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Ein Brief reicht

Die Debatte um Street View reißt nicht ab. Peter Welchering, Fachjournalist für Themen rund ums Internet, liefert neben Hintergrundinformationen auch Tipps für den Umgang mit dem Internet-Onlinedienst.

Peter Welchering | 11.08.2010
    Erfahrungen in anderen Ländern?

    Am intensivsten ist Street View vor drei Jahren in Kanada diskutiert worden. Die kanadische Datenschützerin Jennifer Stoddart hatte sich eingeschaltet, weil viele Kanadier sich über Googles Street View beschwert haben. Ganz konkret äußerten einige Hausbesitzer die Überzeugung, dass Einbrecher ihr Haus zuvor per Street View ausgespäht hätten. Und hierzulande hat ja Bernd Carstensen vom Bund Deutscher Kriminalbeamter ja auch davor gewarnt, dass Street View zur Planung von Einbrüchen und Raubüberfällen verwendet werden könnte. Auf der anderen Seite wären Einbrecher nicht gut beraten, das mit Street View zu machen. Denn Google zeichnet ja auf, was Nutzer auf Web-Seiten von Google und damit bei Streetview so treiben. Da hinterlässt der Einbrecher ja eine Spur.

    Sicherheit ist das eine, Belästigungen sind das andere

    Ja auch da kann man auf die Erfahrungen in Kanda zurückgreifen. Ein älterer Herr beschwerte sich, dass er lauter Post von Malern bekäme, die seine in Street View präsentierte Hausfassade streichen wollten. Und eine Teenagerin berichtete, dass ein Internet-Versandhaus sich geweigert habe, die von ihr bestellte Jeans auf Rechnung zu liefern. Begründung: Sie wohne laut Street View in einer ziemlich runtergekommenen Straße. Da sei man vorsichtig. Das Problem ist das Zusammenführen von Bildern aus Street View mit Daten von Kreditauskunfteien, die ja jede Pleite in Deutschland genau registrieren, oder der Abgleich Kaufkraftkarten, aus denen sich die durchschnittliche Kaufkraft und somit das Haushaltseinkommen in bestimmten Stadtteile ablesen lässt. Ein mögliche Folge könnte dann zum Beispiel sein: dass Kunden aus solchen Gebieten nur noch gegen Vorkasse beliefert werden.

    Recht auf Widerspruch

    Da reicht ein Brief an die Deutschlandzentrale von Google in Hamburg. Dafür gibt es online Musterbriefe zum Beispiel beim Bundesverbraucherministerium in Berlin, bei Verbraucherzentralen oder manchen Stadtverwaltungen. Ab der nächsten Woche stellt Google unter der Web-Adresse
    google.de/streetview auch ein Online-Formular bereit, über das ich meinen Widerspruch dann anmelden kann.

    Innerhalb welcher Frist – Wann beginnt die Uhr hier zu ticken?

    Die Uhr tickt bereits seit Mai 2009. Denn da gingen die ersten Widersprüche gegen die Veröffentlichung von Fassadenfotos bei Google in Deutschland ein, per Briefpost allerdings. Das Online-Formular will Google vier Wochen lang im Web bereithalten. Aber auch nach dieser Frist kann man natürlich widersprechen, dass das eigene Haus oder die Wohnung in Street View abgebildet wird. Dann wird es wahrscheinlich das Online-Formular nicht mehr geben. Ich muss dann einen Brief an Google Hamburg schreiben.

    Kann ich nachträglich noch Widerspruch einlegen?

    Jederzeit. Da reicht ein Brief an die Deutschlandzentrale. Allerdings kann es dann ein paar Wochen länger dauern, bis das Bild meines Hauses, meiner Wohnung unkenntlich gemacht worden ist.

    Was passiert dann bei Street View?

    Die schicken mir, wenn ich Widerspruch eingelegt habe, einen Bestätigungscode und eine Web-Adresse zu. Dort muss ich den Bestätigungscode dann eingeben, damit nicht etwa mein Nachbar auf der anderen Straßenseite sagen kann, Google mach mal das Haus gegenüber unkenntlich. Ist der Bestätigungscode abgeschickt, dann vernebelt Google das Foto mit einer Technik, die sich Blurring nennt. Dabei wird nicht etwa geschwärzt, wie immer wieder berichtet wurde. Mein Haus, meine Wohnung wird mit einer Nebelschicht überzogen, bleibt also in Street View und fliegt nicht einfach raus.

    Start in 20 Städten – Was machen diejenigen, die später dran sind?

    Da schadet es überhaupt nicht, jetzt schon einmal zu widersprechen. Allerdings muss ich diesen Widerspruch später auch im Zweifelsfall beweisen können. Also, ein Einschreibebrief ist da schon angesagt.

    Adressen:

    Google Germany GmbH
    ABC-Straße 19
    20354 Hamburg

    Für das Online-Formular:
    google.de/streetview