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"Ein Dach für die Wissenschaft"

Die Suche nach privaten Förderern gehört an den Hochschulen längst zum Alltag. Einen kreativen Weg bei der Einwerbung von Drittmitteln gibt es seit vergangener Woche an der Julius-Maximilans-Universität im unterfränkischen Würzburg. Dort sucht man nicht nach potenten Geldgebern, sondern nach freien Dachflächen für Solaranlagen. "Ein Dach für die Wissenschaft", so das Motto der Aktion.

Von Frank Müller | 14.01.2008
    Ein ungewöhnlicher Spendenaufruf hat in diesen Tagen knapp 600 unterfränkische Unternehmen und Behörden erreicht. Ungewöhnlich aus zwei Gründen. Erstens sollen sie kein Geld, sondern ihre Dachfläche spenden. Zweitens bekommen sie dafür sogar Miete. Leo Haaf vom Solarunternehmen Tauber Solar aus Tauberbischofsheim hatte die Idee vor zwei Jahren und so funktioniert's:

    " Die Module kaufen wir - da sind wir gerade im Gespräch mit dem Hersteller. Die Installation besorgt ein Partnerunternehmen von uns."

    Wenn der Strom dann läuft, verwaltet Tauber Solar den Betrieb der Anlagen und erhält den Profit aus der Stromgewinnung. Dem Hauseigentümer zahlt das Unternehmen Miete. Ein Teil davon geht als Spende an die Uni. Die Höhe ist abhängig vom Hausbesitzer, soll aber zwischen 30 und 50 Prozent der Miete betragen. Profitieren werden davon Thorsten Müller, der Leiter der Forschungsstelle für Umweltenergierecht, und seine Mitarbeiter. Die Juristen arbeiten in einem ganz neuen Bereich und beschäftigen sich unter anderem mit den rechtlichen Seiten des Klimawandels und erneuerbarer Energien:


    " Das ist vor allem eine langfristige Finanzierung und das ist für Wissenschaft natürlich besonders günstig, wenn man nicht von Jahr zu Jahr denken muss. Wir reden hier über einen Zeitraum von 25 Jahren. Gewinner sind aber auch die Umwelt und Gewinner sind auch die Unternehmen, die bei der Aktion mitmachen, weil sie schließlich Miete erhalten."

    Rund 40.000 Quadratmeter Dachfläche will Leo Haaf von Tauber Solar für die Wissenschaft mit Solarzellen bestücken

    " Wir hoffen, dass ein erklecklicher Betrag übrig bleibt. Wenn man mal von vier Megawatt ausgeht, dann ist man schon bei einem guten fünfstelligen Betrag - und das jährlich."

    Für die Aktion hat die Uni mehrere prominente Absolventen als Werbefiguren und Schirmherren gewonnen: darunter - parteiübergreifend - die CSU-Europaabgeordnete Anja Weißgerber und die beiden Bundestagsabgeordneten Hans-Josef Fell von den Grünen und Walter Kolbow von der SPD:

    " Klima- und Umweltschutz ist eine überparteiliche Angelegenheit - man hat zwar programmatisch den ein oder anderen Unterschied, aber in der Nachhaltigkeit für die Umwelt zu sorgen und den Klimaschutz zu bewältigen, vereint die politischen Kräfte in Deutschland. "

    Das Thema Solarenergie boomt auch an anderen deutschen Hochschulen - wenn auch mit unterschiedlichem Ansatz. In Leipzig existiert seit gut einem Jahr der Verein Uni Solar. Gemeinsam mit dem Studentenwerk haben Ferdinand Dürr und viele seiner Kommilitonen rund 200.000 Euro in eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Neubaus für die Geisteswissenschaften investiert. Für ihr Darlehen erhalten die Studierenden jährlich vier Prozent Zinsen - schon jetzt ein echtes Erfolgsprojekt:

    " Nachdem die Resonanz beim letzen Mal so groß war, dass wir gar nicht alle Darlehen verwenden konnten, haben wir Pläne das Ganze weiter zu führen und möchten weitere Anlagen bauen. Wir sind momentan auf der Suche nach einem neuen Betreiber, um diese Anlagen verwirklichen zu können. Die Universität bietet auch noch Dächer an. Und es scheint noch Bedarf zu geben, denn die Leute fragen uns, wann es wieder eine Möglichkeit gibt, sich zu beteiligen. "

    Neben dem Erfolg bei den Studierenden wird das Projekt auch von Umweltverbänden gefeiert. Uni Solar erhielt verschiedene Auszeichnungen, darunter etwa den Leipziger Agendapreis. Die Initiative ist mittlerweile ein bundesweites Vorzeigeprojekt:

    " Auf jeden Fall. Es gibt einige Initiativen, die hier schon vorbei gekommen sind und sich das Projekt angeschaut haben. Das Projekt wird auch in anderen Städten nachgeahmt, etwa in Berlin und Karlsruhe. Weitere Initiativen haben schon angefragt. Wir hatten daher ein erstes Vernetzungstreffen im Dezember und werden ein weiteres Treffen im Januar haben. Dort werden wir versuchen ein bundesweites Netzwerk von Solarinitiativen an Hochschulen aufzubauen. "

    Auch in Würzburg ist die Aktion "Ein Dach für die Wissenschaft" gut angelaufen - etliche Interessenten haben sich bereits bei Thomas Müller von der Forschungsstelle für Umweltenergierecht gemeldet. Daneben prüft auch die Uni welche Dächer sich für Solaranlagen eignen:

    " Einzelne Dächer, wie etwa bei der Neubaukirche scheiden aus Denkmalschutzgründen aus, bei anderen läuft die Prüfung. Weitere Dächer können wegen anstehender Baumaßen nicht für den geplanten Zeitraum von 20 bis 25 Jahren nicht zur Verfügung gestellt werden. "

    Sollten mehr Dächer als geplant für das Projekt gewonnen werden, hat die Uni Würzburg bereits angekündigt, auch andere Fakultäten mit Geldern aus der Aktion zu unterstützen.