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Ein einmaliges Stück Hörfunkkultur

Abseits der großen Medienmetropolen, im kleinen Städtchen Bad Laasphe im Siegerland, findet sich ein mediengeschichtliches Schatz: Dort hat das Internationale Radiomuseum von Hans Necker seinen Sitz. Es bietet eine einzigartige Sammlung von historischen Radiogeräten, die man an einem solch beschaulichen Kurort nicht vermuten würde - und die meisten funktionieren sogar noch.

Von Brigitte Baetz und Sabine Lipka |
    Wer 20 Cent in die Musikbox Bimbo Baby von 1958 mit ihren musizierenden Plüschaffen einwirft, der hilft mit, ein einzigartiges Museum mitzufinanzieren: das Radiomuseum in Bad Laasphe. Schon als Kind saß der sehbehinderte Hans Necker lieber vor dem Radio statt mit den anderen draußen Fußball zu spielen. Und als eine Tante zu seiner Schuleinführung 1952 einen Wochenlohn in Höhe von 30 Mark opferte, um ihm sein erstes eigenes Gerät, einen Philipps Lizenzbau aus Belgien, zu schenken, nahm eine Sammlerleidenschaft ihren Anfang, die bis heute noch kein Ende gefunden hat.

    "Meine Verwandten wussten, dass sie mir eine Riesenfreude machten, wenn man mir ein altes Radio schenkte. Dann kam UKW auf in den 50er Jahren, das wurde propagiert als Welle der Freude, weil wir als Kriegsverlierer damals die guten Mittelwellen haben abgeben müssen beim Kopenhagener Wellenplan.

    Dann hatten wir nur die Möglichkeit, etwas ganz anderes zu machen. Und da sind wir auf UKW gegangen, und da sind reihenweise die Radios weggeschmissen in den Wirtschaftswunderjahren in den 50er Jahren.

    Und ich hab immer gefragt, was machst Du mit den alten? Ja, kannste haben zum Basteln, bin froh, wenn er weg ist. Meine Eltern haben immer gesagt: Die sind froh, dass die Gurken weg sind und Du schleppst sie nach Hause.

    Die Geräte standen unterm Bett, auf den Kleiderschränken, überall standen Radios wie ich ein Kind war, und ich hab immer gesagt: Wenn ich mal größer bin, mach ich die wieder heil, und was willst Du mit mehr als einem Radio im Zimmer? Ich sag: Das weiß ich selber noch nicht, aber ich lass die stehen, erstmal. Und genauso geht's mir heute. Ich sammele weiter Radios."

    Rund 3.500 Geräte hat Hans Necker inzwischen zusammengetragen und auch selbst repariert, meist Röhrengeräte. Und natürlich ist die Sammlung längst über die heimische Wohnung hinausgewachsen. Ungefähr 1.000 Stück hat er in Bad Laasphe ausgestellt - und nicht nur Radios.

    Vom Original Edison-Phonographen von 1897, einem Vorläufer des Grammophon, bis zu DDR-Kofferradios, von historischen Schaltplänen bis zum Nierentisch mit eingebautem Radio und Schallplattenspieler ist alles vorhanden, was nur irgendwie mit Hörfunkkultur zu tun hat. Dazu gehören auch alte Trichtermikrophone oder so genannte Rahmenantennen, Richtantennen für den Mittelwellenempfang, die man in Bilderrahmen einbaute.

    "Hier ist ein Relikt der 50er Jahre, etwas Typisches, der Nierentisch. Natürlich: Im Radiomuseum ist ein Radio drin. Man macht eben den Deckel weg, dann ist ein Plattenspieler drin."

    Dass diese einmalige Sammlung, die auch schon ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen wurde, gerade in Bad Laasphe gelandet ist, hängt mit dem Entgegenkommen der kleinen Gemeinde zusammen, die Hans Necker ihre Räume zur Verfügung gestellt hat.

    "Das ist so ein Wanderzirkus, möchte ich sagen. Ich bin in Düsseldorf geboren, und die Düsseldorfer hatten kein Interesse an einem Radiomuseum. Das war meiner Ansicht nach eine Kulturschande, aber nicht zu ändern. War denen einfach nicht spektakulär genug. Und dann bin ich erstmal nach Essen gegangen. In Essen, das war auch nicht so toll und in Langenfeld, das war es auch nicht.

    Und hier, hab ich gedacht, im Kurort, da hast Du dauernd wechselndes Publikum. Ja, vertan. Dann kam die Kostendämpfung, und dann war es vorbei mit dem wechselnden Publikum. Aber jetzt zieh ich nicht mehr um. Das sind 3.500 Geräte. Wenn Sie die verpacken, da können sie nicht mehr an der Bushaltestelle stehen, das ist eine Transaktion."

    Dicht an dicht drängen sich in den Vitrinen die zum großen Teil wunderschönen alten Geräte, die auch derjenige zu bewundern vermag, der kein Radioliebhaber ist. An den liebevoll gestalteten Wänden hängen Fotos und Urkunden zur Geschichte des Hörfunks. Fast alle Apparate sind zudem noch funktionsfähig.

    "Hier, was hier dudelt, ist zum Beispiel ein Kassettengerät, ein so genanntes Tefifon, aus den 50er Jahren. Es gab damals schon Kassetten, ist den wenigsten wahrscheinlich bekannt. Da ist auch so ein Abspielgerät. Die hatten Spielzeiten bis zu fast vier Stunden, in Amerika sogar bis zu acht Stunden. Tefifon ist das, und das ist, um es mit einem modernen Modewort zu sagen, praktisch unkaputtbar.

    Hier sehen Sie noch ein paar Exoten. Die verspielte Form Radio war ja ein Luxusgegenstand. Und den musste man natürlich dann auch entsprechend verkaufen, nicht wahr: schön verpackt in wunderschöne Gehäuse. Erstmal Bauhausstil, dann Jugendstil und hier haben wir, gerade in Frankreich war das sehr, wie ein Akkordeon. Das war also sehr verspielt alles. Hier wie ein Tischventilator. Italiener hier, Radio Marelli. Wir haben alles."

    Auch wenn die Kostendämpfung im Gesundheitswesen den Kurgästen in Bad Laasphe nicht mehr so viel Zeit lässt, das Museum zu bewundern, finden doch Hörfunkenthusiasten aus aller Welt ihren Weg ins beschauliche Siegerland. Wer jedoch glaubt, seine eigene Sammlung hier vervollständigen zu können, irrt:

    "Dann mach ich immer einen Scherz. Wenn die sagen: Kann man das kaufen? Dann sag ich: Dann geht Ihr mal ins Neandertalmuseum und sagt, ihr hättet gern ein Pfund Knochen. Also, hier gibt's nix zu kaufen, das sind Museumsstücke."