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Ein alternatives Energiekonzept auf 200 Seiten

Im Auftrag von Greenpeace und des europäischen Dachverbandes der Erneuerbaren Energien-Industrie haben Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und eines niederländischen Instituts Alternativen der Energieversorgung weltweit untersucht.

Von Verena Kemna |
    Fast ein Kilo schwer wiegt der Weltenergieplan, den Greenpeace gemeinsam mit dem Dachverband der Erneuerbare Energien-Industrie in Auftrag gegeben hat. Auf über zweihundert Seiten dokumentieren Mit Investitionen von 9 Billionen Dollar wäre eine weltweite Umstellung auf Erneuerbare Energien möglich. Der globale Energiebedarf ließe sich decken, der weltweite Kohlendioxidausstoß bis 2050 halbieren. Und trotzdem würde sich die Umstellung lohnen. Allein im Strombereich könnten bis 2030 über 18 Billionen Dollar Brennstoffkosten für Kohle, Gas und Öl eingespart werden. Soweit die Kernaussagen der Studie. Wolfram Krewitt Ingenieur vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt:

    "Wir haben verschiedene Szenarien durchgespielt, wir haben gesehen, dass wir zum einen durch Effizienzmaßnahmen den Energiebedarf deutlich senken können. Den verbleibenden Energiebedarf können wir zu einem großen Teil durch Erneuerbare Energien abdecken. Im Strombereich haben wir gesehen, dass wir bis 2050 achtzig Prozent des Strombedarfs durch Erneuerbare Energien bereit stellen können. Insgesamt, wenn wir noch Wärmebedarf, Verkehr mit dazu rechnen, denken wir, dass wir bis 2050 ungefähr die Hälfte des Energiebedarfs durch Erneuerbare abdecken können."

    Derzeit liegt der CO2-Ausstoß in Deutschland bei 10 Tonnen pro Kopf pro Jahr. Mit der Umstellung auf erneuerbare Energien ließe sich der CO2-Ausstoß bis 2050 auf eine Tonne pro Kopf pro Jahr reduzieren. Der weltweite Jahresumsatz von erneuerbaren Energien könnte von derzeit 70 Milliarden auf 360 Millarden, also um ein Fünffaches steigen. Die Hälfte des weltweit benötigten Strombedarfs ließe sich so decken:

    "Wir haben zum einen gezeigt, dass es technisch möglich ist, wir haben die Technologien, die dafür notwendig sind. Es ist wirtschaftlich sinnvoll, wenn wir von steigenden Ölpreisen ausgehen und steigenden Kosten für CO2-Emissionen dann macht dieser Umstieg Sinn, auch wenn wir in den ersten Jahren etwas dazu zahlen müssen. Das ist eine Investition in die Zukunft. Aber wir müssen diese Schwelle erstmal überwinden und da müssen wir mit politischen Mitteln ran, dass Erneuerbare in den Markt reinkommen."

    Technische oder ökonomische Hürden für eine Energierevolution sieht auch Oliver Schäfer nicht. Er vertritt den Dachverband der Erneuerbare Energien Industrie. Der Jahresumsatz liegt derzeit bei 40 Milliarden. Oliver Schäfer hält es für realistisch, dass die Industrie der Erneuerbaren Energien bis 2050 mit zweistelligen Zuwachsraten rechnen kann. Derzeit verdoppeln sich die Erneuerbaren Energien alle drei Jahre. An guten Standorten seien Windkraftanlagen schon jetzt günstiger als konventionelle Kraftwerke. Bei weitsichtiger Planung und einem guten Energiemix ließe sich Geld sparen. Oliver Schäfer sieht in der Energierevolution auch einen Wirtschaftsmotor für Deutschland:

    "Sagen wir ab 2015, 2020, wenn die Erneuerbaren auch noch billiger werden durch Massenproduktion und Verbreitung, wird das ganze Szenario deshalb billiger, weil wir weniger Energie verbrauchen, weniger Importe von Öl und Gas brauchen und uns dadurch verlässlich darauf stützen können, weil wir Energien nutzen, die keine Ressourcenkosten haben."

    Nun sei es an der Politik, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Mit den Erkenntnissen der Studie verknüpft Sven Teske, Energieexperte von Greenpeace International, klare Forderungen. Subventionen für fossile Energien müssten gestrichen werden. Mit einem weltweiten Emissionshandel und einem Kyoto-Nachfolgeprotokoll mit klaren CO2-Vorgaben könnte Klimaschutz zu einer Chance für die Weltwirtschaft werden.