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Ein Musiker mit besonderem Blick

Bryan Adams ist vor allem für seine zahlreichen Hits berühmt. Weniger bekannt ist, dass der Kanadier auch ein hervorragender Fotograf ist. Mit seinen Bildern hat er sich längst einen Namen als ernst zu nehmender Künstler gemacht. 150 seiner Fotografien sind bis zum 22. Mai im NRW-Forum Düsseldorf zu sehen.

Von Susanne Luerweg | 01.02.2013
    "Sean Penn schießt mit dem Zeigefinger raus aus dem Bild auf den Betrachter. Ist eigentlich ein sehr aggressives Bild unterm Strich. Es gibt ein Bild von Dustin Hoffmann, der bis zu den Knien im Wasser sitzt und angelt. Es gibt wunderbare Bilder von Ben Kingsley, die sehr würdevoll sind."

    Die Fotos von Bryan Adams wirken wie intime Aufnahmen eines Freundes. Wenn der einzige deutsche Prominente Marius Müller Westernhagen in einem New Yorker U-Bahn-Schacht lässig in die Kamera blickt, vermittelt er einen genauso vertrauten Eindruck mit dem Mann hinter der Linse wie Hollywoodschauspieler Mickey Rourke:

    "Hier stehen wir vor einem Foto, wo Mickey Rourke mit seiner Entourage Mittag isst, das ist absolut nicht inszeniert und es ist auch nicht aufgeräumt für den Fotografen, sondern es sieht so aus, wie es gegen Ende eines Mittagessens aussehen kann und das tut man nicht, wenn man protzen und posen will."

    Bryan Adams ist als Musiker längst ein Superstar und auch auf dem Feld der Fotografie scheint er auf dem besten Weg bald zu den ganz Großen zu gehören. Seine Fotoserie mit Amy Winehouse zählt schon jetzt zu den bekanntesten und schönsten Bildern, die je von der Musikerin gemacht worden sind.

    "Sie wirkt sehr menschlich, sehr verletzlich. Alles, was man sonst über sie weiß - Alkoholismus, Drogenmissbrauch -, ist alles wie weggeblasen. Sie ist eher ein bisschen einsam, bisschen traurig und vielleicht ist ja das, was sich hinter der Pop-Celebritymaske verbirgt."

    Bryan Adams selbst erinnert sich in einem früheren Interview noch gut an die Künstlerin, die als schwierig galt:

    "Das erste Mal habe ich 2007 mit ihr gearbeitet. "Back to black" kam gerade auf den Markt. Ich erinnere mich, dass viele meinten, sie würde nicht kommen. Aber sie war absolut pünktlich. Später rief sie mich an und sagte: Kannst du mir ein paar mehr Fotos machen? Ich will sie meinem Mann schicken, der sitzt im Gefängnis."

    Amy Winehouse in all ihrer Verletzlichkeit, Victoria Beckham dürftig bekleidet auf einem Fahrrad, Kate Moss in Netzstrumpfhosen. Der Fotograf Bryan Adams ist kein Vorkämpfer, keiner der mit seinen Bildideen die Fotowelt aus den Angeln hebt, aber jedes Bild hat eine Intensität und Dichte, die man in dieser Form nur selten sieht.

    "Ich finde, dass es ihm im Gegensatz zu vielen anderen Fotografen gelingt, fast aus jedem Bild eine Ikone zu machen."

    Jedes Foto erzählt eine Geschichte, die der Betrachter selbst imaginieren kann. Die Nähe zwischen Fotograf und Model ist greifbar. Vielleicht ist es die eigene Erfahrung als Superstar, die Bryan Adams die Fähigkeit verleiht, die Promis so locker zu machen. Selbst die Queen lächelt.

    "Das ist das Jubiläumsfoto zum Krönungsjubiläum der Queen - das existiert auch als Briefmarke in Kanada, und das ist so toll, weil die Queen sitzt da und neben ihr stehen ihre ollen Stiefel, mit denen sie übers Land stiefelt."

    150 Bilder sind im NRW-Forum zu sehen. Die meisten davon zeigen Prominente. Allesamt sind beeindruckend und teilweise bewegend. Doch es sind nicht die Bilder der Musiker, Schauspieler und Models, die im Gedächtnis bleiben. Es sind die mehr als 30 Bilder, die in einem Extraraum hängen und einen Kontrast zum Restprogramm bilden, der stärker nicht sein könnte:

    "Bryan Adams hat Soldaten, die aus Afghanistan kamen, fotografiert, die schwerste Verletzungen haben, also beide Beine ab, die Arme ab, das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit verbrannt oder verstümmelt und hat diese Soldaten in Schwarz-Weiß fotografiert."

    Die Bilder der Soldaten verschlagen dem Betrachter den Atem. Entstellte Gesichter hängen neben versehrten Körpern. Die Werke offenbaren die ganze Brutalität des Krieges und sind dennoch von fotografisch beeindruckender Schönheit:

    "Hier ist ein Soldat, der offensichtlich ein Bein abhat, der in einem Smoking da steht, so wie jemand im Smoking halt da steht. Und erst wenn man auf die Füße runterguckt, sieht man, dass auf der einen Seite eine Hose aus der Prothese schaut."

    Spätestens bei den Soldatenbildern wird klar - Bryan Adams ist mehr als ein Promi, der andere Prominente fotografiert. Er ist ein ernst zu nehmender Künstler, der unter anderem mit dem Lead Award ausgezeichnet wurde und seit mehreren Jahren Herausgeber des Fotomagazins "Zoo" in Berlin ist.

    Die Frage ist eigentlich nur noch: wann der Fotograf Bryan Adams dem Musiker Adams den Rang abläuft.