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Ein Baum zum Fest

Auf den Straßen begegnet man ihnen derzeit immer wieder: Den Lastwagen, die übervoll sind mit Weihnachtsbäumen. Auf vielen Plätzen in den Städten, vor den Baumärkten und den Gärtnereien herrscht reges Treiben. Denn jeder will einen Baum. So wie es gefällt. Klein oder groß, möglichst gerade und passend für das Wohnzimmer. Nicht selten gibt es Streit in den Familien, weil der Baum nicht so geraten ist, wie man ihn sich vorgestellt hat. Doch in Dänemark, dem größten Christbaumproduzenten Europas, wird auch daran gearbeitet. Die Tanne, die gefällt, gibt es, und sie hat ihren Siegeszug bereits angetreten.

Von Annette Eversberg |
    Zur Zeit herrscht an der deutsch-dänischen Grenze Hochbetrieb. Vom dänischen Pattborg aus rollen die LKWS mit Weihnachtsbäumen in Richtung Süden. Diesmal sind es besonders große Bäume, bestimmt für Bayern. Doch geliefert wird auch nach Österreich und Frankreich und natürlich nach Skandinavien. Denn inzwischen hat man sich europaweit an eine Baumart für das Fest gewöhnt. Die Nordmanntanne, mit ihren dichten, dunkelgrünen Zweigen, die besonders biegsam sind. Eigentlich stammt die Nordmanntanne aus dem Kaukasus. Doch bereits seit Anfang der 50er Jahre wird sie in Dänemark als Weihnachtsbaum gezüchtet. Ole Johannsen von der Firma Johannsen und Lei in Pattborg, weiß warum:

    Ole Johannsen: Das dänische Klima ist optimal. Wir haben ein Küstenklima. Wasser drumherum und das ist optimal für die Nordmann.

    Die Bäume werden nicht nur von Waldbesitzern gepflanzt. Inzwischen haben auch Landwirte erkannt, daß sich das Geschäft mit der Nordmanntanne lohnt. Mit sinkenden Erträgen im Ackerbau haben sie neue Möglichkeiten gesucht und gefunden. Für die Waldbesitzer hat sich der Umsatz beschleunigt. Während eine Eiche oder eine Buche zwischen 100 und 120 Jahren braucht, um als ausgewachsener Baum geschlagen werden zu können, ist die Wachstumszeit - so Ole Johannsen - bei der Nordmanntanne überschaubar:

    Ole Johannsen: Erst wird er ausgesät, dann braucht er vier Jahre. Dann kommt er in den Wald, sieben Jahre fangen wir an bis 12 Jahre. Und die alten, was wir eben gesehen haben, sind 15-16 Jahre alt, die großen Bäume.

    Bis es so weit ist, muß jedoch viel getan werden. Die Bäume werden immer wieder beschnitten, denn schließlich darf es keine Tannen mit zwei Spitzen geben. Und der Baum soll schließlich gerade sein. Außerdem muß das Unkraut laufend bekämpft werden. Für die Vermarkter hört das Geschäft mit Weihnachten keineswegs auf, sondern es beginnt gleich wieder von neuem.

    Ole Johannsen: Das ist sehr viel Planung bei uns. Wir fangen am 15. Juli an zu etikettieren. Da wird jeder Baum etikettiert, nach Qualität und Größe. Das braucht alles seine Zeit. Und dann bekommt der Kunde das auch.

    Das Geschäft mit der Tanne ist für Dänemark bereits ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und wichtig für die Zahlungsbilanz des kleinen Landes. 10 Millionen Bäume werden es in diesem Jahr sein, die nach Europa exportiert werden. 4 Millionen davon allein nach Deutschland. Den Gesamtumsatz schätzt Ole Johannsen, der einer der 10 größten Weihnachtsbaumvermarkter in Dänemark ist, dabei auf 200 Millionen Mark. Der Kunde muß im Schnitt je nach Größe zwischen 20 und 70 Mark pro Baum bezahlen. Auch in Schleswig-Holstein hat die Nordmanntanne ihren Platz erobert. Seit 15 Jahren wird diese Baumart hier angepflanzt. Denn das Klima ist mit dem dänischen fast identisch. Dafür wird die Fichte immer mehr verdrängt. Denn die Nordmanntanne hat einen deutlichen Vorzug. Sie kann mehrere Wochen stehen, ohne zu nadeln. Im kleinen Umfang werden auch Bäume nach ökologischen Vorgaben angepflanzt, doch Ole Johannsen sieht dafür keinen Markt.

    Ole Johannsen: Unser Baum ist eigentlich ökologisch. In Dänemark spritzen wir nicht. Wir dürfen nur mit Roundup und das ist ein harmloses Spritzmittel. Wir haben in diesem Jahr unseren Baum untersuchen lassen, von der dänischen Untersuchungsgesellschaft und da haben sie herausgefunden, da ist gar nichts drin, auch nichts von Abfällen von Roundup und von anderen Sachen, oder von Tschernobyl damals, da hatten wir auch Probleme.

    Da unterliegen auch die Weihnachtsbaumproduzenten den neuen dänischen Bestimmungen über den Schutz des Grundwassers. Keine Berührungsängste haben sie allerdings gegenüber der Gentechnik, um den immer gleichen, geraden und unverwechselbaren Baum zu züchten. In einem Punkt sind die Zuchtbemühungen aus Sicht von Ole Johannsen schon gelungen.

    Ole Johannsen: Der größte Problem ist der Abstände zwischen den einzelnen Kränzen. Und den können wir jetzt steuern in Dänemark. Da gibt es zwei Methoden, daß wir nicht so große Löcher in dem Baum haben. Dänemark ist sehr weit da, im Verhältnis zu unseren Konkurrenten im Ausland.

    Allerdings hängen auch die Nordmanntannen wie jeder Baum von der Witterung ab, vor allem dann, wenn sie geschlagen werden. Und angesichts der frühlingshaften Temperaturen haben auch die künftigen Weihnachtsbäume nicht aufgehört zu wachsen. Damit jedoch die Freude am Baum zum Weihnachtsfest ungebrochen bleibt, rät Ole Johannsen folgendes:

    Ole Johannsen: Wir empfehlen jetzt, die aus dem Netz zu packen, hinzustellen, und langsam abzuklimatisieren, auf der Terrasse oder in der Garage, dann rein in die Wohnstube. Dann passiert nichts mit der Nordmann.