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Ein Jahr nach Xis Davos-Rede
Viel heiße Luft

Vor einem Jahr hielt Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping die Eröffnungsrede beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Darin versprach er freien Handel. Doch tatsächlich ist das bevölkerungsreichste Land der Welt heute wirtschaftlich und politisch noch unfreier als zuvor.

Von Steffen Wurzel | 24.01.2018
    Chinas Präsident Xi Jinping hielt 2017 die Eröffnungsrede beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos.
    Chinas Präsident Xi Jinping hielt 2017 die Eröffnungsrede beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos. Damals versprach er freien Handel. (imago / Xinhua)
    Beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos vor einem Jahr ließ sich Xi Jinping als Stargast feiern. In einer Grundsatzrede lobte der chinesische Staats- und Parteichef die Globalisierung und betonte die wichtige Rolle, die sein Land dabei spiele:
    China werde seine Türen für ausländische Investoren nicht verschließen, sondern weit geöffnet halten, erklärte Xi.
    "Viele Beobachter, vor allem in Europa, waren geschockt," erinnert sich Wirtschaftsprofessor Ding Yuan von der China Europe International Business School in Shanghai.
    "Viele fragten sich ganz verwundert, wie ein kommunistischer Staatschef nach Davos kommen und für eine freie Wirtschaft werben kann!"
    Ernüchterung bei vielen Wirtschaftsvertretern
    Doch ein Jahr danach herrscht bei vielen internationalen Wirtschaftsvertretern in China Ernüchterung.
    "After one year they are still they are still underperforming."
    China "underperforme", erfülle also nicht die selbst gesteckten Erwartungen, sagt Carlo D’Andrea von der Europäischen Handelskammer, dem wichtigsten Lobbyverband europäischer Firmen in China.
    "Es wurden einige interessante Dokumente herausgegeben, in denen steht, welche Reformen als nächstes anstehen. Aber echte Reformen gesehen haben wir nach einem Jahr noch nicht."
    Fehlanzeige bei Erleichterungen für ausländische Investoren
    Die Dokumente von denen D‘Andrea spricht wurden nach der Davoser Rede Xi Jinpings vom chinesischen Staatsrat verabschiedet, also dem Kabinett in Peking. Darin werden Erleichterungen für ausländische Investoren versprochen. Umgesetzt sei bis jetzt aber noch nichts.
    "Wir leiden unter einer gewissen Versprechens-Müdigkeit. Die chinesische Führung sagt immer wieder: Ja, wir reformieren. Aber wenn es um Konkretes geht, tut sie es nicht."
    Zahlreiche Branchen für Ausländer immer noch tabu
    So sind zahlreiche Industriebranchen in China für Ausländer immer noch tabu. Die meisten Bereiche der Hightech-und Telekommunikationsindustrie zum Beispiel. Ebenso der Banken- und Versicherungssektor. Europas Wirtschaft steht für Investoren aus China hingegen weitgehend offen. Dass ausländische Firmen in China immer noch anders behandelt werden als einheimische, zeige sich auch an ihrer rechtlichen Sonderstellung, beklagt die Europäische Handelskammer:
    "Chinas Führung betont immer wieder, dass zwischen europäischen und einheimischen Firmen kein Unterschied gemacht werde. Tatsächlich aber ist es so, dass für chinesische Firmen chinesische Unternehmensgesetze gelten. Für ausländische Investoren gelten andere Gesetze."
    Manager sorgen sich über zunehmende Abschottung Chinas
    Was vielen ausländischen Managern in China Sorge bereitet ist die Tatsache, dass sich das Land eher noch weiter abschottet, anstatt sich zu öffnen. Sichtbar wird das unter anderem in der digitalen Welt. Die chinesische Führung blockt inzwischen diverse ausländische Webseiten und Apps: Google, Facebook, Dropbox, Instagram und Twitter zum Beispiel: Alles gesperrt. Seit einigen Monaten funktioniert auch Whatsapp nicht mehr. Darüber hinaus bremst China auch alle anderen ausländischen Webseiten und Apps künstlich ab. Das sorgt natürlich dafür, dass Geschäfte machen in der digitalen Welt in China fast nur für einheimische Anbieter möglich ist.
    Angst davor, dass Kritik dem Geschäft schadet
    Offene Kritik an Chinas restriktiver Wirtschaftspolitik und den schleppenden Reformen kommt von ausländischen Wirtschaftsvertretern nur selten, aus Angst, das könne den Geschäften schaden. Das gilt vor allem für deutsche Firmen. Sie sind häufig so abhängig vom China-Geschäft, dass sie sich schlechte Stimmung nicht leisten können. Viele halten also lieber die Klappe, anstatt das auszusprechen, was hinter vorgehaltener Hand alle sagen: Dass es nämlich immer schwieriger wird, in China Geschäfte zu machen.