beeinflussen, den entscheidenden Unterschied machen."

    Und so könnte vielleicht der Markt die illegalen Produzenten abstrafen – wenn die Politik das schon nicht konsequent tut.