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Ein neuer Versuch mit den ''jungen Stücken'' in Köln

Im Foyer des Schauspielhauses liegen Unterschriftenlisten aus – gegen die drohende Schließung mehrerer Spielstätten in Köln. Diese Listen, adressiert an den Kölner Oberbürgermeister, hätten der Grundstock sein können für eine solide, gut organisierte "Theater-muss-sein-Solidaritätsveranstaltung" in diesen sparwütigen Zeiten. Damit der Abend nicht gar so trocken und traurig abläuft, hätte das Schauspiel Köln, das, wie wir uns jedenfalls vorstellen, um seine Existenz kämpft, zum Beispiel die Autorin und Regisseurin Ingrid Lausund um ein paar Sketche rund ums Theaterleben im Foyer und auf den Treppen bitten können. Eine kleine Persiflage, ein barmendes Gretchen im Kerker, umwuselt vom hilflosen Faust, zum Piepen dilettantisch, versteht sich, außerdem ein bisschen Gruppendynamik zwischen diesen nicht totzukriegenden Bühnentypen und Rampenschweine: Dem ewigen Querulanten, der Hysterische, die schon vom Zugucken Pickel kriegt, dem Spießer mit dem Urlaubs-Diaabend-Fimmel, dem notorische Besserwisser, der noch jedes Spiel versaut, dem Pantomimen im bewährt karierten Clowns-Anzug - das Theatergewerbe lebt schließlich von unser aller Vorstellungskraft – und der Klamotten-Exhibitionistin, die es keine fünf Minuten im selben Zwirn aushält und vor allem eines beweist: die Schneiderei dieses Betriebes funktioniert wie am Schnürchen.

Von Hildegard Wenner |
    Ja, die verschiedenen Abteilungen des Theaters hätten dem Publikum mal demonstrieren können, was die Bühnenwerkstätten alles bauen können müssen: Gummi-Agaven, die ihre Blätter ferngesteuert verlieren für die Älteren, die sich noch lebhaft an den "Little Shop of Horrors" erinnern, für junge Zuschauer ein Cyber-Girl, dessen "Verbindung zwischen Sinn und Leben" nicht funktioniert, weil bei ihm das "Drehmoment" nicht rechtzeitig eingerastet ist. Weshalb dieses freundliche Kind alsbald mit Getöse in den Himmel hinaufgezogen wird.

    Meinetwegen unter dem Motto "Das Leben – ein Hobby" hätte ein solcher Benefizabend dem Abonnenten schlagartig die Augen geöffnet: So sieht das aus, wenn wir unsere Freizeit nicht mehr im Theater der Millionenstadt Köln verbringen, sondern vor der Liebhaber-Bühne im Erholungsheim von G’schaftlhubershausen auf die nächste Pointe warten.

    Auf menschlich-allzumenschliches und den immerwährenden Aprilscherz, von einer Hobby-Autorin mit äußerst ambitionierten Schauspielern im Wochenend-Workshop erarbeitet. Vorher haben alle gemeinsam ein paar Marthaler-Videos angeguckt, hauptsächlich wegen – der Pausen- und Lichtdramaturgie, schließlich ist auch in G’schaftlhubershausen die Zeit nicht stehen geblieben. Im Kölner Schauspielhaus-Foyer wäre das alles so schrecklich-lustig gewesen, dass der Oberbürgermeister noch in derselben Nacht sämtliche Sparpläne aus dem Fenster geworfen hätte. Die Sache hat nur einen Haken: Das Kölner Publikum liebt seinen Oberbürgermeister und mochte ihm diesen Schock nicht zumuten. Der Kölner Intendant wiederum liebt selbstverständlich sein Publikum und weiß inzwischen: Wenn der Kölner Abonnent einmal beschlossen hat, sich zu amüsieren, kann ihn nichts mehr daran hindern. So kam es, dass dieser Ringelpiez mit Anfassen namens "Das Leben – ein Hobby", der doch wohl nur als Abschreckungstherapie gemeint sein konnte, am Ende auf den Brettern der großen Schauspielbühne seine Uraufführung erleben durfte. Einem, der dem subventionierten Theater an den Kragen will, kann man einen größeren Gefallen wirklich nicht tun.

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